Unsere Kampagne „Plough Back the Fruits“ hat zum 6. Mal infolge seit 2015 einen Gegenantrag zur Entlastung des Vorstands der BASF Gruppe auf der Aktionärsversammlung eingereicht. Die Kampagne setzt sich für die Entschädigung der Hinterbliebenen, Verletzten und zu Unrecht Verhafteten aus Marikana ein und für die Wahrnehmung der Menschenrechte der südafrikanischen Minenarbeiter*innen und ihrer Familien.
Zur Erinnerung: In Marikana im südafrikanischen Platinabbaugebiet wurden 2012 am 16. August, 34 Minenarbeiter von der südafrikanischen Polizei ermordet. Sie streikten für Lohnerhöhungen, bessere Arbeitsbedingungen und menschenwürdige Lebensbedingungen in den informellen Siedlungen rund um die Minen.
Lonmin, der langjährige Geschäftspartner und Hauptplatinlieferant von BASF, wurde 2019 von Sibanye-Stillwater aufgekauft. Wie üblich wurden der Wert und die Profitabilität von Lonmin vor diesem Verkauf heruntergespielt und die Übernahme durch Sibanye Stillwater als Gnadenakt für eine bankrotte Firma dargestellt.
Knapp sieben Monate nach dem Verkauf, gilt Sibanye Stillwater als Shooting Star auf dem Platinweltmarkt und die Minen von Marikana als Herzstück des Portfolios.
Ansonsten ist Sibanye Stillwater bisher vor allem für eine traurige Bilanz an Arbeitsunfällen in ihren südafrikanischen Goldminen bekannt.
Vor dem Streik von 2012 verdienten festangestellte Bergarbeiter 5800 Rand, umgerechnet damals rund 600,- Euro.
Die Forderung der Streikenden war die nach einem „living wage“, einem Gehalt, von dem sie leben können, von 12.500 Rand.
Seitdem haben sich die Gehälter für einige Gewerke zwar fast verdoppelt, aber gemessen an der harten und gefährlichen Arbeit untertage und steigenden Lebenshaltungskosten, Inflation und Währungsverfall in Südafrika verdient ein Minenarbeiter heute im Grunde genommen genau so viel oder so wenig wie damals: 12500 Rand sind heute 660 Euro.
BASF ist über seine Platinlieferkette seit mindestens 35 Jahren direkt mit der Platinbergbauregion in Südafrika verbunden und kennt die Verhältnisse dort sehr gut.
Es ist unglaubwürdig, wenn BASF auf den komplett unverbindlichen UN Global Compact verweist, welcher auf dem Papier ausführt, wie ethisch verantwortliches Handeln von Firmen entlang ihrer globalen Lieferketten aussehen könnte.
Vier Audits in fünf Jahren (unter von BASF mitentwickelten Kriterien) haben jedenfalls nicht zu erwähnenswerten Verbesserungen der Situation der Menschen geführt.
Es ist unglaubwürdig, wenn BASF behauptet, keinen Einfluss darauf zu haben, was ihre Geschäftspartner und auch die politischen Entscheidungsträger in Südafrika tun oder lassen.
Und es liegt auch nicht nur an der politischen Unerfahrenheit oder dem Unvermögen südafrikanischer Akteur*innen, dass die Transformation in ein gleichberechtigtes Gemeinwesen in Südafrika in den Anfängen stecken geblieben ist.
Nach 6 Jahren und genauso vielen Besuchen der Aktionärsversammlungen von BASF mit Delegationen aus Südafrika zeigt sich für uns, dass BASF versucht, die Anliegen aus Südafrika, abzuwiegeln, zu verzögern und auf Distanz zu halten.
Kurt Bock, der ehemalige Vorstandsvorsitzende, der nun als Aufsichtsratsvorsitzender zurückkehrt, hatte durch seine Wortwahl mehrfach deutlich gemacht, dass seine unternehmerische Logik nach wie vor von kolonialer Kontinuität geprägt ist.
Der neue Vorstandsvorsitzende Martin Brudermüller kann zwar den Eindruck vermitteln, subtiler zu sein als Bock und spricht vom Interesse von BASF an „Dialog“.
Doch BASF ist nicht wirklich an konstruktivem Austausch interessiert, aber den Eindruck eines verantwortungsbewussten Unternehmens ermitteln.
Wenn Südafrika 25 Jahre nach der sog demokratischen Wende noch immer das Land mit dem weltweit größten (und weiterhin anwachsenden) Ungleichheitskoeffizienten ist, dann läuft systemisch und strukturell etwas falsch.
Von diesen anhaltend ungleichen Bedingungen in Südafrika profitiert BASF seit langer Zeit.
Wir erwarten von BASF, dass sie tatsächlich bereit sind, ihrer Unternehmensleitlinie gerecht zu werden:
Sie sagen: „Wir verbinden wirtschaftlichen Erfolg mit dem Schutz der Umwelt und gesellschaftlicher Verantwortung.“
Wir sagen: Ja! Fangen sie gleich morgen damit an!
Überhaupt sendet ein Unternehmen, dass in Zeiten der weltweiten Corona-Pandemie die Dividende für Aktionär*innen – wie jedes Jahr – erhöht, ein fatales Zeichen.
Bis auf weiteres sind wir gegen die Entlastung des BASF- Vorstands und des Aufsichtsrats – und nachdrücklich für ein verbindliches und transparentes Lieferkettengesetz, dass Firmen wie BASF dazu verpflichten soll, ihrer Verantwortung gerecht zu werden!