Sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats,
sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
Ich heiße Gomotsegang Brown Matloko und komme aus der Gemeinde Wonderkop in Marikana. Ich wende mich direkt aus Südafrika an Sie, um die Wirksamkeit – oder besser gesagt, die mangelnde Wirksamkeit – der BASF Maßnahmen zur Einhaltung von Menschenrechten und umweltbezogener Sorgfaltspflicht entlang der Lieferkette zu thematisieren.
Die BASF betont zu Recht ihr Engagement für Nachhaltigkeit und verantwortungsvolle Beschaffung. Diese Verpflichtungen auf dem Papier sind lobenswert. Der wahre Maßstab für Engagement und Verantwortung sind jedoch nicht Grundsatzpapiere, sondern greifbare Lösungen für aufgezeigte Probleme vor Ort. Bei der Platinumbeschaffung von Sibanye-Stillwater in Südafrika, sehen wir eine erhebliche und anhaltende Kluft zwischen erklärten Absichten und der Realität.
Dies sollte die Aktionär*innen nicht mehr überraschen: Vor 10 Jahren prangerte Bischof Jo Seoka erstmals auf der Hauptversammlung die mangelnde Verantwortung von BASF in Bezug auf die Platinumlieferkette aus Südafrika an.
Seit Jahren setzen wir uns als Aktivisten, unterstützt von lokalen NGOs, mit Sibanye-Stillwater über die katastrophale Situation der Gemeinden auseinander, die von den Minenaktivitäten betroffen sind. Die von Sibanye-Stillwater geförderten Rohstoffe sind für BASF nach wie vor unverzichtbar. Dies darf jedoch nicht auf Kosten grundlegender Menschenrechte und Verstößen gegen Umwelt- und Sicherheitsstandards geschehen.
Die BASF hat uns versichert, dass sie mit Sibanye-Stillwater zusammenarbeiten, Druck ausüben, um die unzureichenden Lebensbedingungen für Bergleute und Gemeinden zu verbessern, und die vollständige Umsetzung des rechtsverbindlichen Sozial- und Arbeitsplans (SLP) zu fordern. Darüber hinaus haben wir BASF bereits letztes Jahr konkret auf Probleme hingewiesen: (Ab-)Wasserläufe, beeinträchtigte Luftqualität, Sicherheitsrisiken des Rückstaudams und andere Sicherheitslücken – die beispielsweise zum Tod eines Kindes führten –, sowie Unzulänglichkeiten im Beschwerdemechanismus und die unzureichende Reaktion von Sibanye Stillwater auf eingereichte Beschwerden.
In Ihrem BASF-Bericht für 2024 erwähnen Sie auf Seite 311 ein persönliches Treffen in Deutschland im September 2024, bei dem laut Ihrem Bericht „Vertreter unserer Lieferanten und von Nichtregierungsorganisationen aus Südafrika und Deutschland sowie weitere Experten eine konstruktive Diskussion über die Umwelt- und Menschenrechtssituation führten.“ Außerdem schreiben Sie, Sie würden „weitere Maßnahmen ergreifen, um die negativen Auswirkungen der BASF auf die betroffenen Gemeinden zu minimieren und positive Auswirkungen zu unterstützen.“
Als Teilnehmer an diesem Treffen kann ich bestätigen, dass wir uns auf konkrete nächste Schritte geeinigt haben. So sollte beispielsweise ein unabhängiger, von allen Seiten anerkannter Experte die örtliche Abbauhalde von Sibanye Stillwater zusammen mit Vertretern der Zivilgesellschaft, der Gemeinde und des Minenunternehmens besuchen, um sich gemeinsam vor Ort über die vorgebrachten Bedenken auszutauschen, die angesprochenen Probleme anzugehen, Möglichkeiten der Beteiligung und Zusammenarbeit zu erkunden und Vertrauen zu schaffen. Soweit ich weiß, wurde bisher keine der Vereinbarungen eingehalten.
Das Einzige, was wir beobachten ist, dass Sibanye-Stillwater sich stark auf externe Berater verlässt, um ein geschäftiges Bild abzugeben, aber es gibt weder einen ernsthaften Austausch zu den Bedenken noch ein echtes nachhaltiges Engagement mit den Gemeinden, das sinnvolle Veränderungen bewirkt.
Ich hatte 2024 auch ein direktes Schreiben und ein Memorandum of Demands an BASF geschickt, auf das bis heute noch keine Antwort eingegangen ist.
Nun sind wir in 2025 und fragen: Welche wesentlichen Fortschritte kann BASF wirklich vorweisen? Trotz jahrelangem Dialog, Audits und vermeintlichem Druck bleiben die versprochenen Verbesserungen weitgehend aus. Die Gemeinden müssen weiterhin mit den Folgen der nicht eingehaltenen Versprechen, Menschenrechtsverletzungen und Sicherheitsrisiken leben. Der verbindliche Sozial- und Arbeitsplan, der sicherstellen soll, dass die Minenaktivitäten den lokalen Gemeinden und Beschäftigten zugutekommen, wird nach wie vor nur unzureichend umgesetzt.
Seit Jahren habe ich Sibanye-Stillwater eindringlich vor den Umweltrisiken und den konkreten Gefahren gewarnt, die mit dem Betrieb des Minenwerks verbunden sind. Die Abbauhalden und andere veraltete Mineninfrastruktur bedrohen nicht nur die Umwelt, sondern auch das Leben und die Sicherheit der in der Nähe lebenden Menschen. Das sind keine theoretischen Risiken, sondern tickende Zeitbomben, die von Sibanye-Stillwater weder also solche anerkannt noch entschlossen präventiv angegangen werden. Das ist äußerst besorgniserregend.
Erst letzte Woche ist es mir gelungen, den für den Überlaufdamm Nr. 6 zuständigen Manager von Sibanye-Stillwater dazu zu bewegen, sich die austretenden Abwässer anzusehen, die in unsere Flüsse gelangen und Auswirkungen für die Weidetiere haben, die aus dem Fluss trinken und auf die Menschen, die den Fluss für ihre Rituale und zum Fischen nutzen. Er hat meine Bedenken über die Situation und die Auswirkungen für die Gemeinde Wonderkop zurückgewiesen. Seine Bemerkung, ich würde „seine Zeit verschwenden“, hat mich wirklich getroffen und war für mich klare Einschüchterung. Diese Reaktion macht es in Zukunft noch schwerer Bedenken der Gemeinde gegenüber Sibanye-Stillwater direkt zu äußern. Im Grunde habe ich seine Arbeit gemacht, indem ich den Damm überwacht und auf Lecks hingewiesen habe.
Das Fehlen einer bewussten und engagierten Überwachung der Unternehmensauswirkungen gibt Anlass zu ernsten Bedenken hinsichtlich des Beschwerdemechanismusses bei Sibanye Stillwater. Wir hatten gehofft, dass die jüngste Prüfung (das Initiative for Responsible Mining Assurance (IRMA) Audit) endlich Klarheit bringen und einen Wendepunkt einleiten würde. Stattdessen mussten wir feststellen, dass dieses Audit noch mehr Fragen aufgeworfen und tragischerweise zu noch mehr Misstrauen in meiner Gemeinde geführt hat. Dies ist eine alarmierende Entwicklung. Sie deutet darauf hin, dass entweder der Aufsichtsmechanismus der BASF durch Audits die Realität vor Ort nicht erfasst, oder dass Sibanye-Stillwater im Auditprozess nicht transparent handelt, oder vielleicht beides. Auf jeden Fall zeigt es ein Versagen des derzeitigen Ansatzes.
Deshalb frage ich Sie, den Vorstand der BASF:
- Wie gehen Sie mit den mehrfach bekannt gegebenen Umweltrisiken um, die von den Überlauf- und Rückstaudämmen, der sonstigen Mineninfrastruktur und der Schmelze in Wonderkop von Sibanye-Stillwater ausgehen?
- Wie ist der aktuelle Stand bezüglich der mit Sibanye-Stillwater in Berlin vereinbarten Maßnahmen, insbesondere hinsichtlich der Idee, einen unabhängigen, von allen Seiten anerkannten Experten zu beauftragen, der offiziell auf Beschwerden der Gemeinde reagiert?
- Das derzeitige Auditverfahren der Initiative for Responsible Mining Assurance (IRMA) unterliegt vollständig der Kontrolle des Minenbetreibers. Wie können Sie in einem solchen Szenario Unparteilichkeit, Objektivität, Integrität und Unabhängigkeit der Ergebnisse garantieren? Können wir mit einer vollständigen Veröffentlichung der Auditergebnisse rechnen, sobald der Audit abgeschlossen ist?
- Wie ist Ihre derzeitige Geschäftsbeziehung mit Sibanye-Stillwater? Welche weiteren Pläne oder Projekte haben Sie mit Sibanye-Stillwater?
- Wenn Sie in Zukunft deutlich weniger Rohstoffe von Sibanye-Stillwater in Südafrika beziehen würden und ganze Minen geschlossen werden, wird dies dann mit Bewusstsein der Auswirkungen für die umliegenden Gemeinden gemacht und planen Sie sich an gerechten Übergangsprogrammen (“just transition”) zu beteiligen? Wenn ja, wie genau? Und wenn nicht, warum nicht?
- Wie sehen Sie im Kontext einer Reduktion der Geschäftsbeziehungen Ihre historische Verantwortung gegenüber den Gemeinden, die von den Minenaktivitäten von Sibanye-Stillwater bis jetzt betroffen sind?
- Haben Sie und/oder eine Ihrer Tochtergesellschaften im vergangenen Geschäftsjahr oder im laufenden Geschäftsjahr direkt oder indirekt Rohstoffe von den unten aufgeführten Unternehmen bezogen, und wenn ja, welche und wie viele? Bitte geben Sie auch die Namen der Minen an, aus denen diese Rohstoffe stammen: Samancor (Samancor Chrome), AngloAmerican, Rio Tinto?
Das anhaltende Versagen bei einem Schlüssellieferanten wie Sibanye-Stillwater ist nicht nur ein Einzelfall. Es zwingt uns dazu, schwierige Fragen über den gesamten Rahmen der Sorgfaltspflicht der BASF zu stellen. Wenn jahrelanges, gezieltes Engagement mit einem wichtigen Lieferanten zu derart unbefriedigenden Ergebnissen und wachsendem Misstrauen führt, wie können wir dann sicher sein, dass BASF Menschenrechts- und Umweltrisiken in ihrer gesamten Lieferkette effektiv identifiziert, mildert und behebt, wie es das deutsche Lieferkettengesetz verlangt?
Dialog ist notwendig, aber Dialog ohne Konsequenzen, ohne greifbaren Fortschritt, ist hohl. Und wir fragen: An welchem Punkt wird ein fortgesetztes Engagement ohne sinnvolle sichtbare Veränderungen zur Untätigkeit?
Deshalb fordern wir mehr als erneute Zusicherungen. Wir fordern:
- Transparenz: Vollständige Offenlegung der Ergebnisse des jüngsten Audits zu Sibanye-Stillwater, sobald es fertig ist, und der konkreten, zeitlich begrenzten Korrekturmaßnahmen, die die BASF von ihrem Lieferanten verlangt.
- Rechenschaftspflicht: Eine klare Erläuterung der Konsequenzen, die Sibanye-Stillwater drohen, wenn wesentliche, nachprüfbare Verbesserungen in Bezug auf die Lebensbedingungen, die Umsetzung des SLP und die Umweltsicherheit nicht innerhalb eines öffentlich genannten, kurzen Zeitraus erreicht werden.
- Überprüfung: Eine grundsätzliche, unabhängige Überprüfung der Effektivität der Menschenrechts- und Umwelt-Due-Diligence-Prozesse der BASF, wobei der Fall Sibanye-Stillwater als klares Beispiel dafür dient, wo das derzeitige System versagt.
Der Ruf der BASF, Ihre soziale Lizenz zum Handeln und die Stabilität Ihrer Lieferketten hängen davon ab, dass Ihr Handeln mit Ihren Werten übereinstimmt. Die Situation bei Sibanye-Stillwater zeigt, dass eine deutliche Verbesserung dringend notwendig ist. Wir erwarten von der BASF, wir erwarten von Ihnen, dass Sie entschlossen handeln.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.