Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Tilman Massa, ich bin vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit den uns übertragenen Stimmrechten fordern wir von der BASF deutlich mehr Engagement und Investitionen in den Klimaschutz und faire Lieferketten. Seit Jahren fordern wir effektive Maßnahmen bei der Umsetzung Ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten, nicht nur in Bezug auf Ihre Platin-Lieferkette aus Südafrika.
Erneut muss ich feststellen: Es gib weiterhin gravierende Mängel bei der Achtung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten selbst in Ihrem eigenen Geschäftsbereich. Daher können wie auch dieses Jahr Vorstand und Aufsichtsrat nicht entlasten. Wir haben entsprechende Gegenanträge eingereicht, die ich hiermit auf formal stelle. Ich möchte dies kurz begründen, ich habe dazu aber vor allem einige Fragen an Sie:
Mangelende Achtung von Arbeitssicherheit und Gewerkschaftsrechten in Brasilien: Bundesamt leitet Prüfung gegen BASF ein
Letztes Jahr hatte die brasilianische Gewerkschaft Sindicato dos Químicos do ABC beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), die für die Durchsetzung Lieferkettengesetzes zuständige Behörde, eingereicht. Die Gewerkschaft sah die bisherigen Wege, die BASF auf schwerwiegende Verstöße gegen den Gesundheitsschutz und die Sicherheit der Beschäftigten im BASF-Werk Demarchi in São Bernardo do Campo in Brasilien hinzuweisen, als nicht mehr zielführend an. Jüngst bestätigte das BAFA im März 2025, dass es nach eingehender Analyse der Beschwerde eine Untersuchung gegen die BASF einleiten werde.
BASF hatte im Oktober 2022 beschlossen, die Gefahrenzulage, immerhin 30 Prozent des Lohns, für einige der Beschäftigten zu kürzen. Die Folge: ungleiche Entlohnung gleicher Arbeit. Grundlage war ein technischer Bericht, der ohne Beteiligung der Gewerkschaft erstellt worden war. Darüber hinaus kam es 2023 zu einem Anstieg der Zahl der Unfälle in der Anlage, darunter die Implosion eines Tankwagens, der hochentzündliches Butylacrylat enthielt, sowie weitere Vorfälle mit hohen Explosionsrisiken.
Das betroffene Werk in Demarchi gehört ausgerechnet zu dem Geschäft mit Bautenanstrichmitteln, dass die BASF nun im Zuge der Sparmaßnahmen verkauft. Zu einem verantwortlichen Verkauf gehört nun mindestens, dass BASF nachweislich für eine Einhaltung der Arbeitsplatzsicherheit sorgt. BASF muss Gewerkschaften insbesondere im Rahmen der Verkaufsprozesse und Transformationspläne frühzeitig einbinden, statt gegen sie zu agieren. In Brasilien ist der bisher durchaus sozialpartnerschaftliche Umgang mit Gewerkschaften und den eigenen Beschäftigten so nicht zu erkennen.
Dazu folgende Fragen:
- In Ihrem Geschäftsbericht schreiben Sie, im Jahr 2024 keine schwerwiegenden Vorfälle im Zusammenhang mit Menschenrechten in Bezug auf Arbeitskräfte der BASF festgestellt zu haben. Haben Sie die BAFA-Beschwerde der brasilianische Gewerkschaft Sindicato dos Químicos do ABC nicht mitbekommen oder war das für Sie kein schwerwiegender Vorfall? Immerhin prüft das Bundesamt ja nun.
- Wie stellen Sie Einhaltung der Arbeitsplatzsicherheit beim Werk in Demarchi auch während des Verkaufsprozess sicher?
- Wie arbeiten Sie nun mit dem BAFA in dieser Angelegenheit zusammen?
- Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um den sozialpartnerschaftlichen Umgang mit Gewerkschaften in Brasilien wieder herzustellen, damit diese nicht wieder das BAFA einschalten müssen, damit grundlegende Arbeits- und Menschenrechte geachtet werden?
- Letztes Jahr wurden bei Ihnen 225 über den BASF-Compliance-Beschwerdemechanismus eschwerden im Zusammenhang mit Bezug zu sozialen Faktoren und Menschenrechten eingereicht. Welche Fälle und Vorwürfe davon haben Sie genauer prüfen müssen, konnten diese geklärt werden? Wie ist der Stand in diesen Fällen und welche Konsequenzen und Maßnahmen haben Sie konkret mit welchen Zulieferern vereinbart?
- Wie viele Beschwerden haben Sie bisher im laufenden Geschäftsjahr erhalten und werden nun von Ihnen geprüft?
- Haben Sie aktuell im eigenen Geschäftsbereich oder bei Ihren Zulieferern Menschenrechtsverstöße aufgrund Ihrer Risikoanalysen identifiziert? Wenn ja, um welche Fälle handelt es sich und wie reagieren Sie?
- Wie viele Hinweise und Beschwerden haben Sie allgemein über Ihr Hinweisgebersystem erhalten? Was waren die Themen? Wurden konkrete Rechtsverstöße gemeldet und wenn ja, wie haben Sie reagiert und wie ist der aktuelle Stand noch nicht geklärter Fälle?
- Bei der konkreten Umsetzung des Lieferkettengesetzes scheinen sich die Unternehmen selbst unnötig Bürokratie aufzulasten und gerade große Konzerne sourcen Ihre Sorgfaltspflichten einfach anhand von Fragebögen an ihre direkten Zulieferer aus, statt risikobasiert selbst die Risiken in ihren Lieferketten zu analysieren. Daher frage ich Sie: Schicken Sie auch ohne Anlass Fragebögen allein an Ihre direkten Zulieferer? Falls ja, wie ist dies mit dem risikobasierten Ansatz vereinbar?
- Wo wir beim Thema Sozialpartnerschaft und den Rechten Ihrer Beschäftigten sind: Wie verhalten Sie sich gegenüber der Forderung von Trump, Diversitätsprogramme einzustellen, vor allem in Ihren US-Standorten?
Unklarer Umgang mit menschenrechtlichen Risiken in China
In der gesamten chinesischen Region Ostturkistan/Xinjiang sind gravierende Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit in Gefangenenlagern unter grausamsten Bedingungen vielfach dokumentiert. Zwar hatte sich BASF von den Anteilen an zwei Joint Ventures in der Region etwas schneller als geplant getrennt, nachdem öffentlich geworden war, dass Beschäftigte von einem der Joint Venture-Partner an der staatlichen Überwachung der Bevölkerung in der Region beteiligt gewesen waren. Wir können nicht nachvollziehen, wie BASF etwa mit weiteren Audits den eigenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten effektiv nachkommen kann, zumal BASF beim neuen Werk im südchinesischen Zhanjiang mit potentiell weit verzweigten Lieferketten die Verantwortung nicht an Joint Venture-Partner auslagern kann.
- Wie gehen Sie mit den bekannten menschenrechtlichen Risiken in China um?
- Welche Zulieferer haben Sie in China aus welchen Gründen mittels welcher Maßnahmen (interne oder externe Audits) geprüft und was sind die Ergebnisse?
- Beziehen Sie aktuell Rohstoffe, direkt oder indirekt, aus Russland? Wenn ja, von welchen Unternehmen?
- Haben Sie aktuell Geschäftsbeziehungen mit Nornickel und wenn ja, in welcher Form?
- Wie sehen die weiteren Pläne in Bezug auf das Batteriematerialien-Projekt in Harjavalta, Finnland aus, an dem ja auch Nornickel beteiligt ist bzw. war?
Wir haben das Lieferkettengesetz ja vor allem deshalb, weil deutsche Unternehmen daran gescheitert sind, freiwillig die Vorgaben der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGP) umzusetzen. Es braucht daher einen klaren Rechtsrahmen und Rechtssicherheit. Ihr Wort hat in der aktuell nicht gerade konstruktiv geführten Diskussion um die Zukunft des EU Green Deals, von Berichtspflichten und des Lieferkettengesetzes, daher frage ich Sie:
- Finden Sie es nicht zum Nachteil der Unternehmen, die sich ernsthaft um mehr Klimaschutz und Achtung von Menschenrechten auch in den Lieferketten kümmern, wenn nun im Rahmen des Omnibus-Prozesses in der EU die zivilrechtliche Haftung fast komplett abgeschafft werden soll und auch die Verpflichtung zur Umsetzung der Klimatransitionspläne (climate transition plans) wegfallen soll? So werden doch genau die Unternehmen, die nicht ernsthaft an ihrer sozial-ökologischen Transformation arbeiten, auch noch belohnt und Sie haben einen Nachteil, oder wie sehen Sie dies?
- Sehen Sie in den aktuellen Aufschiebe- und Verwässerungsplänen im Rahmen des Omnibus-Prozesses nicht massiv die Rechtssicherheit gefährdet, wenn nun wieder jedes EU-Land eigene Regeln zur Umsetzung schaffen soll?
Zu Tagesordnungspunkt 6: Beschlussfassung über die Neufassung der Ermächtigung des Vorstands, die Abhaltung einer virtuellen Hauptversammlung vorzusehen
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Beschlussvorschlag abzulehnen, den Vorstand erneut zu bevollmächtigen, über die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung entscheiden zu können.
- Haben Sie konkret geprüft oder planen Sie, eine hybride Hauptversammlung durchzuführen, an der sowohl in Präsenz als auch digital teilgenommen werden kann?
- Was wären die konkreten Mehrkosten einer hybriden Hauptversammlung gegenüber eine virtuellen oder Präsenz-Hauptversammlung?
- Wie sehen dahingehend Ihre Pläne für die Hauptversammlung 2026 aus?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.