Einkäufe in China bergen hohes Risiko von Zwangsarbeit in der Lieferkette

Gegenanträge des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
zur Hauptversammlung der BMW AG am 15.5.2024

Protest von Fridays for Future während der BMW-Hauptversammlung 2023 in München

Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 2: Verwendung des Bilanzgewinns

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die von Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns abzulehnen.

Begründung:

Die vorgeschlagene Dividende von 6,00 Euro je dividendenberechtigter Stückaktie und somit auch die diesjährige Ausschüttungsquote von 33,7 Prozent sind zu hoch. Angesichts des Investitionsbedarfs in Klima- und Umweltschutz sowie in nachhaltige Elektromobilität fordert der Dachverband, die Ausschüttung der Dividende auf 0,10 Euro je Aktie zu begrenzen.


Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2023 nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand der BMW AG kommt seiner Verantwortung nicht nach, wirksamere Maßnahmen für Klimaschutz und Menschenrechte zu ergreifen und wird somit den großen gesellschaftlichen Herausforderungen nicht ausreichend gerecht.

Weiterhin ein hohes Risiko von Zwangsarbeit in den Lieferketten der Automobilkonzerne
Der Großteil der Einkäufe der BMW Group im Jahr 2023 stammte aus China: 17,4 Prozent. Damit riskiert des BMW Management weiterhin menschenunwürdige Arbeitsverhältnisse und Menschenrechtsverletzungen in der eigenen Lieferkette.  BMW wird damit den Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) nicht ausreichend gerecht.

Laut eines im Dezember 2022 veröffentlichten Berichts der Sheffield University wird in der gesamten Lieferkette der Automobilindustrie in der chinesischen Region Ostturkestan uigurische Zwangsarbeit eingesetzt – auch bei Zulieferern von BMW. Dort werden Millionen von Uigur*innen unter grausamsten Bedingungen in Internierungslagern festgehalten und Hunderttausende von ihnen sind der Zwangsarbeit ausgesetzt. Immer häufiger werden neben diesen Lagern Fabriken errichtet, in denen Inhaftierte zu niedrigsten Löhnen Zwangsarbeit verrichten müssen. Laut dieses Berichts pflegen die drei Automobilhersteller BMW, VW und Mercedes-Benz Lieferbeziehungen zu Unternehmen, die möglicherweise in Zwangsarbeit verwickelt sind.

Das European Center for Constitutional and Human Right (ECCHR) hat gegenüber den Autokonzernen BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen bereits 2023 bei dem für die Überwachung des Lieferkettengesetzes zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eine Beschwerde eingereicht. Bis heute konnten „die drei Autohersteller nicht glaubhaft belegen, dass sie uigurische Zwangsarbeit in ihren Lieferketten ausschließen können“, sagte der Präsident des Weltkongresses der Uiguren, Dolkun Isa gegenüber Table.Media. Der Bericht „Asleep at the Wheel: Car Companies‘ Complicity in Forced Labor in China“[1] aus diesem Jahr belegt, dass die Automobilkonzerne bis heute noch immer keine angemessenen Maßnahmen ergriffen haben, sich vom Risiko uigurischer Zwangsarbeit in Ihren Aluminiumlieferketten freizumachen oder dieses zu minimieren. Noch haben sie spezifische Pläne vorgelegt, wie sie zukünftige Menschenrechtsverstöße in ihren eigenen Lieferketten verhindern und beseitigen wollen. Das widerspricht einem aktuellen Themenschwerpunkt im Einkauf und Lieferantennetzwerk der BMW Group, „soziale und ökologische Standards im Lieferantennetzwerk […] verankern“ zu wollen (siehe Geschäftsbericht 2023).

Ineffektive Klimaschutzmaßnahmen
Die BMW Group lobt sich im aktuellen Geschäftsbericht damit, dass das Produktionsvolumen im Geschäftsjahr 2023 stark zugenommen hat. Zwar sank durch die damit „verbundene bessere Auslastung der Werke“ der „spezifische Energieverbrauch in der Fahrzeugproduktion im Vorjahresverbrauch je produziertes Fahrzeug“, allerdings, wie das Unternehmen selbst zugibt, lag der absolute Energieverbrauch in der BMW Group 2023 über dem des Vorjahres. Zudem ist eine Reduktion des Energieverbrauchs pro produziertes Fahrzeug um 0,07 MWh im Vergleich zu 2019 relativ gering. Nicht zuletzt blieben die absoluten CO2-Emissionen an allen Standorten der BMW Group auf dem Vorjahresniveau.

Die BMW Group will bis zum Jahr 2030 die Scope 1- und Scope 2-Emissionen je produziertem Fahrzeug im Vergleich zu 2019 im Durchschnitt um 80 Prozent reduzieren. Ein umfassender Plan, inwiefern BMW auch die Scope 3-Emissionen senken will, ist im Geschäftsbericht 2023 nicht zu finden.  Dabei muss für den gesamten CO2-Fußabdruck der BMW Group die gesamte Lieferkette betrachtet werden: die Gewinnung der Rohstoffe, die eigentliche Fahrzeugproduktion, die Nutzungsphase der Fahrzeuge und deren Recycling. Hinzu kommt, dass BMW lediglich das Ziel verfolgt, „die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern“ – ein nicht besonders spezifisches und ambitioniertes Klimaziel. Dies hat einen Grund: Im Vergleich zu bspw. Volkswagen hält BMW weiterhin am Verbrennungsmotor fest und verkauft dies als Technologieoffenheit.

Der Anteil vollelektrischer Fahrzeuge am Gesamtabsatz des Konzerns lag Ende 2023 bei lediglich 15 Prozent. Dass dies relativ gering ist, hat auch die Ursache darin, dass der Marktanteil deutscher Autobauer in China stetig abnimmt, was sich auch auf die sinkende Nachfrage nach Verbrennern in China zurückführen lässt. Denn zwar liegen die deutschen Automobilkonzerne, darunter BMW, mit Verbrennern in Bezug auf den Marktanteil in China vorn, doch steigt die Nachfrage nach batterieelektrischen Pkw rasant. Auf dem schnell wachsenden Markt für E-Autos gelingt es BMW  bisher offenbar nicht, sich gegenüber der chinesischen Konkurrenz hervorzuheben.


Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2023 nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Aufsichtsrat wird seiner Pflicht, den Vorstand zu kontrollieren, nicht gerecht. Offenbar sind die Anreize für eine umweltfreundlichere Produktionsweise zu sorgen, zu gering.

Weiteres Festhalten an der Produktion von Plug-in Hybriden trotz schlechter Umweltbilanz
Ohne massive Förderung sind die Fahrzeuge mit Plug-in Hybrid für die Kund*innen nicht attraktiv. Sie sind teuer und haben nur eine geringe elektrische Reichweite. BMW (aber auch VW und Mercedes-Benz) haben sich mit ihren teilelektrischen Modellen verkalkuliert. Der Verkauf stockt. Im Vergleich zu 2022 ging die Anzahl der Neuzulassungen in Europa im Vergleich zum Vorjahr um rund sieben Prozent zurück. Zudem weichen bei Plug-in Hybriden Norm- und Realwerte weit voneinander ab. Kürzlich veröffentlichte Zahlen der europäischen Umweltagentur für das Jahr 2022 zeigen, dass der durchschnittliche Realverbrauch eines Plug-in Hybriden bei 5,94 Litern pro 100 Kilometer liegt und damit um 251,9 Prozent über den Angaben nach dem offiziellen Prüfzyklus WLTP. Auch wenn diese Zahl nicht eins zu eins auf BMW anzuwenden ist, zeigt sie das Problem der Plug-ins bei den offiziellen Verbrauchs- und damit auch CO2-Werten anschaulich auf. Ohne zu berücksichtigen, dass Plug-in Hybride keine klimaneutrale Lösung darstellen, hält BMW in seinem Geschäftsbericht 2023 jedoch weiterhin fest: „Plug-In-Betriebe leisten einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der weltweiten CO2-Emissionen.“


Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 7: Billigung des Vergütungsberichts

Der Dachverband von kritischen Aktionärinnen und Aktionären beantragt, den Vergütungsbericht nicht zu billigen.

Begründung:

Die Klimaschutzmaßnahmen des Vorstands der BMW Group sind unzureichend. Die Vergütung gibt keinen Anreiz, glaubhafte Emissionsreduktionsmaßnahmen und umfassende Maßnahmen zur Wahrung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten entlang der „eigenen automobilen Wertschöpfungskette“ zu ergreifen.

Variable Vergütung gibt kaum Anreiz zu tatsächlichem Klimaschutz
Es bleibt fraglich, inwiefern die Klimaziele des Unternehmens glaubwürdig mit den Wachstumsambitionen vereinbar sind und inwiefern die konzerneigenen Zwischenziele bis 2030 ausreichen. Die Vergütung gibt kaum Anreize, spezifische Scope 1, 2 und 3-Emissionreduktionsziele festzulegen und tatsächliche Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Denn die ESG-Maßnahmen machen keinen besonders großen Teil der variablen Vergütung aus. Zudem stellen die „Innovationsleistungen“ wie die Erhöhung des „Absatzanteils vollelektrischer Fahrzeuge“ eines der größten ESG-Ziele dar. Dies impliziert, dass BMW zum großen Teil die Elektrifizierung seiner Fahrzeuge als klimaneutrale Lösung im Rahmen seines konzerneigenen Klimaziels versteht, ohne dabei jedoch anzuerkennen, dass lediglich eine Elektrifizierung der Automobile nicht der Weg hin zu einer zukunftsfähigen klimaneutralen und umweltverträglichen Mobilität sind. Somit wirkt das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 doch eher wie ein Versuch, sich von der eigenen Verantwortung grün zu waschen.


[1] https://www.hrw.org/de/news/2024/02/01/china-carmakers-implicated-uyghur-forced-labor

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.kritischeaktionaere.de/bmw/einkaeufe-in-china-bergen-hohes-risiko-von-zwangsarbeit-in-der-lieferkette/