Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Hana Obser; ich spreche hier heute im Namen des Dachverbands der Kritischen Aktionär*innen.
BASF gehört weiterhin zu den klimaschädlichsten Unternehmen in Deutschland. 17 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen allein aus Produktion und Energieeinkauf – das ist kein akzeptabler Status quo. Es ist alarmierend, dass 2024 keine Reduktion erzielt wurde. Das Geschäftsmodell, das auf Wachstum ohne echte Dekarbonisierung setzt, ist nicht zukunftsfähig. Auch das Ziel der Netto-Null-Emissionen bis 2050 wirkt vor diesem Hintergrund wie eine leere Versprechung.
Statt dringend notwendiger Investitionen in klimafreundliche Technologien und faire Transformation am Standort Ludwigshafen, setzt der Vorstand auf Dividenden in Höhe von über zwei Milliarden Euro – während gleichzeitig Sparprogramme angekündigt und Stellen abgebaut werden. Das ist nicht nur sozial ungerecht, sondern auch klimapolitisch kurzsichtig.
Gleichzeitig profitiert BASF von erheblichen öffentlichen Subventionen: im Jahr 2023 waren es laut Lobbyregister über 58 Millionen Euro. Der Bau einer der weltweit größten industriellen Wärmepumpen zur klimafreundlichen Dampferzeugung ist ein gutes Projekt – aber warum wird es mit bis zu 310 Millionen Euro Steuergeldern mitfinanziert, während BASF selbst Milliarden ausschüttet und weiterhin Steuervermeidung betreibt?
Hinzu kommt die Verantwortung für Umweltschäden durch Wintershall– heute indirekt über den Aktienanteil an Harbour Energy. Diese Aktivitäten, insbesondere Fracking-Projekte in Argentinien, sind nicht mit dem Pariser Abkommen vereinbar.
Auch im Umgang mit sogenannten Ewigkeits-Chemikalien (PFAS) und gefährlichen Pestiziden bleibt BASF säumig. Während in der EU längst verbotene Substanzen weiter in ärmere Länder exportiert werden, betreibt BASF gleichzeitig millionenschwere Lobbyarbeit gegen strengere Umweltstandards.
Meine Damen und Herren,
dieses Verhalten widerspricht einer glaubwürdigen Klimaschutzstrategie. Es gefährdet die ökologische und soziale Zukunft des Unternehmens – und damit auch die Interessen der Aktionär*innen und Beschäftigten.
Verantwortung für Harbour Energy
Mit dem Verkauf von Wintershall mag es nach außen so wirken, als habe sich BASF von einem besonders klimaschädlichen Geschäftsbereich getrennt. Doch dieser Eindruck trügt: BASF hält weiterhin fast 50 Prozent der Aktien an Harbour Energy – und damit auch Verantwortung für deren Geschäfte. Die Emissionen sind nicht verschwunden, sie stehen nur an anderer Stelle in Ihrer Klimabilanz.
Harbour Energy setzt das fossile Geschäftsmodell von Wintershall fort – mit allen bekannten klimaschädlichen und menschenrechtlich problematischen Folgen. In Argentinien etwa betreibt Harbour Energy unter Mitwirkung der früheren Wintershall- Strukturen Fracking-Projekte in der Region Vaca Muerta. Die dortige Bevölkerung leidet unter gravierenden Umweltschäden: verschmutztes Wasser, giftige Bohrschlämme, Luftverschmutzung, Erdbeben – das sind keine Nebeneffekte, sondern reale Gefahren.
Greenpeace-Recherchen haben aufgedeckt, dass Wintershall als Kunde der Firma „Treater“ geführt wurde – eines Unternehmens, das giftige Abfälle illegal entsorgt hat, nur fünf Kilometer von der nächsten Stadt entfernt.
Ich möchte Orlando Carriqueo zitieren, Sprecher und Mitglied des indigenen Parlaments der Mapuche und Tehuelche der argentinischen Provinz Rio Negro:
„Die Ausbeutung von Vaca Muerta mit der Fracking-Technik hat irreparable Folgen für das Gebiet gebracht: Verlust von Nutztieren, Verlust einheimischer Pflanzen, Veränderung der Lebensgrundlagen; Öffnung von Straßen für den Schwerlastverkehr 24 Stunden am Tag. Seit Beginn der Förderung […] haben sich mehr als 500 Erdbeben ereignet, zuletzt am 11. April. So leben die Menschen in ständiger Angst […] . Ölabfälle, die stark mit Chemikalien und vielleicht auch mit radioaktiver Strahlung kontaminiert sind, werden auf offenen Flächen gelagert, die von Betonwänden umgeben sind. Ständige Regenfälle führen aber dazu, dass die Verschmutzung in die Regenwasserkanäle und in die Flüsse abläuft […]. Die Regierungen kontrollieren die Verschmutzung der Flüsse nicht. Die letzte Studie hierzu, die von der Universität Río Negro 2019 durchgeführt worden ist, hat Schwermetalle, Agrarchemikalien und Abwässer nachgewiesen.All dies wird von den internationalen Unternehmen durchgeführt, die Vaca Muerta ausbeuten.“
Wir fragen uns:
Wie kann die BASF von glaubwürdigem Klimaschutz sprechen, wenn sie weiterhin von klimaschädlichen Förderpraktiken profitiert – über eine milliardenschwere Beteiligung an Harbour Energy?
Wie passt das zu den Klimazielen, die angeblich mit dem Pariser Abkommen vereinbar sind?
Die BASF darf sich ihrer Verantwortung nicht dadurch entziehen, dass sie ein umweltschädliches Geschäft auslagert und den Eindruck erweckt, das Thema sei damit erledigt.
Daher richten wir folgende Fragen an den Vorstand:
1. Wie genau plant BASF, die Emissionen bis 2030 und vor allem danach bis 2050 zu senken, wenn Sie gleichzeitig „wachstumsbedingte Emissionssteigerungen“ in Kauf nehmen?
2. Wie hoch waren die tatsächlichen Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen im Jahr 2024, und wie stehen diese im Verhältnis zur ausgeschütteten Dividende?
3. Warum beteiligt sich BASF nicht in vollem Umfang an der Finanzierung der industriellen Wärmepumpe in Ludwigshafen? Hätten Sie das Projekt nicht auch ohne staatliche Subventionen stemmen können?
4. Wie ist der aktuelle Stand um jene Geschäftsteile bzw. (ehemaligen) Aktivitäten von Wintershall mit Russland-Bezug, die Sie ja nicht an Harbour Energy verkauft haben?
5. Wie ist der Stand Ihrer Gespräche mit der Bundesregierung zu den Investitionsgarantien der russischen Assets von Wintershall? Falls Investitionsgarantien ausgezahlt werden, würden Sie diese für den Wiederaufbau der Ukraine zahlen?
6. Wie stellt BASF sicher, dass die Verantwortung für Klima- und Umweltschäden durch Wintershall bzw. Harbour Energy nicht lediglich ausgelagert, sondern tatsächlich übernommen wird?
7. Welche konkreten Maßnahmen ergreift BASF, um sicherzustellen, dass Harbour Energy eine glaubwürdige Strategie zur Emissionsminderung verfolgt?
8. Wie stellt BASF sicher, dass durch die Beteiligung an Harbour Energy nicht indirekt weiterhin Umweltzerstörung durch Fracking unterstützt wird – insbesondere in Argentinien?
9. Herr Elvermann, Sie haben von einem „schrittweisen und optimierten Ausstieg über die nächsten Jahre“ aus Ihrer Finanzbeteiligung an Harbour Energy gesprochen. Wann gedenkt BASF, sich vollständig aus diesem fossilen Geschäftsmodell zurückzuziehen? Sie meinten auch gerade, dass Sie die weitere Zukunft der Finanzbeteiligung von dem monetaristischen Vorteil abhängig machen. Wie sehen sonst Ihre konkreten Pläne aus, sich vollständig von Ihrem Anteil an Harbour Energy zu trennen und wenn ja, in welchen Schritten und bis wann genau?
10. Werden Sie bis dahin Ihrer Verantwortung gerecht werden und Harbour Energy auf einen klimagerechten Ausstiegspfad aus dem Geschäft mit fossilen Energien zu bringen? Wenn nicht, warum nicht?
11. Wie bewertet der Vorstand die menschenrechtlichen und ökologischen Risiken in Vaca Muerta im Kontext der eigenen Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften?
12. Warum wurden keine verbindlichen Umwelt- und Klimakriterien in den Verkaufsprozess von Wintershall integriert?
13. Wie stellen Sie sicher, dass die international anerkannten Konsultations- und Zustimmungsrechte der indigenen Völker, die von den fossilen Expansionsplänen von Harbour Energy in Argentinien betroffen sind, nicht weiter missachtet, sondern eingehalten werden?
Solange BASF an einem fossilen Konzern beteiligt ist, der Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen in Kauf nimmt, bleibt die Klimastrategie der BASF unglaubwürdig. Wer ernsthaft Netto-Null-Emissionen anstrebt, muss sich auch von fossilen Beteiligungen konsequent trennen.
Vielen Dank.