„Ihre Wachstums- nicht mit Ihren Klimazielen glaubwürdig vereinbar“: Rede von Liva Schäfer

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,

um die globale Erwärmung auf 1,5 bzw. 2°C zu begrenzen, sind in allen Sektoren sofortige, schnelle und tiefgreifende Treibhausgasemissions-Reduzierungen notwendig, mahnt der neuste IPCC-Bericht.

Zwar loben Sie sich laut Ihres aktuellen Geschäftsberichts damit, dass Sie die Scope 1- und 2-Emissionen im Jahr 2023 von 18,4 auf 16,9 Millionen Tonnen senken konnten und damit sogar unter Ihren Prognosen lagen.

Jedoch, so fügen Sie im Geschäftsbericht 2023 selbst hinzu, kann die Reduktion vor allem auf geringere Produktionsmengen aufgrund eines Nachfragerückgangs zurückgeführt werden – demnach weniger auf effektive Maßnahmen zur Emissionsvermeidung.

Angesichts der raschen Annäherung einer globalen Erwärmung von 1,5°C und der weiterhin energieintensiven und auf fossile Brennstoffe angewiesene Produktion der BASF ist eine Treibhausgasemissionsreduktion von lediglich 2 Millionen Tonnen im Geschäftsjahr 2023 jedoch relativ gering.

Eine Analyse von Planet Tracker von 2023 ergab, dass BASF von ihren Klimazielen weit entfernt ist und es unwahrscheinlich ist, dass BASF es schaffen wird, die momentanen konzerneigenen Klimaziele tatsächlich umzusetzen.

Die Scope 3-Emissionen Ihres Unternehmens wurden bei Ihrer CO2-Bilanz, die im Geschäftsbericht 2023 zu finden ist, noch gar nicht mitberücksichtigt. Zudem sind neben den Scope 1- und 2-Emissionen lediglich die Scope 3.1-Emissionen Teil Ihres netto-null-Emissionsziels bis 2050. Spezifische Zielvorgaben für die gesamten Scope 3-Emissionen können Sie somit nicht aufweisen, was Ihre Klimastrategie noch weniger glaubwürdig macht.

Denn allein die vorgelagerten Emissionen, die mit der Gewinnung, dem Transport und der Verarbeitung der fossilen Rohstoffe in den BASF-Produkten verbunden sind, machen rund 46% des gesamten Fußabdrucks der BASF aus. Das sind 50,8 Millionen Tonnen CO2e pro Jahr, äquivalent zu den jährlichen Emissionen von 13,6 Kohlekraftwerken.

Sie streben an, vermehrt elektrisch betriebene Steamcracker-Öfen einzusetzen, doch ist für die Produktion von chemischen Produkten wie Ethylen und Propylen weiterhin eine fossile Rohstoffbasis notwendig.

Die Kohlenstoffatome, die zum Aufbau Ihrer Produkte nötig sind, sollen in Zukunft zwar durch künstliche Kohlenwasserstoffe ersetzt werden, doch eine stoffliche Alternative ist noch nicht vorhanden.

Somit können elektrifizierte Steamcracker wohl kaum die vollständige Lösung für eine klimaneutrale Produktion sein.

Umso fragwürdiger scheinen Ihre Klimaziele somit angesichts der Tatsache, dass Sie sich bis dato nicht dazu verpflichtet haben, ihre Produkte von fossilen Rohstoffen zu befreien.

Zudem stellt der Handel und Verkauf von Öl und Gas noch immer eines Ihrer Geschäftsfelder dar. BASF hat schon lange versäumt, das rein fossile Tochterunternehmen Wintershall Dea auf einen auch nur annähernd klimakompatiblen Pfad zu bringen. Der Verkauf des Unternehmens an Harbour Energy ist noch nicht abgeschlossen. Nach Plan wird BASF aber weiterhin einen großen Teil von Anteilen an der mit Wintershall Dea fusionierten Harbour Energy halten. Diese wird den Expansionskurs von Wintershall Dea bei der Erschließung neuer Öl- und Gasfelder fortsetzen, auch wenn dies nicht mit den Pariser Klimazielen kompatibel ist.

Im Namen von Urgewald und ShareAction stelle ich daher folgende Fragen: Angeblich ist Klimaschutz ein zentrales Anliegen für BASF – Doch wie passt das mit diesem Verkauf und der damit weitergehenden klimaschädlichen Öl- und Gasproduktion zusammen?

Inwiefern sieht BASF die zukünftigen Anteile an der mit Wintershall Dea fusionierten Harbour Energy im Einklang mit der Klimastrategie des Unternehmens?

Wie planen Sie bei BASF ihren Einfluss über die Anteile zu nutzen, um zu Emissionssenkungen beizutragen?

Werden Sie sich in Zukunft dafür einsetzen, die fossilen Expansionspläne zu stoppen bzw. die fossile Produktion im Einklang mit der 1,5°C -Grenze herunterzufahren?

Ist die BASF darüber hinaus bereit, sich dazu zu verpflichten, in Zukunft fossile Rohstoffe in all ihren Produkten zu verbannen und bis 2050 zu 100% auf nicht-fossile Alternativen umzusteigen?

Trotz der Elektrifizierung einiger Ihrer energieintensiven Steamcracker und jeglicher Effizienzsteigerungen ist keine Abnahme der benötigten Energie für die Produktion von Kunststoffen und Stickstoffdünger, die die mengenmäßig wichtigsten Produkte der chemischen Industrie darstellen, in Sicht.

Auch die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen und das chemische Recycling von mehreren Millionen Tonnen Kunststoffabfällen benötigen zusätzlich enorme Mengen an Energie.

Der Strategieplan Roadmap Chemie 2050 des Verbands der Chemischen Industrie zeigt, dass für die anvisierte Treibhausgasneutralität der jährliche Stromverbrauch der Branche bis 2050 auf mehr als 600 Milliarden Kilowattstunden ansteigen muss (das ist 1,5-mal mehr als ganz Deutschlands Stromproduktion).

Zwar ist es lobenswert, dass Sie planen, weiter an der Produktion und dem Zukauf von erneuerbaren Energien festzuhalten. Es ist jedoch fraglich, inwiefern die steigende Nachfrage an Strom allein mit dem Kapazitätsausbau erneuerbarer Energieproduktion gedeckt werden kann.

Ihre Klimaambitionen basieren somit allein auf der Spekulation, dass „die verlässliche Verfügbarkeit großer Mengen erneuerbaren Stroms zu wettbewerbsfähigen Preisen“ in den kommenden Jahren verfügbar sein wird, wobei Sie selbst hinzufügen, dass das bis dato „in Deutschland nicht gegeben“ ist.

Studien zeigen, dass die in Zukunft benötigten grünen Strommengen allein für die Chemiebranche in Deutschland schlicht nicht möglich sind.

Werden Sie ihre Klimaneutralitätsziele daran anpassen?

Die Fehlentwicklungen der Chemieindustrie werden sogar noch drastischer, berücksichtigt man Ihre Wachstumsprognosen.

Somit stelle ich die Frage: Inwiefern sind Ihre Wachstumsziele mit den eigenen Klimazielen glaubwürdig vereinbar?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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