Hallo,
ich bin Ronja Hofmann, Klimaaktivistin und Sprecherin von Fridays for Future. Ich kann hier heute sprechen, weil die Kritischen Aktionäre mir ihre Rederechte übertragen haben, dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken.
Vieles, was ich Ihnen heute sagen könnte, wird Ihnen nicht neu sein. Ich muss Ihnen nicht erzählen, wie dramatisch die Lage ist. Das Wissen über die Klimakrise ist seit Jahrzehnten öffentlich verfügbar – und auch, wie groß die Verantwortung von Konzernen wie BMW in dieser Krise ist.
Diesen Satz habe ich bereits vor einem Jahr gesagt, und trotzdem stehe ich hier. Ich stehe hier, weil Sie mir keine Wahl lassen. Weil ich nicht wählen kann zwischen einer guten, sicheren Zukunft und einer katastrophalen. Dafür, dass ich letzteres haben werde, sorgen auch Sie.
Noch – aber das kann sich ändern, und deshalb stehe ich hier. Als junger Mensch, der nicht länger hinnimmt, dass Unternehmen wie Ihres meine Zukunft zerstören.
Das Pariser Klimaabkommen ist kein unverbindlicher Vorschlag, es ist Gesetz. Die darin festgeschriebenen 1,5 Grad sind ein Limit, das wir nicht überschreiten dürfen. Es einzuhalten, ist die Pflicht jedes Staates und damit auch Deutschlands. Bemühungen gibt es in den verschiedensten Bereichen – außer, so scheint es, im Verkehrssektor. Ihr Anteil an den Gesamtemissionen ist zwischen 1990 und 2022 von 13% auf fast 20% gestiegen[1]. In der EU ist der Straßenverkehr für gut ein Viertel des gesamten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Der Großteil dieser Emissionen entfällt mit etwa 60 Prozent auf den Pkw-Verkehr. Die Anzahl PKW pro Einwohner steigt seit Jahren ununterbrochen in der EU – aber vor allem auch in Deutschland.[2] Und nein, das liegt nicht daran, dass sich wesentlich mehr Haushalte ein Auto leisten können, es liegt daran, dass sich immer mehr Haushalte einen Zweit- oder Drittwagen zulegen.
Herzlichen Glückwunsch, ihre Lobbyarbeit scheint Wirkung zu zeigen. Nicht umsonst haben Sie bei BMW 2007 den Worst EU Lobbying“-Award erhalten.))
Immer wieder versuchen Sie Klimaschutz aktiv durch Lobbyarbeit zu verhindern, indem Sie sich z.B. bei der EU-Verkehrskomissarin für ein späteres Verbrenner-Aus eingesetzt haben.
Die Folgen solcher Lobbyarbeit sehen wir auf EU-, aber auch auf Bundesebene. Verkehrsminister Wissing verfehlt Jahr um Jahr die Klimavorschriften in seinem Bereich, ja im Verkehrsbereich bekommen Menschen durch Subventionen sogar regelrecht eine Umwelt-Zerstörungsprämie.
Bis zu 645€ pro ausgestoßener Tonne CO2 bekommen Personen z.B. durch das Dienstwagenprivileg vom Staat, also uns allen, geschenkt. Und das Dienstwagenprivileg ist nicht die einzige absurde Subvention, die Dieselvergünstigung und die Entfernungspauschalen sind weitere Beispiele, dafür, dass Menschen von uns allen dafür bezahlt werden, dass sie unsere Zukunft zerstören. Das ist angesichts der Klimakrise nicht nur ein Desaster, es ist schlicht Marktverzerrung und Planwirtschaft.
Wo bleibt ihre öffentliche Positionierung gegen solche Steuerverschwendungen? Geld, das stattdessen in den Ausbau des ÖPNVs oder der Windenergie gesteckt werden kann. Denn auf diese sind sowohl Sie als Unternehmen, wollen Sie in einer klimaneutralen Zukunft weiter existieren, angewiesen, als auch ihre Kund*innen, wollen sie mit Elektroautos fahren.
Wir alle wissen um die Realität der Klimakrise und wir wissen, dass es nicht hilft, die Augen zu verschließen oder zu hoffen, dass die Katastrophen verschwinden, wenn es nur genug Märchen über Nachhaltigkeitsstrategien aus der Marketingabteilung gibt.
Ich spreche heute zu Ihnen, nicht nur als Aktionär*innen. Ich weiß, Sie sind so viel mehr. Vielleicht sind sie Vater oder Mutter, und wünschen sich, dass ihre Kinder eine lebenswerte Zukunft haben. Vielleicht haben Sie Eltern, oder sogar noch Großeltern, die schon jetzt von der Klimakrise besonders betroffen sind, weil sie unter den Hitzewellen im Sommer leiden. 3200 Hitzetote zählte das RKI [3]vergangenes Jahr. 3200. Zum Vergleich 2023 starben 2830 Menschen [4]bei Verkehrsunfällen. Sie können ihren Job also noch so gut machen und noch so sichere Autos zu bauen, Sie sind trotzdem für den Tod von 3200 Menschen pro Jahr mitverantwortlich.
Können Sie das mit Ihrem Gewissen vereinbaren?
Beteiligen sie sich nicht länger an den Verbrechen an mir und künftigen Generationen. Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass uns jungen Menschen unsere Freiheit geraubt wird, aber es ist nicht nur unsere Freiheit, es ist unsere Lebensgrundlage. Es ist das Leben von 3200 Menschen in Deutschland pro Jahr und von vielen, vielen weltweit, die in keiner Statistik auftauchen. Sie sind verantwortlich. Sie sind Treiber des fossilen Weiter-so.
Noch, möchte ich sagen. Noch.
Hören Sie auf mit dieser Zerstörung. Hören Sie auf immer weiter Verbrenner zu verkaufen und steigen Sie bis 2030 allerspätestens vollständig aus. Hören Sie auf, fossile Energieträger zu verharmlosen und zu verherrlichen. Reduzieren Sie ernsthaft ihre Emissionen, anstatt sich mit Zertifikaten freizukaufen.
Statt in immer neue Greenwashing-Marketingstrategien zu investieren, fangen Sie endlich an, tatsächliche Strategien zur Emissionsreduktion umzusetzen. Fangen Sie, liebe Aktionär*innen, jetzt damit an, indem Sie für die Anträge der Kritischen Aktionär*innen stimmen. Lehnen Sie die Verwendung der Bilanzgewinne und die Entlastung der Vorstands- und der Aufsichtsratsmitglieder ab und billigen Sie den Vergütungsbericht nicht.
Vielleicht muss ich dann nächstes Jahr nicht mehr hier stehen. Es liegt in Ihrer Hand. Handeln Sie.
Fragen:
- Wie stehen Sie zu Marktverzerrung und Planwirtschaft? Wollen Sie sich dafür einsetzen, dass marktverzerrende Instrumente wie das Dienstwagenprivileg abgeschafft werden?
- Ihre Nachhaltigkeitsversprechen sind mit ihrer Lobbyarbeit nicht vereinbar. Wann treten Sie aus Lobbyverbänden wie VDA, SIAM und NAM aus?
- 17,4% der Einkäufe von BMW stammen aus China. Laut eines im Dezember 2022 veröffentlichten Berichts der Sheffield University wird in der gesamten Lieferkette der Automobilindustrie in der chinesischen Region Ost-turkestan uigurische Zwangsarbeit eingesetzt – auch bei Zulieferern von BMW. Ich frage Sie, können Sie uigurische Zwangsarbeit ausschließen?
[1] Emissionen des Verkehrs | Umweltbundesamt
[2] Pkw-Dichte im Jahr 2022 erneut auf Rekordhoch – Statistisches Bundesamt (destatis.de)
[3] RKI – Gesundheitliche Auswirkungen von Hitze – Wochenbericht zur hitzebedingten Mortalität
[4] Unfallbilanz 2023: 42 Verkehrstote mehr als im Vorjahr – Statistisches Bundesamt (destatis.de)