Teilhabe von Frauen mit Ingenieurs-Qualifikation bei Bilfinger

Steckbrief des dib e.V.


Die genannten Zahlen wurden auf Nachfrage des dib bei der Jahreshauptversammlung vom Vorstand von Bilfinger bereitgestellt. Der deutsche ingenieurinnenbund (dib e.V.)befragte den Vorstand von Bilfinger nach Daten & Fakten zum Frauenanteil generell und zum Anteil von Frauen mit Ingenieurs-Qualifikation mit Führungsverantwortung im Unternehmen Bilfinger. Die Aktion erfolgt im Rahmen des Projektes „Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung“.

Bilfinger attestiert sich selbst in Bezug auf die “Teilhabe von Frauen” ein hohes Verbesserungspotential. Im Vergleich zu den Vorjahren sehen wir erfreulicher Weise eine höhere Bereitschaft, Zahlen zu nennen und die Situation zu analysieren.
Auch wenn Bilfinger in seinen Antworten darauf verweist, dass es ein diverses, frauenfreundliches und nicht diskriminierendes modernes Unternehmen ist, sprechen die Zahlen eine andere Sprache. Seit 2018 durchläuft Bilfinger mehrere Reorganisationen. Beispielhaft für die Führungsebene 2 lässt sich interpretieren, dass die Frauen davon nicht profitieren, sondern der Frauenanteil verringert wurde, sowohl in absoluten Zahlen als auch prozentual. Auf Führungsebene 2 sank der Frauenanteil seit 2018 von absolut 14 Frauen (11,7%) auf 4 Frauen (6,3 %) in 2021. Ein Phänomen, das häufig zu beobachten ist. Qualifizierte Frauen waren offensichtlich vorhanden, wurden aber nicht in Position gehalten.

Erstmalig hat Bilfinger Zahlen genannt für Führungskräfte in technisch dominierten Arbeitsfeldern. Für Außenstehende ist dabei nicht überprüfbar, wie diese Arbeitsfelder ausgewählt wurden. Von insgesamt 1238 Führungskräften sind 58 Frauen (4,6%). Berufsgruppenspezifische Angaben wurden nicht gemacht.

Wie bereits in den Vorjahren verweist Bilfinger in seinen Antworten auf Führungsentwicklungsprogramme mit entsprechend hohem Anteil an Frauen. Beispielhaft seien einige Zahlen wiedergegeben:
Talentprogramm mit 23% Frauenanteil, Bilfinger LeadershipProgramm mit 24% Frauenanteil, Senior LeadershipProgramm mit 27% Frauenanteil. Die Gründe, warum Bilfinger es nicht vermag, die potentiellen Kandidatinnen tatsächlich in Position zu bringen, kann Bilfinger nur selbst analysieren und dann konsequent Änderungen herbeiführen.

Auf Nachfrage nach dem Frauenanteil in “Executive Führungstrainingsprogrammen” nannte Bilfinger einen Frauenanteil von 6% (Executiv LeadershipProgramm). Viel eindeutiger kann ein Unternehmen sein Desinteresse an dem Thema nicht ausdrücken.

Die übrige Interpretation der gelieferten Zahlen ist schnell geliefert. Da, wo es gesetzliche Vorgaben zum Frauenanteil gibt (Aufsichtsräte 30% und  ab 2023 im Vorstand 30%) werden diese erfüllt. Darüber hinaus wird die Unterrepräsentanz von Frauen zwar eingestanden, aber es werden keine wirksamen Maßnahmen ab- und eingeleitet.

Es stellen sich daher viele Fragen:

  • Wieso nutzt Bilfinger das Potential an Führungskräften unter der gesamten Belegschaft nicht besser, obwohl wissenschaftliche Untersuchungen mittlerweile belegen, dass eine ausgewogene Mischung von männlichen und weiblichen Führungskräften die Effizienz von Unternehmen signifikant steigert?
  • Warum lässt das Unternehmen Bilfinger zu, dass eine vorwiegend männliche Führungsriege den überfälligen Kulturwandel zu einem modernen, diversen, offenen, globalen Unternehmen gegen jede Ratio blockiert?
  • Wie begründet Bilfinger die gleichbleibende und von anderen Unternehmen bereits widerlegte Aussage, dass eine Auswertung nach Berufsgruppen        nicht möglich ist? Was soll verborgen werden?
  • Wie ist es zu erklären, dass Bilfinger offenbar kein Interesse daran hat, Kennzahlen zu Ingenieuren/innen zu erfassen, obwohl gerade in           technischen Bereichen ein extremer Fachkräftemangel herrscht?
Steckbrief Bilfinger 2022
Mitarbeiter total29.756Bilfinger SE (Stichtag 31.12.2021)
davon weiblich           10,4 %  (absolut: 3108 Frauen)Bilfinger SE
Studierte Ingenieurinnen und Ingenieure absolut **Keine Angabe  Keine Angabe nach Berufsgruppen
davon weiblich absolutKeine Angabe“”
davon weiblich %      Keine Angabe“”
Führungskräfte in technikdominierten Arbeitsfeldern1238Bilfinger weist in der Antwort daraufhin, dass diese Führungskräfte nicht zwangsläufig einen Ingenieursabschluss haben
davon weiblich absolut58 
davon weiblich %      4,6 % 
Besetzung Aufsichtsrat mit Frauen33 % [30 %] 4 Frauen und 8 MännerDie Angaben in eckiger Klammer sind die gesetzlichen Zielvorgaben oder die selbstgesetzten und im Geschäftsbericht veröffentlichten Ziele.
Besetzung des Vorstandes mit Frauen33 % [30 %] 1 Frau, in einem 3 köpfigen GremiumStichdatum 31.12.21
Besetzung der Führungsebene 1 mit Frauen6 % [Ziel war 10 %]aus dem Geschäftsbericht
zum Stichtag 31.12.2021  
Besetzung der Führungsebene 2 mit Frauen8 % [ Ziel war 10 %]  aus dem Geschäftsbericht zum Stichtag 31.12.2021

Der Vollständigkeit halber sollen nachfolgend die selbst gesetzten und veröffentlichten Ziele der Gruppengesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen wiedergegeben werden. Sie zeigen leider die gleiche Handschrift und vervollständigen das traurige Gesamtbild.

Anteil Frauen inArnholdt [%]*1BET [%]*2BEM [%]*3
Geschäfts- führung0  [0 ] {10}0 [0] {10}0 [0] {10}
Führungsebene 18 [9] {11}12 [15] {k.A.}*417 {23}
Führungsebene 20 [0] {0}18 [20] {k.A.}16 {14}

Die Angaben in eckiger Klammer sind die gesetzlichen Zielvorgaben oder die selbst gesetzten und im Geschäftsbericht veröffentlichten Ziele für das Jahr 2021. Die Angaben in geschweiften Klammern geben die Ziele für 2023 wieder.

*1 Quelle: http://www.arnholdt.bilfinger.com/karriere/chancengleichheit/

*2 Quelle: http://www.bet.bilfinger.com/karriere/diversity/

*3 Quelle: https://bem.bilfinger.com/karriere/chancengleichheit/

*4 k.A. steht für keine Angabe.

Veröffentlichung des deutschen ingenieurinnenbund e.V. (dib) in Zusammenarbeit mit dem Dachverband kritischer Aktionäre

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Projektbeschreibung: Auftritt bei Hauptversammlungen mit Fragenkatalog zu Frauen und Ingenieurinnen in Führungspositionen.

Ziel: Der dib e.V. hat das Ziel den Anteil von Frauen in den technischen Bereichen von Wissenschaft, Privatwirtschaft und Behörden zu erhöhen – nach dem Motto „Ohne Frauen fehlt der Technik was“. Aktionärinnen des dib e.V. besuchen seit mehreren Jahren die Hauptversammlungen von technologieorientierten Unternehmen und stellen dort Fragen zum Frauenanteil in Aufsichtsrat, Vorstand, oberen Führungsebenen und zu Ingenieurinnen auf Arbeitsebene und Führung.

Zielgruppe: Zielgruppe sind DAX-Konzerne mit technologischem Schwerpunkt. 
www.dibev.de

Dr.-Ing. Dagmar Ludewig

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