Nachhaltigkeitsrichtlinien weiterhin mit vielen Lücken: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand der Commerzbank AG wird seiner Verantwortung zum Klima- und Umweltschutz nicht gerecht.

Öl- und Gasrichtlinien verschont Bestandskunden

Im September 2024 hat die Commerzbank federführend mit der Deutschen Bank eine Anleihe für BP Capital Markets emittiert[1]. BP gehört zu den ‚Oil Majors‘, den größten Ölkonzernen weltweit. Die Expansionspläne im Öl- und Gassektor verstoßen gegen das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens, die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Sie überschreiten das Netto-Null-Szenario der IEA[2] um mehr als 70 Prozent[3]. Zum Zeitpunkt der Anleihen Emission durch die Commerzbank war schon bekannt, dass BP mehr in Fossile als in Erneuerbare investiert und seine selbst gesetzten Klimaziele, die CO2-Emissionen bis 2030 um 35 Prozent zu reduzieren, auf 20-30 Prozent abgeschwächt hat[4].

Doch damit nicht genug: Diesen Januar hat BP einen Strategiewechsel verkündet und will wieder – auch mit dem Geld der Commerzbank – mehr in Öl und fossiles Gas investieren. Die Commerzbank hat zwar eine Öl- und Gas-Policy, die Expansion berücksichtigt, doch fallen Bestandskunden wie BP – und wahrscheinlich ein Großteil der Öl- und Gasindustrie – nicht unter dieser Regelung.

Die Commerzbank muss dringend ihre Richtlinie für den Öl- und Gasbereich entsprechend des 1,5°C-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens nachschärfen. Für Bestandskunden gibt es weiterhin keinerlei Unternehmensausschlüsse, weder für Öl- und Gasunternehmen auf Expansionskurs, noch für Unternehmen ohne 1,5°C-kompatiblen Transformationsplan.

Nachhaltigkeitsrichtlinien weiterhin mit vielen Lücken

Im Vergleich mit den Nachhaltigkeitsrichtlinien anderer Banken steht die Commerzbank weiterhin nicht gut da. Im aktuellen Fair Finance Guide[5] wird deutlich, wo die Probleme liegen: Die Richtlinien der Commerzbank zum Bergbausektor sind sehr schwach. Es gibt nur eine vage Verpflichtung zur Berücksichtigung von Umweltverschmutzung. So fehlen unter anderem Richtlinien für einen schonenden Rückbau von Minen und der Wiederherstellung von Ökosystemen. Auch die Förderung und der Handel mit sog. Kriegsmineralien wird nicht ausgeschlossen. So werden Zertifizierungsstandards leider nur für Gold und nur im eigenen Handel der Commerzbank eingefordert, nicht aber von Unternehmen, denen die Bank Kapital zur Verfügung stellt. Obwohl die Commerzbank auf Zertifizierungen zur Vermeidung von Entwaldung richtet, wird hier die Lieferkette aber nicht genug berücksichtigt, da sie sich nur an die Holzproduzenten, nicht aber an Händler*innen oder andere Unternehmen in der Produktkette richtet. Es fehlt der Bezug zu wichtigen Grundsätzen im Naturschutz, wie beispielsweise die Berücksichtigung von Mindeststandards bei Produktion und Handel mit genetisch modifizierten Organismen, beim Schutz und Handel bedrohter Tier- und Pflanzenarten oder die besondere Sorgfaltsprüfung von Aktivitäten in Regionen mit Wasserknappheit. Auch erwartet die Commerzbank von Unternehmen nicht, dass sie die Einhaltung von Naturschutzkriterien in ihrer Zulieferkette überprüfen. Darüber hinaus fehlt es an Erwartungen an kunststoffproduzierende Unternehmen, ihre Plastikproduktion einzudämmen bzw. generell an Unternehmen, ihren Plastikverbrauch offenzulegen und zu reduzieren.

Zu Tagesordnungspunkt 12: Beschlussfassung über eine Änderung der Satzung hinsichtlich der Ermächtigung zur virtuellen Hauptversammlung

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Beschlussvorschlag abzulehnen, den Vorstand erneut zu bevollmächtigen, über die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung entscheiden zu können.

Begründung:

Unsere Begründung, warum wir diese Ermächtigung des Vorstands ablehnen, bleibt auch nach zwei Jahren Erfahrungen mit virtuellen Hauptversammlungen unverändert: Das Format und die Art und Weise, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betreffen elementare Aktionärsrechte. Daher sollte die Hauptversammlung – und nicht der Vorstand – darüber entscheiden, zu welchen Bedingungen bzw. in welchem Format zukünftige Hauptversammlungen durchgeführt werden sollen.

Die Hauptversammlung sollte darüber entscheiden können, ob als weitere Option ein hybrides Format umgesetzt werden soll, welches die Vorteile einer Präsenz-Hauptversammlung mit jenen einer rein virtuellen Veranstaltung vereint.

Höchst problematisch ist allgemein das von Aktionärsseite schwindende Interesse an Hauptversammlungen, wenn diese nur virtuell stattfinden. Viele schalten ihren Computer erst gar nicht an, dies ist auch ein Abstimmen mit den Füßen über dieses Format.

Daher begrüßen wir auch die Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat, die diesjährige Hauptversammlung wieder in Präsenz durchzuführen.


[1] https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/BP-PLC-9590188/news/Anleihe-BP-Capital-Markets-nimmt-285-Mio-Franken-fur-7-Jahre-auf-47917476/

[2] Dies beschreibt, was mindestens notwendig ist, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten. Basierend auf dem ursprünglichen, 2021 von der IEA veröffentlichten und 2022 aktualisierten Szenario, das besagt, dass es für das Erreichen einer 1,5-Grad-Welt keine Genehmigung neuer Öl- und Gasfelder nach 2021 geben darf. Vgl. IEA (2022), S. 133: https://iea.blob.core.windows.net/assets/830fe099-5530-48f2-a7c1-11f35d510983/WorldEnergyOutlook2022.pdf

[3] https://www.urgewald.org/medien/global-oil-gas-exit-list-2024-milliardenschwere-buerde-fuer-klimaverhandlungen

[4] https://www.theguardian.com/us-news/2023/jul/16/big-oil-climate-pledges-extreme-heat-fossil-fuel

[5] https://www.fairfinanceguide.de/ffg-d/banken/commerzbank/

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