Hauptversammlung am 15. Mai 2024: Transformation in eine emissionsfreie Zukunft wird bei dem Lkw- und Bushersteller erst 2050 vollzogen sein
Die Daimler Truck AG gibt sich bei den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz selbstbewusst: „Wir wollen den nachhaltigen Transport anführen“, lautet die Aussage in einem Image-Video des Konzerns. „Rund um den Globus bringen wir emissionsfreie Fahrzeuge auf die Straße, in Amerika, in Europa und im Asien-Pazifik-Raum. … Und wir haben noch mehr vor: Wir wollen die Dekarbonisierung weiter beschleunigen und damit die Klimawende bremsen.“ Angesichts immer strengerer ESG-Vorgaben muss der Lkw- und Bushersteller nachhaltiger werden. Laut eignen Angaben hat Daimler Truck seine CO2-Emissionen in der Produktion zwischen 2021 und 2023 weltweit um 23,8 Prozent reduziert. CO2-neutral wird der Konzern, der 2021 als Abspaltung der Daimler AG entstand und an die Börse ging, allerdings erst 2050 sein.
Derzeit 10 batterieelektrische Modelle im Angebot
Daimler Truck verfolgt dabei eine Doppelstrategie: Batterie- und Wasserstoff-Antrieb. 2017 hat die damalige Lkw-Sparte von Daimler den ersten batterieelektrischen Lkw auf den Markt gebracht. „Heute sind es schon zehnemissionsfreie Lkw und Busse, die wir unseren Kunden als Serienmodelle anbieten“, heißt es im Geschäftsbericht 2023 von Daimler Truck. „Bislang sind unsere emissionsfreien Fahrzeuge für den urbanen und regionalen Transport ausgelegt. Weil sich Batterietechnologie und Ladeinfrastruktur erst entwickeln müssen, ist dies der erste sinnvolle Schritt. Den nächsten großen Schritt planen wir für dieses Jahr [2024, Ergänzung des Dachverbands] mit der Markteinführung unseres Mercedes-Benz eActros 600, der mit einer Reichweite von 500 Kilometern für die Langstrecke konzipiert ist.“
Ein mit Brennstoffzelle angetriebener Lastwagen, der Mercedes-Benz GenH2 Truck, habe bereits 2023 eine Strecke von mehr als 1000 Kilometer zurückgelegt – „als voll beladener 40-Tonner, unter realen Bedingungen und mit nur einer Tankfüllung. Genauer gesagt: mit nur 80 Kilogramm flüssigem Wasserstoff“. (Daimler Truck Geschäftsbericht 2023, S. 12)
Allerdings will der Stuttgarter Konzern auch weiter Fahrzeuge mit Diesel-Verbrennungsmotor herstellen. „Die Verlagerung von Entwicklungsprojekten für Verbrennermotoren hin zu emissionsfreien Fahrzeugen werden neben dem sich ändernden Kundenverhalten stark von Technologie- und Infrastrukturentwicklungen sowie Emissionsvorschriften beeinflusst“, schreibt Daimler Truck (GB, S. 184).
Lade- und Tankinfrastruktur für Stromer und Wasserstoff-Fahrzeuge
Bei der Transformation in eine emissionsfreie Zukunft sind die Hersteller von Nutzfahrzeugen auch auf die Politik angewiesen. Wichtig ist, dass neben einer Ladeinfrastruktur für batteriebetriebene Lkw und Busse auch eine Tankinfrastruktur für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge entsteht. Im Frühjahr hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung die Bundesregierung aufgefordert, den Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur für Elektro-Lkw in Angriff zu nehmen, um so die Dekarbonisierung des Güterverkehrs zu beschleunigen. Batterieelektrische Lkw könnten bereits heute zur Emissionsreduzierung beitragen, andere emissionsarme Antriebe hätten „nicht dieselbe Marktreife“, erklärten die sogenannten Wirtschaftsweisen. Würde der Aufbau der Ladeinfrastruktur priorisiert, werde das die „Marktdurchdringung von batterieelektrischen Lkw beschleunigen“.
Wann sind emissionsfreie Lastwagen so günstig zu betreiben wie Lastwagen mit Dieselmotor?
Derzeit sind Lkw mit alternativen Antrieben noch deutlich teurer als ihre Verbrenner-Version. Grob geschätzt sind batterieelektrische Lastkraftwagen in den Anschaffungskosten gut dreimal so teuer wie Diesel-Lkw. Nach Einschätzung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) dürften Elektro-Lastwagen Diesel-Lkw bei den Gesamtkosten schon in wenigen Jahren unterbieten. In der EU könnten mittlere und schwere Lkw mit Batterieantrieb und 120.000 Kilometer Fahrleistung schon im Jahr 2025 auf Augenhöhe sein, in China und den USA schon früher. Elektro-Lastwagen mit Brennstoffzellenantrieb könnten bis 2030 folgen, so BCG. (zitiert nach: https://www.automobilwoche.de/agenturmeldungen/e-lkw-schon-2025-so-gunstig-wie-diesel-laster)
Klimaziel-Appell des Konzernchefs an die Politik
Martin Daum, Vorstandsvorsitzender von Daimler Truck, wandte sich gegen die von den Wirtschaftsweisen empfohlene Konzentration auf batterie-elektrische Fahrzeuge: „Das sagt schon der gesunde Menschenverstand.“ (https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.aerger-ueber-gutachten-zu-ladenetzen-daimler-truck-chef-kritisiert-die-wirtschaftsweisen.0270844b-de9b-4ed1-9f9d-c3a1c41ee736.html). Auf der Hauptversammlung am … Mai richtete Daum einen eindringlichen Appell an die Politik: „Bis 2030 brauchen wir in Europa 35 Tausend hochleistungsfähige Ladesäulen für Batterie-Lkw. Aktuell gibt es vielleicht 50. Monat für Monat müssen deshalb 400 dazukommen. Genauer gesagt: müssten dazukommen. Denn auch in diesem Monat sind wir davon meilenweit entfernt – und so wird der Rückstand mit jedem Monat größer. Bei Wasserstoff-Tankstellen ist die Situation ähnlich unbefriedigend. Ich möchte an dieser Stelle deshalb eindringlich appellieren: Mit Blick auf die europäischen Klimaziele können wir es uns nicht erlauben, hier Zeit zu verlieren.“