Gegenanträge

Foto: Rafi Bablan, CC BY 2.5

Zu Tagesordnungspunkt 2: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der Bayer AG verfolgt ein gesundheits- wie umweltschädliches Geschäftsmodell, das nicht zur Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs), den Nachhaltigkeitszielen der UN, beiträgt.

Bayer gefährdet Landarbeiter*innen, Bäuer*innen und indigene Gruppen im Globalen Süden
Bayer vertreibt in Ländern des globalen Südens mit schwächerer Pestizidregulierung Wirkstoffe, die in der EU nicht genehmigt sind. So vermarktet Bayer in Brasilien mindestens elf und in Südafrika mindestens sechs Wirkstoffe, die in der EU nicht genehmigt sind. Dabei wurden die Wirkstoffe Carbofuran, Fenamidone, Propineb, Thiodicarb und Thiram auf EU-Ebene aufgrund ihrer Gefährlichkeit entweder nach einer eingehenden Prüfung abgelehnt oder die Genehmigung wurde nach erneuter Prüfung explizit widerrufen. Außerdem stehen die der in beiden Ländern von Bayer vermarkteten, in der EU nicht genehmigten Wirkstoffe wegen ihrer Schädlichkeit für die menschliche Gesundheit und die Umwelt auf der Liste hochgefährlicher Pestizide des Pestizid Aktions-Netzwerks.

Auch jüngste Recherchen auf Basis der Marktanalysen von Phillips McDougall haben gezeigt, dass Bayer fast 37 Prozent seines Umsatzes mit dem Verkauf hochgefährlicher Pestizide macht – einen Großteil davon in so genannten Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Leidtragenden von diesem Geschäftsmodell sind nicht nur (Klein-)Bäuerinnen und Bauern und Landarbeiter*innen, sondern auch indigene Gruppen, die etwa neben großen Soja-Plantagen in Brasilien wohnen, auf denen die entsprechenden Pestizide per Flugzeug ausgebracht werden. Sie leiden sowohl unter akuten Vergiftungen als auch unter chronischen Gesundheitsschäden. Eine sichere Anwendung, die von Bayer immer wieder als Ausweg präsentiert wird, ist dabei in Armutskontexten ein Mythos. So wird Plantagenarbeiter*innen häufig nicht die notwendige Schutzkleidung zur Verfügung gestellt, Kleinbäuer*innen können sich diese nicht leisten und leben teilweise selbst auf oder in unmittelbarer Nähe zu ihrem Feld.

Keine echte Transparenz bei Sicherheitsdaten zu Wirkstoffen

Auf der Tagung „What does the future hold for harmonized human health risk assessment of plant protection products?”, die im November 2017 in Berlin stattfand, kündigte Bayer im Rahmen einer Transparenzinitiative an, die Sicherheitsdaten zu seinen Wirkstoffen öffentlich und sukzessive die vollen Studienberichte zugänglich zu machen. Dafür wurde eine spezielle Website eingerichtet: https://cropscience-transparency.bayer.com/Safety-results.

Knapp zweieinhalb Jahre nach Ankündigung dieser Transparenzinitiative sind dort 28 Wirkstoffe gelistet. Doch nicht einmal für die Hälfte, nämlich nur für 13 Wirkstoffe, bietet Bayer an, die vollen Studienberichte anzufordern.

Schlimmer noch: Bei jenen Wirkstoffen, die in der EU nicht mehr vermarktet werden dürfen, informiert Bayer nur über einen einzigen, Propineb. Alle diese Wirkstoffe werden weiterhin in den Ländern des Globalen Südens vermarktet, sodass es weiterhin an Informationen bedarf.

Bayer wäre transparent, wenn die auf der oben genannten Website erwähnten Wirkstoffe einer kompletten Liste aller von Bayer weltweit vermarkteten Wirkstoffe gegenübergestellt würden. So könnten bestehende Informationslücken erkennbar werden. Bei Wirkstoffen mit besonderem Gefahrenpotenzial muss Transparenz Vorrang haben. Die Bereitstellung der Sicherheitsdaten und -berichten zu Carbofuran, Fenamidone, Thiodicarb und Thiram muss Bayer dringend nachholen.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Aufsichtsrat der Bayer AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, den Vorstand anzuweisen und zu kontrollieren, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten transparent einzuhalten.

Missachtung der UN-Vorgaben bei menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten

Bayer erfüllt weiterhin nicht vollständig die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) an unternehmerisches Verhalten. Bayer belegt nicht ausreichend, wie und ob Menschenrechtsrisiken identifiziert, bewertet und minimiert werden. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Business & Human Rights Resource Centre und der ZHAW School of Management and Law. Die Ergebnisse der Studie sind hier zusammengefasst: https://www.business-humanrights.org/de/kurzbewertung-deutscher-unternehmen

Intransparente Kontrolle der Lieferketten
Um seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in Bezug auf die eigenen Lieferketten nachzukommen, hat Bayer 2019 insgesamt 712 Audits bei Zulieferern durchführen lassen. Doch über die Ergebnisse erfährt man erneut nichts Substanzielles – weder im Geschäftsbericht noch im Nachhaltigkeitsbericht. Bei 11 Lieferanten meldet Bayer „kritische Ergebnisse“. Ob es sich dabei um schwere Menschenrechtsverletzungen, unmenschliche Arbeitsbedingungen oder massive Umweltzerstörungen handelt, bleibt genauso unerwähnt wie der Name der betroffenen Zulieferer.

Direkte Treibhausgas-Emissionen um 35 Prozent gestiegen
Durch die Übernahme von Monsanto ist Bayer nicht mehr im Dow Jones Sustainable Index (DJSI World) gelistet. Bayer gibt eine negative Folge der Übernahme offen zu: „Der Anstieg der Treibhausgas-Emissionen ist auf die erste ganzjährige Erfassung an den Standorten des akquirierten Agrargeschäfts zurückzuführen.“ (S. 59 Geschäftsbericht 2019)

Die direkten Treibhausgas-Emissionen der Bayer-Produktion (Scope 1) stiegen im Vorjahresvergleich um 35 Prozent, von 1,5 Mio. Tonnen auf 2,03 Mio. Tonnen CO2 in 2019. Die gesamten Treibhausgas-Emissionen stiegen um 29 Prozent von 2,88 auf 3,71 Mio. Tonnen. Bayer selbst hat den Handlungsbedarf erkannt, doch sind die neuen Klimaziele alles andere als ambitioniert.

Bayers Klimaziele: nicht ambitioniert, ziellos im entscheidenden Bereich
Es ist nicht klar, ob Bayers Klimaziele im Einklang mit dem Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens stehen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Zwar lässt Bayer die eigenen Ziele nun von der Science Based Targets initiative (SBTi) wissenschaftlich überprüfen. Da Bayer aber nicht selbst verkündet, dass die Klimaziele mit dem 1,5-Grad-Ziel kompatibel sind, ist fraglich, ob Bayer sich an diesem Ziel oder an weniger ambitionierten Zielen orientiert hat. Dabei sind nur Maßnahmen für das 1,5-Grad-Ziel wirklich effektiv, die Risiken und Folgen des Klimawandels zu mindern.

Das Ziel von Bayer, bis 2030 klimaneutral zu werden, bezieht sich nur auf die eigenen Produktionsstandorte. Doch den entscheidenden, globalen Einfluss hat Bayer bei den Emissionen der eigenen Lieferketten und aus der Anwendung der Produkte und Technologien (Scope 3). Gerade der Sektor Landwirtschaft ist weltweit einer der größten Treibhausgas-Emittenten, und Bayer verdient weiter Geld mit industriell statt ökologisch orientierter Landwirtschaft.

Beim Scope 3 fehlt es schlicht an klaren Zielvorgaben, bis wann wie viel CO2 eingespart werden soll. Andere Unternehmen haben hier schon eindeutige Ziele formuliert. Im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht ist nur unpräzise davon die Rede, dass die CO2-Emissionen in der Lieferkette ein neuer Schwerpunkt im Lieferkettenmanagement werden soll.

Zu Tagesordnungspunkt 1: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, dass die Dividende auf 10 Cent je Aktie gekürzt wird. Der restliche Betrag wird für einen Fonds zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und Abmilderung ihrer ökonomischen Folgen bereitgestellt.

Begründung:

Die Miteigentümer*innen der Bayer AG können mit einem Dividenden-Verzicht von 2,70 Euro je Aktie einen Beitrag für die Bekämpfung der Corona-Pandemie und Abmilderung ihrer ökonomischen Folgen leisten.

Dies würde weniger der Wohltätigkeit, sondern vielmehr der Sozialpflichtigkeit von Eigentum nach Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes gerecht werden: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Zwar bezieht sich die vom Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagene Dividende auf den Geschäftserfolg von 2019, doch bedarf es in der aktuellen Corona-Krise schnelle, auch ungewöhnliche Bereitstellung finanzieller Mittel. Diese sollten nicht nur über Spenden, Kredite oder zu Lasten der Allgemeinheit gezahlt werden.

Der Großteil des aktuellen Bilanzgewinns soll für einen Fonds bereitgestellt werden, um weltweit kostenlose Tests auf das SARS-CoV-2-Virus, die Entwicklung eines Impfstoffes und die Behandlung von Coronavirus-Erkrankungen (COVID-19) insbesondere im Globalen Süden mitfinanzieren zu können. Bayer verfügt hierzu über besondere personelle und technische Ressourcen, die nun ohne Gewinnzwang oder Eigenwerbung genutzt werden können. Die Mittel sind mit unabhängiger Expertise und maßgeblicher, demokratischer Beteiligung der Zivilgesellschaft im Globalen Süden zu verwenden.

Darüber hinaus sind die Mittel zur Unterstützung derjenigen Wirtschaftsbereiche zu verwenden, die in Folge der Corona-Pandemie in Notlage geraten und eng mit Bayer verbunden sind. Darunter zählt der Erhalt von Arbeitsplätzen insbesondere in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft sowie eine klimafreundliche und sozial-ökologische Transformation von Bayers Lieferketten.

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  1. […] In unserem Gegenantrag zu TOP 2 kritisieren wir, dass Bayer in Ländern des globalen Südens mit schwächerer Pestizidregulierung Wirkstoffe vertreibt, die in der EU nicht genehmigt sind. So vermarktet Bayer in Brasilien mindestens elf und in Südafrika mindestens sechs Wirkstoffe, die in der EU nicht genehmigt sind. Die Leidtragenden von diesem Geschäftsmodell sind nicht nur (Klein-)Bäuerinnen und Bauern und Landarbeiter*innen, sondern auch indigene Gruppen, die etwa neben großen Soja-Plantagen in Brasilien wohnen, auf denen die entsprechenden Pestizide per Flugzeug ausgebracht werden. […]

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