„Mangelnde Rechenschaft trotz Chaos im Konzern“: Rede von Luca Schiewe, Facing Finance

Sehr geehrter Herr Vahrenholt, sehr geehrter Herr Harings, sehr geehrte Aktionäre, 

Vielen Dank an alle Kleinaktionäre, die dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre ihre Stimmrechte übertragen haben. Vielen Dank an den Dachverband, dass ich für Facing Finance hier sprechen kann.

In den Gegenanträgen des Dachverbands stellen wir uns gegen die Vertagung der Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats. Der Vorstand und der Aufsichtsrat sollten dringend Rechenschaft ablegen vor den Aktionären angesichts des Chaos im Konzern, Millionenschäden durch Diebstähle, Arbeitsunfälle mit Toten und Schwerverletzten, Kündigung von 3 der 4 Vorstandsmitglieder, immensen Lieferkettenrisiken, Beschwerde gegen Aurubis im Rahmen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes wegen Importen aus einer illegalen Mine in Panama etc.

Wir stellen uns gegen das Vorhaben, heute über die Verwendung des Bilanzgewinns abstimmen zu wollen, aber die Aktionäre nicht über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats abstimmen zu lassen. Der Vorschlag, die Abstimmung über die Entlastung auf die nächste ordentliche Hauptversammlung zu vertagen, würde bedeuten, dass die Aktionäre ihr wichtigstes Recht in diesem Jahr nicht ausüben können. Dann würde wohl erst 2025 abgestimmt werden über Vorstandsmitglieder die dann bereits seit mehreren Monaten ausgeschieden sind.

Herr Harings hat in seiner Rede gesagt, dass der Vorstand durch sein Ausscheiden in 2024 die Verantwortung für die Vorkommnisse letzten Jahres übernehme. Aus unserer Sicht müssten aber die Aktionäre über die Verantwortung des Vorstands entscheiden und das geht durch eine Abstimmung über die Entlastung oder Nichtentlastung des Vorstands.  

Einer der erwähnten Gründe weshalb die Aktionäre über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats abstimmen sollten, ist der Umgang von Aurubis mit Lieferkettenrisiken im abgelaufenen Geschäftsjahr. Uns geht es dabei nicht darum, das Unternehmen schlecht zu machen und die Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen bei Lieferanten ist auch keine Ideologie wie von Herrn Marnett angedeutet, sondern ist Bestandteil von rationalem Lieferkettenmanagement. Wir sehen, dass Aurubis in einigen Punkten z.B. Recycling auf einem guten Weg ist. Und wir hoffen, dass sich Aurubis jetzt auch daran macht, die Nachhaltigkeit und Transparenz der Lieferkette zu verbessern. Im Interesse seiner Kunden, seiner Mitarbeiter, der Lokalbevölkerung in den Kupferproduzierenden Ländern, der Umwelt und der Aktionäre.

Lieferkettenrisiken sind nicht nur soziale, menschenrechtliche und ökologische Risiken, sondern auch finanzielle Risiken für die Firma und seine Aktionäre. Zu diesen finanziellen Lieferkettenrisiken zählen das Reputationsrisiko, juristisches Risiko oder regulatorisches Risiko gegen das Lieferkettengesetz zu verstoßen. Ein Beispiel hierfür ist Aurubis Lieferbeziehung mit der Kupfermine Cobre Panama, die in Panama illegal ohne Vertrag in einem Naturschutzgebiet operiert. Uns würde interessieren, wie Aurubis seine Aktionäre über etwaige Lieferkettenrisiken informiert. Als im November 2023 der Konflikt rund um die Mine Cobre Panama, aus der Aurubis Kupfererz bezieht, eskaliert ist und 4 Todesfälle verursacht hat, hat Aurubis da seine Aktionäre informiert? Falls ja, wie? Als im Dezember 2023 der oberste Gerichtshof Panamas die Mine Cobre Panama für verfassungswidrig erklärt hat, hat Aurubis da seine Aktionäre informiert? Falls ja, wie? Als im Januar 2024 im Rahmen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes Beschwerde bei Aurubis eingereicht wurde wegen der Lieferbeziehung zu Cobre Panama, hat Aurubis da seine Aktionäre informiert? Falls ja, wie?

Ein paar weitere Fragen an Vorstand und Aufsichtsrat:

In einer Antwort an das Business and Human Rights Resource Center hat Aurubis angekündigt, 2024 dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle BAFA die Risiken seiner Lieferantenbeziehungen offenzulegen. Wird Aurubis diese Analyse seiner Lieferkettenrisiken lediglich der BAFA zukommen lassen oder wird Aurubis sie veröffentlichen oder wenigstens mit interessierten Aktionären teilen?

Bis Sommer 2023 war die Rossmann Beteiligungs Gmbh noch die zweitgrößte Aktionärin nach der Salzgitter AG mit über fünf Prozent der Anteile. Dann hat Rossmann alle seine Aktien abgestoßen. Weiß Aurubis warum der zweitgrößte Aktionär im Sommer 2023 alle seine Aktien abgestoßen hat? Wenn ja, was waren die Gründe?

Codelco, ein langjähriger Lieferant von Aurubis, exploriert derzeit in Ecuador gemeinsam mit der Firma Enami die Möglichkeit, Kupfer abzubauen in einem extrem biodiversen Gebiet gegen starken Widerstand der Lokalbevölkerung. Hat Aurubis mit Codelco oder Enami bereits Lieferverträge für die mögliche neue Mine in Ecuador abgeschlossen oder hat Aurubis bereits Verhandlungen oder Gespräche in diese Richtung geführt?

Im Winter 2023 hat Herr Harings den Bundeskanzler Scholz auf einer Südamerikareise begleitet. Sind im Zusammenhang mit dieser Reise Verträge oder Vorverhandlungen mit Minenbetreibern zustande gekommen? Wenn ja, in welchem Land und mit welchen Firmen?

Seit dem 7. Dezember 2022 regiert in Peru die de-facto Regierung von Dina Boluarte. Gab es während der Amtszeit von Dina Boluarte Verlängerungen oder Neuabschlüsse von Bergbaukonzessionen, die Aurubis zugutekommen, also Minen betreffen, aus denen Aurubis bereits Kupfererz bezogen hat oder plant in Zukunft zu beziehen? Wenn ja, um welche Verlängerungen oder Neuabschlüsse von Bergbaukonzessionen handelt es sich?

Gold Fields Peru hat Aurubis jahrelang in seinen Geschäftsberichten als seinen Hauptabnehmer benannt und das 2021 plötzlich gestoppt. In Peru wird vermutet, dass Aurubis Druck gemacht hat auf Gold Fields Peru, um nicht mehr als Abnehmer genannt zu werden. Kann Aurubis diese Vermutung bestätigen oder abweisen?

Aurubis hat behauptet, dass alle Stakeholder die Nichtbenennung seiner Lieferanten akzeptieren würden. Allerdings haben wir heute auf der Hauptversammlung bereits von mehreren Aktionären, der DWS und des Dachverbands der kritischen Aktionäre, die Forderung nach Transparenz in der Lieferkette gehört. Auch auf der letztjährigen Hauptversammlung wurde diese Forderung vom Aktionäre Ethius Invest erhoben. Wie kommt Aurubis angesichts dessen zum Urteil, dass alle Stakeholder die Nichtbenennung der Lieferanten akzeptieren würden?

Rund um die peruanischen Minen Antapaccay, Las Bambas und Constancia gab es etliche Vorfälle wie Zwangsumsiedlungen, Verseuchung durch Schwermetalle und Folter von Protestierenden auf Firmengelände. Aus welchen dieser Minen hat Aurubis in der Vergangenheit Kupfererz importiert? Welche Lieferbeziehungen halten bis heute an?

Letztes Jahr gab es eine reine Präsenz Hauptversammlung, dieses Jahr eine rein virtuelle. Für Aktionäre wäre es auf jeden Fall am besten eine hybride Veranstaltung zu machen. Warum hat sich Aurubis gegen eine hybride Veranstaltung entschieden?

Herr Harings hat in seiner Rede gesagt, dass Kupfer das Metall der Energiewende ist. Gleichzeitig ist der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Herr Vahrenholt dafür bekannt gegen die Energiewende und für fossile Energien zu lobbyieren. Wie passen diese Aktivitäten zusammen mit der Position als Aufsichtsratsvorsitzenden eines für die Energiewende essenziell wichtigen Konzerns?

Aurubis schreibt in seinem Nachhaltigkeitsbericht, dass Aurubis durch seine verhältnismäßig geringen Abnahmemengen kaum Einfluss auf die ESG-Leistung seiner Lieferanten hat. Wie passt diese Aussage zusammen mit dem von Herrn Harings in seiner Rede dargestellten „Stay and Improve“-Ansatz? Und abgesehen von dem erwähnten Beispiel Codelco bei welchen anderen Lieferanten hat Aurubis seinen „Stay and Improve“-Ansatz angewendet? Welche Ergebnisse hat dieser Ansatz bei welchen Lieferanten bislang erzielt?

Herr Kramer hat gesagt, dass der anstehende Personalwechsel im Aurubis-Vorstand einen nachhaltigen Kulturwandel ermöglichen soll. Dieser nachhaltige Kulturwandel sollte dringend auch Transparenz in der Lieferkette umfassen. Und er sollte heute damit beginnen, dass die Aktionäre über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats abstimmen dürfen und nicht erst auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung.

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