Umweltorganisationen fordern Stopp der fossilen Russlandgeschäfte und einen tiefgreifenden Wandel des Konzerns

  • Ungeachtet des Krieges in der Ukraine produziert die BASF-Tochter Wintershall Dea weiter einen bedeutenden Teil ihres Erdgases und -öls in Russland
  • BASF hat in den letzten Jahren die eigene und nationale Abhängigkeit vor allem von russischem Erdgas massiv vorangetrieben und zeigt auch jetzt kein wirkliches Umlenken der Konzernstrategie
  • Damit trägt BASF Putins Krieg gegen die Ukraine finanziell mit, insbesondere wenn Wintershall Dea die Produktion in Russland nicht sofort einstellt

Zwei Tage vor der Hauptversammlung von BASF üben die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald gemeinsam mit dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sowie der ukrainischen NGO Ecoaction scharfe Kritik an den fossilen Russlandgeschäften des Ludwigshafener Konzerns. Angesichts des Krieges in der Ukraine fordern sie von BASF einen sofortigen Stopp der Gas- und Ölgeschäfte in beziehungsweise mit Russland. [1]

So produziert die BASF-Tochter Wintershall Dea seit der Invasion am 24. Februar weiterhin Erdgas und -öl in Russland. 2021 stammten 47,8% der Erdgas- und Erdölproduktion des Kasseler Unternehmens aus Russland. [2] Zwar hat Wintershall Dea die Beteiligung an Nord Stream 2 (notgedrungen) abgeschrieben, die Beteiligung an Nord Stream 1 besteht jedoch weiterhin. Auch außerhalb von Russland wird in Joint Ventures mit Beteiligung der russischen Energiefirmen Gazprom und Lukoil weiterhin Öl und Gas gefördert. [3]

Historische Profitgier der BASF führte zur Abhängigkeit von russischen Fossilen

BASF hat bereits Ende 2004 mit der Gazexport, einer Tochtergesellschaft der Gazprom, vereinbart, die langfristigen Gasbezugsverträge vorzeitig bis 2030 zu verlängern. [4] Trotz der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland 2014 verkaufte die BASF 2015 das Gashandels- und Gasspeichergeschäft der Tochter Wintershall in Deutschland vollständig an Gazprom. Im Gegenzug erhielt Wintershall einen anteiligen Zugriff auf ein Erdgasfeld in Westsibirien. Der BASF erschien die Förderung von Gas lukrativer als der politisch regulierte Gashandel. Die politischen Risiken gemeinsamer Geschäfte mit Gazprom waren schon damals bekannt, hielten aber niemanden bei der BASF davon ab, Gazprom 2015 auch Zugriff auf Erdöl und Erdgas in der Nordsee zu gewähren. [5] Zudem forcierte die BASF den Bau der Gas-Pipeline Nord Stream 2 sowie anderen Pipelines und verschärfte damit die Abhängigkeit insbesondere Deutschlands von russischem Gas.

„BASF mit ihrer Tochter Wintershall Dea hat einen signifikanten Beitrag zur toxischen Abhängigkeit Deutschlands von russischen fossilen Energien geleistet, was uns heute politisch auf die Füße fällt. Aber Einsicht ist im Hause BASF nicht zu erkennen: Wintershall Dea produziert weiter wie gehabt Öl und Gas in Russland, unter umweltschädlichen und menschenrechtlich bedenklichen Bedingungen. BASF-Vorstandsvorsitzender Martin Brudermüller unterstützt aus purem Konzerninteresse öffentlich die ablehnende Position der deutschen Bundesregierung hinsichtlich eines sofortigen Öl- und Gasembargos. [6] So fließen täglich immer noch Millionen von Euro und Dollar in die weitere Stärkung von Putins Machtapparat und seinen Krieg gegen die Ukraine“, kommentiert Sonja Meister, Energie-Kampaignerin bei urgewald.

Die Organisationen kritisieren zudem, dass BASF es verpasst hat, seit dem Pariser Klimaschutzabkommen auch im eigenen Kerngeschäft die Weichen für die Abkehr von fossilen Energieträgern, speziell aus Russland, zu stellen. So macht heute fossiles Erdgas mehr als 80 Prozent der fossilen Brennstoffe aus, die für zentrale Strom- und Dampferzeugungsanlagen der BASF benötigt werden. [1]

„BASF spricht sich jetzt öffentlich massiv gegen eine Einstellung der Erdgasversorgung aus Russland aus. Das ist auch ein klares Eingeständnis, dass sich der Konzern selbst in genau diese Abhängigkeit von russischem Gas gebracht hat. Aber sogar jetzt, unter den Zeichen der Kriegsverbrechen in der Ukraine, ist ein radikales Umsteuern weg von fossilen Energien keineswegs in Sicht. Die Nichtreaktion macht den Umstieg heute und in den kommenden Jahren nur noch schwieriger“, kommentiert Tilman Massa vom Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. 

Kostiantyn Krynytskyi, Leiter der Energieabteilung der ukrainischen NGO Ecoaction: „BASF und Wintershall Dea müssen sich klar sein, dass ihre Geschäfte die Kugeln, Bomben und Raketen finanzieren, die jeden Tag ukrainische Zivilist*innen töten und Städte im ganzen Land zerstören. Mit der Finanzierung von Nord Stream 1 und 2 sowie dem Ausbau der Öl- und Gasförderung in Russland hat BASF mit dazu beigetragen, dass Deutschland derart abhängig von Putins Energielieferungen wurde und seine eigene nationale Sicherheit gefährdet. Mit jedem Tag, an dem die Geschäfte mit fossilen Brennstoffen mit Russland weiter gehen, macht sich die BASF mitschuldig an den von Russland in der Ukraine verübten Kriegsverbrechen.“

Aktionsankündigung
Anlässlich der (virtuellen) BASF-Hauptversammlung (29.04.2022) veranstalten urgewald und Aktivist*innen von Klimagerechtigkeit Kassel, Fridays for Future Kassel und Extinction Rebellion Kassel eine Protestaktion vor der Wintershall Dea Zentrale. Aktivist*innen werden mit Bannern und roten Händen einen sofortigen Stopp der Russlandgeschäfte fordern.

Wann: Donnerstag 28.4.22. um 13:00 Uhr

Wo: Wintershall Dea Zentrale, Friedrich-Ebert-Straße 160, 34119 Kassel

Fotos: zum Download erhältlich am 28.4.22 ab 14 Uhr unter diesem Link:
https://www.flickr.com/photos/urgewald

Anmerkungen


[1] Ein entsprechender Gegenantrag wurde eingereicht: : https://www.kritischeaktionaere.de/basf/deals-mit-gazprom-abhaengigkeit-von-fossilem-gas-defizite-beim-klimaschutz-und-doppelte-standards-bei-pestiziden-unsere-gegenantraege/
[2] https://wintershalldea.com/sites/default/files/media/files/Wintershall_Dea_2021_Geschaeftsbericht_.pdf. Globale Produktion 2021 634 mboe/Tag, davon Russland: 303 mboe/Tag.

[3] https://defuel-russias-war.org/cancel-cooperation/

[4] https://www.basf.com/global/documents/de/news-and-media/publications/reports/2005/BASF_Finanzbericht_2004.pdf, S. 48.

[5] https://www.basf.com/global/en/media/news-releases/2015/09/p-15-330.html. Wintershall Noordzee B.V. becomes 50/50 joint-venture Wintershall Dea & Gazprom International.

[6] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/basf-chef-warnt-vor-gas-embargo-schaeden-fuer-deutsche-volkswirtschaft-17925528.html] UND https://www.zdf.de/politik/frontal/basf-milliardengeschaefte-gier-nach-russischem-gas-100.html

Kontakt

Sonja Meister | Energie-Kampaignerin, urgewald 

+49 176 64608515, sonja.meister[at]urgewald.org

Kostiantyn Krynytskyi |Head of Energy Department, Centre of Environmental Initiatives“Ecoaction“ / Екодія 
+38 095 487 47 69, kk[at]ecoact.org.ua

Tilman Massa | Referent, Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
+49 221 599 56 47, dachverband[at]kritischeaktionaere.de

Stefanie Jellestad | Pressesprecherin urgewald
+49 (0)30 8632 922-60, stefanie.jellestad[at]urgewald.org

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