„Solange Rheinmetall weiter Despoten aufrüstet, dürfen Sie dem Konzern keine Bühne bieten, sein Image aufzupolieren!“: Rede von Barbara Happe

Sehr geehrte Damen und Herren, werte Aktionärinnen und Aktionäre,

mein Name ist Barbara Happe, ich bin Vorständin der Kritischen Aktionär*innen. Eigentlich bin ich bei Hauptversammlungen von Finanz- und Rüstungskonzernen aktiv – dass ich heute hier bei der BVB-HV spreche, hätte ich nicht erwartet.

Fußball spielt in meinem Leben eine wichtige Rolle. In den letzten 20 Jahren war ich fast jedes Wochenende auf Fußballplätzen, um meine Kinder anzufeuern. Auch im Signal Iduna Park war ich bereits des Öfteren – mit großem Vergnügen.

Fußball verbindet – er vermittelt Werte wie Gemeinschaft, Fairness und Verantwortung. Doch genau diese Verantwortung, die auch im Werbeslogan von Rheinmetall, „Taking Responsibility“, beschworen wird, steht im krassen Widerspruch zur Realität von Teilen der Geschäfte des Rüstungskonzerns.

Deshalb stehe ich heute hier, um den Antrag auf Nicht-Entlastung des Vorstandes zu stellen.

Der Grund: Der Sponsoring-Deal des BVB mit Rheinmetall, Deutschlands größtem Rüstungskonzern. Wir halten das für unverantwortlich.

Lassen Sie mich erklären, warum.

Seit vielen Jahren besuchen wir regelmäßig die Hauptversammlungen von Rheinmetall. Wir  analysieren Geschäftsberichte, verfolgen Investorenmeetings und recherchieren zu Geschäften des Konzerns.

Zehn Jahre, in denen der Konzern sich nicht als Schützer von Demokratie und Menschenrechte präsentiert hat.

Zehn Jahre, in denen jede Aufforderung, keine Despoten mehr zu beliefern mit der Antwort abgeschmettert wurde, dass man sich den Investoren gegenüber verpflichtet fühle, die „zu recht eine Strategie erwarten, die auf Wachstum ausgerichtet ist“.

Zehn Jahre, in denen der Konzern aggressiv gegen jede Art von Exportrestriktionen lobbyiert und klagt, wenn für bestimmte Exportgeschäfte die Genehmigung aus humanitären oder völkerrechtlichen Gründen auf Eis gelegt wird.

Zehn Jahre, in denen wir immer wieder gesehen haben, dass es Rheinmetall nicht um die Stärkung oder Verteidigung der Demokratie  geht – sondern um Profit.

  • In Russland wollte Rheinmetall auch nach der Krim-Annexion 2014 ein Gefechtsübungszentrum liefern, das 30.000 Soldaten pro Jahr hätte ausbilden können. Nach dem Verbot durch die Bundesregierung klagte der Konzern, „um mögliche Schäden für die Aktionär*innen zu minimieren“.
  • Um auch Krisenregionen aufrüsten zu können, umgeht Rheinmetall deutsche Exportregeln über Joint Ventures in Ländern mit laxeren Exportregeln. Von dort beliefert der Konzern dann autokratische Regime mit Munition und Waffen – so z.B. über Südafrika und Italien Saudi-Arabien während des Jemen-Krieges. Auf der Hauptversammlung 2019 war eine Vertreter*in einer jeminitischen Menschenrechtsorganisation, die über den Tod von Zivilist*innen durch Rheinmetall-Munition berichtete. Den Konzern kümmerte das nicht – er lobbyierte weiter für die Aufhebung von Ausfuhrstopps gen Saudi-Arabien (z.B. vom Standort Südafrika aus) trotz des Krieges im Jemen.
  • Ganze Munitionsfabriken hat der Konzern in den letzten Jahren in Länder wie Ägypten, VAE, Saudi-Arabien aufgebaut – tickende Zeitbomben! Auch hier kein Einsehen seitens der Konzernspitze, künftig auf derartige Geschäfte verzichten zu wollen.
  • Ungarn hat der Konzern jüngst zum „Heimatmarkt“ erklärt – und baut dort diverse Rüstungsfirmen – ungeachtet der Tatsache, dass die Regierung Orban seit Jahren Demokratie und Rechtsstaatlichkeit demontiert und auch im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine vieles boykottiert.

Kurz: Rheinmetall rüstet weiter Despoten auf – und das, obwohl die Geschäfte in Europa mittlerweile boomen. Das Unternehmen setzt skrupellos auf Profit, auch auf Kosten von Menschenrechten. Auf der letzten Hauptversammlung betonte Papperger lapidar, dass die Geschäfte mit Nicht-Demokratien ja nur noch 5-10% des Gesamtgeschäftes ausmachen….

5 % bedeuten in Menschenleben unvorstellbares Leid.

In absoluten Zahlen ist dieses tödliche Geschäft zudem unverändert hoch – und steht sinnbildlich für Rheinmetalls Prioritätensetzung: Profit vor Verantwortung.

Der BVB betont, er habe rote Linien und übernehme gesellschaftliche Verantwortung. Doch wie passt dazu, einem Konzern wie Rheinmetall eine Bühne zu bieten? Dessen Werbeslogan „Taking Responsibility“ wirkt zynisch für die Opfer von Rheinmetall-Waffen weltweit.

Sie sagen auch, dass Sie vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine nicht auf die Idee gekommen seien, über ein solches Sport-Sponsoring nachzudenken und dass sich seitdem der Diskurs verändert habe. Das ist richtig! ABER: solange dieser Konzern weiter Despoten aufrüstet, dürfen Sie dem Konzern keine Bühne bieten, sein Image aufzupolieren.

Rheinmetall liefert Waffen, wo die Nachfrage am höchsten ist – unabhängig von den Folgen. Bis vor wenigen Jahren stand das jedes Jahr explizit im Geschäftsbericht.  Rheinmetall hält an dieser Strategie fest, obwohl der Konzern früher immer gesagt hat, er sei aufgrund der schlechten Auftragslage in Deutschland und von anderen EU-Staaten darauf angewiesen, derartige Exporte mit Drittstaaten zu tätigen, um als Konzern überleben zu können. Jetzt boomt das Geschäft hierzulande und trotzdem gehen die Geschäfte mit Despoten in absoluten Zahlen nicht zurück: Panzer und Munition landen in Krisengebieten und bei mehr als fragwürdigen Regimen in Ägypten, Saudi-Arabien oder Ungarn. Das ist kein Beitrag zu Demokratie oder Menschenrechtsschutz.

Ich hoffe, dass diese Ausführungen Ihnen hinreichend belegen, dass Ihr Werbedeal mit Rheinmetall keinen Beitrag zur Demokratie leistet. Rheinmetall verdient die Unterstützung des BVB nicht, solange der Konzern dieses tödliche Geschäftsmodell verfolgt. Die Waffenlieferungen an die Ukraine dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Konzern keine Skrupel bei der Aufrüstung von Despoten kennt. Tragen Sie nicht dazu bei, derartiges Geschäftsgebaren salonfähig zu machen.

Meine Fragen:

  1. Benennen Sie bitte die „roten Linien“ des BVB im Zusammenhang mit der Anwerbung von Sponsoren. Welche Länder oder Sparten schließen Sie kategorisch aus?
  2. Was denken Sie über den Vorschlag aus der Mitgliederversammlung, sich verbindliche Richtlinien für künftige Sponsorenverträge zu geben?
  3. Wie haben die übrigen Sponsoren des BVB auf die Nachricht des Werbedeals mit Rheinmetall reagiert?
  4. Wer hat den Deal initiiert – der BVB oder Rheinmetall?
  5. Inwiefern hat der BVB eine Analyse des gesamten Geschäftsmodells des Konzerns Rheinmetall vorgenommen, bevor er den Werbedeal eingegangen ist?
  6. Sie haben jetzt für nächstes Jahr eine Online-Befragung der Mitglieder angekündigt. Versuchen Sie jetzt aber bitte nicht, sich hier aus der Verantwortung zu stehlen und solange zu wählen, bis das Ergebnis stimmt. Das Mitgliedervotum gestern auf der Mitgliederversammlung war eindeutig gegen diesen Werbedeal. Inwiefern gedenken Sie, Aktionär*innen und Mitglieder/Fans bei der Ausgestaltung der Befragung miteinzubeziehen?

Liebe Mitaktionär*innen, stimmen Sie mit mir gegen die Entlastung des Vorstandes. Dieser Deal widerspricht den Werten, für die der BVB und seine Fans stehen.

Zum Abschluss überreiche ich Ihnen, Herr Watzke, 23.000 Unterschriften, die wir in den letzten zwei Wochen gegen diesen Sponsoring-Deal gesammelt haben. Mögen sie diese, zusammen mit dem Mitgliedervotum von gestern gegen diesen Werbedeal, zum Umdenken motivieren.

Vielen Dank!

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