Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Tilman Massa, ich bin vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.
Herr Brudermüller, Sie haben sich selbst erst kürzlich als politischen Vorstandschef bezeichnet.[1] Die FAZ ist sich sicher, Sie hätten die BASF auf Klimaschutzkurs gebracht.[2] Diese Aussage heißt zunächst, dass dies Ihr Vorgänger Kurt Bock, hier als Vorsitzender des Aufsichtsrats und Versammlungsleiter zugegen, eben nicht getan hätte. Inwieweit die Kursänderungen wirklich zu effektiven Klimaschutz führen, wird sich noch zeigen müssen.
Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob Sie und die BASF die wirklichen Herausforderungen beim Klimaschutz vor Augen haben. Nichts verdeutlicht dies für mich mehr, dass Sie erst jetzt damit beginnen, das Herz ihrer Chemieproduktion, die Steamcracker, zu elektrifizieren, um sich zumindest etwas von fossilem Gas lösen zu können. Für die massiven Mehrbedarf an Strom kooperieren Sie mit RWE und Vattenfall, um Strom etwa von Offshore-Windparks in der Nordsee direkt hier nach Ludwigshafen zu bekommen. Über die Mühen der Energiewende haben Sie im Zeit-Interview von 2021 gesagt:
„Sie können doch nicht auf der einen Seite mehr grünen Strom fordern und auf der anderen Seite keine Windparks bauen, weil dort Schweinswale leben.“[3]
Ein Lehrstück, um der Öffentlichkeit anschaulich den Unterschied zwischen Klima- und Naturschutz vor Augen zu führen? Frust ablassen darüber, dass die Energiewende in der Praxis doch nicht so leicht ist wie gedacht? Oder doch wieder von der eigentlichen Verantwortung der BASF ablenken? Denn wenn Sie Ihre Aussagen zu Ihrer Verantwortung gegenüber Mensch und Natur ernst nehmen, müssen Sie sich zwangsläufig mit Schweinswalen in der Nordsee auseinandersetzen, egal ob es dazu Schutzvorschriften gibt oder nicht. Seither hatte ich mir vorgenommen, Sie auf der Hauptversammlung nach den Schweinswalen zu erkundigen: Wer hat denn nun den Kürzeren gezogen, Ihre Windparks oder die Schweinswale? Welche Maßnahme ergreifen Sie zum Schutz der Schweinswale? Denn ihr Widerspruch ist ein Scheinkonflikt, da es ganz konkrete Schutzmaßnahmen für die Schweinswale gibt. Dies zeigt zugleich die wirklichen Herausforderungen beim Klimaschutz: Einfach so weiter machen wie bisher und Klimaschutz auf Kosten biologischer Vielfalt und Ökosysteme zu planen, wird weder internationalen Nachhaltigkeitszielen noch dem angeblichen Anspruch der BASF gerecht. Ich zitiere die Einleitung Ihrer Nachhaltigkeits-Webseite:
„Wir wollen zu einer besseren Welt mit mehr Lebensqualität für alle beitragen. Aus diesem Grund haben wir die drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – fest in unserem Unternehmenszweck, unserer Strategie, unseren Zielen und unserem Geschäft verankert. Sie sind Kern unseres Handelns, Wachstumstreiber und Bestandteil unseres Risikomanagements.“[4]
Wintershall Dea:
Ihre fossile Abhängigkeit, bis vor kurzem vor allem von Russland, hat mich bisher jedoch nicht dazu kommen lassen, Sie nach den Schweinswalen in der Nordsee zu fragen. Auch dieses Jahr müssen wir das Thema Russland und Wintershall Dea ansprechen:
Sie stehen anscheinend immer noch in Gesprächen mit der Bundesregierung zu den Investitionsgarantien der russischen Assets von Wintershall Dea. Wintershall Dea hat weit später als die meisten anderen westlichen Öl- und Gaskonzerne den Ausstieg aus Russland angekündigt. Noch dazu gab es wiederholte Hinweise auf mögliche Verbindungen in der Lieferkette des an Gazprom verkauften Gaskondensats mit Treibstofflieferungen an das russische Militär. Dazu folgende Fragen:
- Wie ist der Stand der Gespräche?
- Plant BASF für den Fall, dass die Investitionsgarantien ausgezahlt werden, diese als Reparation für den Wiederaufbau der Ukraine zu zahlen?
- Aus den Geschäftsberichten des russischen Assets Severneftegazprom lässt sich entnehmen, dass es einen starken Anstieg der Emissionen gab. Wie erklären Sie, dass die Treibhausgasemissionen hier bei annähernd gleichbleibender Produktion von 2011 bis 2021 um etwa das 3,5-fache gestiegen sind? Ist dies eine mögliche Verletzung der Umweltauflagen der Investitionsgarantien und könnte damit der Auszahlung der Garantien im Wege stehen?
Biodiversität
Ihre Biodiversitätsziele liegen weit hinter dem zurück, was notwendig ist, um Ihr Geschäft mit globalen Verpflichtungen zum Schutz biologischer Vielfalt in Einklang zu bringen. Hierbei scheinen Sie bestimmte Herausforderungen, wie die Mikroplastikproblematik, nicht zu berücksichtigen, wobei Sie hierbei eine erhebliche Mitverantwortung tragen. Laut einer Studie des Fraunhofer Instituts gelangt jedes Jahr allein in Deutschland rund 330.000 Tonnen Kunststoffabrieb in die Umwelt – Entstanden durch u.a. Reifenabrieb, „Schüttverluste von Kunststoffpellets in der kunststoffverarbeitenden Industrie“, den Emissionen bei der Abfallentsorgung und den Abrieb von Kunststoffverpackungen. Hinzu kommt die fehlende Berücksichtigung der Emissionen stickstoffhaltiger klimarelevanter Gase, die u.a. durch die Düngung mit mineralischen Stickstoffdüngern entstehen. Schätzungsweise sind diese für weltweite Treibhausgasemissionen von bis zu sieben Prozent verantwortlich.
Dazu stelle ich auch eine Frage von ShareAction:
Als weltweit einer der größten Hersteller von synthetischen Pflanzenschutzmitteln – einer der wichtigsten Faktoren für den weltweiten Verlust der biologischen Vielfalt – kommt Ihnen mit ihren Produkten dabei eine besondere Verantwortung zu, spezifische Ziele für die biologische Vielfalt zu setzen. Ihr Unternehmen hat sich jedoch keine Ziele für die biologische Vielfalt gesetzt, insbesondere nicht das Ziel 7 des Global Biodiversity Framework, die von ihren Produkten ausgehenden Risiken für die biologische Vielfalt bis 2030 zu halbieren. Wird sich die BASF verpflichten, sich dem Ziel 7 des Global Biodiversity Frameworks anzunähern und das Risiko der eigenen Produkte auf ein für die biologische Vielfalt sicheres Niveau zu reduzieren?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
[1] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/basf-chef-deutschland-bleibt-weit-unter-den-moeglichkeiten-02/100031173.html
[2] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/basf-martin-brudermueller-gibt-chef-position-an-markus-kamieth-ab-19666131.html
[3] https://www.zeit.de/2021/38/basf-chemiekonzern-co2-emissionen-klimneutralitaet-klimakrise-nachhaltigkeit
[4] https://www.basf.com/global/de/who-we-are/sustainability.html