
Rede von Markus Dufner auf der virtuellen Hauptversammlung der Daimler Truck AG am 27.05.2025
Sehr geehrte Frau Rådström, sehr geehrte Herr Käser, sehr geehrte Konzernverantwortliche, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre!
mein Name ist Markus Dufner. Ich bin Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit unseren 30 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Klima- und Umweltschutz, Menschenrechte und gewerkschaftliche Rechte repräsentiert der Dachverband einen Teil der Zivilgesellschaft. Zudem ist der Dachverband Mitglied der Klimaallianz Deutschland mit 155 Mitgliedsorganisationen.
Ich werde im Verlauf meiner Rede die vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre eingereichten Gegenanträge zu den Tagesordnungspunkten 3 und 8 begründen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wie kann die EU gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, die Energiezufuhr sichern und sich gegen Schocks abpolstern?
Die Antwort ist: Mit 90 Prozent weniger Treibhausgasausstoß bis 2040. Das fordern nicht Klimaaktivist*inen, sondern 150 europäische Konzerne und Investor*innen.
In einem offenen Brief an die Europäische Kommission, die Abgeordneten des Europaparlaments sowie an die Staats- und Regierungschefs der EU schreiben die Unternehmen und Investoren: „Ein robustes Klimaziel und die Dekarbonisierung unserer Volkswirtschaften werden die Widerstandsfähigkeit der EU gegenüber Schocks, die Energiesicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit verbessern.“
Zu den Unterzeichnern des Briefs zählen unter anderem SAP, die Otto-Gruppe und die Allianz. Frau Radström, Daimler Truck gehört offenbar nicht zu den Unternehmen, die den Brief mit unterzeichnet haben. Warum nicht? Können Sie sich vorstellen, dass Sie dies noch nachholen werden?
Ein Blick in die Klimabilanz von Daimler Truck macht deutlich: Es braucht schnell die Abkehr vom Verbrennungsmotor. Die Emissionen, die durch die Nutzung der allein in 2024 verkauften Fahrzeuge entstehen werden (Scope 3.11), betragen fast 370 Millionen Tonnen CO2. Das ist das klimaschädliche Niveau ganzer Industriestaaten.
Der Vorstand setzt weiter auch auf die Brennstoffzelle, obwohl rein batterieelektrische Antriebe (BEV) technologisch fortgeschrittener erscheinen, bereits heute in vielen Segmenten wirtschaftlich betrieben werden können und vor allem die vielversprechendste Option für den Klimaschutz im Schwerlastverkehr darstellen. Letzteres ist auch das Zwischenergebnis eines aktuell laufenden Forschungsprojekts des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der TU Dresden unter der Leitung des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu-Institut) (siehe Fußnote 1).
Es gibt erheblich Zweifel an einer zeitnahen Marktreife der Brennstoffzellentechnologie im Vergleich zu BEV für einen Großteil der relevanten Transportanwendungen, insbesondere im Verteiler- und Regionalverkehr. Vier der fünf Wirtschaftsweisen kommen zu dem Schluss, dass batterieelektrische Lkw das größte Potenzial haben, den Schwerlastverkehr klimaneutral werden zu lassen.
Die Fokussierung auf Wasserstoff birgt das Risiko, im wichtigen Markt für emissionsfreie LKW technologisch und kommerziell ins Hintertreffen zu geraten, sollte sich die BEV-Technologie schneller und breiter durchsetzen als vom Vorstand antizipiert. Die Wirtschaftlichkeit der Brennstoffzellen-LKW und der Aufbau der notwendigen Tankinfrastruktur für „grünen“ Wasserstoff sind in hohem Maße von staatlichen Subventionen und einem massiven, aber noch unsicheren Infrastrukturaufbau abhängig. Der Einsatz von „grünem“ Wasserstoff, der absehbar teuer bleiben wird, sollte auf jene wirtschaftlichen Bereiche gelenkt werden, in denen es schlicht keine realistischen Alternativen gibt.
Die genannten Punkte sind ein Teil der Gründe, warum der Dachverband den Gegenantrag gestellt hat, den Vorstand der Daimler Truck AG nicht zu entlasten.
Kommen wir nun zur Thematik Lieferkette und Rohstoffe.
Auf der Webseite von Daimler Truck ist zu lesen: „Wir beziehen den größten Teil unserer Rohstoffe, Bauteile und Dienstleistungen von Lieferanten aus der ganzen Welt. Damit ist klar: Unsere Verantwortung endet nicht an unseren Werktoren.“
Frau Radström, das würden wir natürlich gern etwas genauer wissen.
Welche Bezugsländer sehen Sie als kritisch an?
Wurden 2024 bei Ihren Lieferanten Verstößen gegen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten oder Verstöße gegen Umweltschutz bekannt?
Wenn ja: wie viele insgesamt und in welchen Ländern?
Bitte nennen Sie die fünf gravierendsten Verstöße, die genau Art des Verstoßes und die Maßnahmen, die Sie dagegen unternommen haben.
Frau Rådström, in Ihrer Rede haben Sie gesagt, dass Daimler Truck „ganz bewusst nicht in eine eigene Gigafabrik für Batteriezellen investiert hat – oder sogar in eine Lithium-Mine. Wir setzen auf Partnerschaften und investieren schrittweise.“
Das chinesische Unternehmen CATL (Contemporary Amperex Technology Co. Limited) ist ein wichtiger externer Zulieferer für Batteriezellen und vorgefertigte Module.
Warum hat sich Daimler Truck CATL als Partner ausgesucht und diese Partnerschaft sogar noch intensiviert?
Was soll die „gemeinsam gefertigten, hochmoderne Batterien der nächsten Generation für Lkw-spezifische Anwendungen“ auszeichnen?
CATL liefert beispielsweise ab 2024 Batterien für den Mercedes-Benz eActros LongHaul. Mit welchem Anteil ist Daimler Truck an den Produktionsstandorten von CATL in Erfurt beteiligt?
Aus welchen weiteren Fabriken bezieht Daimler Truck Batteriezellen?
Aus welchen Minen bezieht Daimler Truck Lithium? Bitte nennen Sie die drei wichtigsten Minen und Lieferanten.
US-Präsident Trump hat der Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion den Kampf angesagt. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt beendete er alle DIE-Programme – DIE steht für Diversity, Equity und Inclusion.
Mit einem Dekret will Trump Unternehmen dazu zwingen, ihre DIE-Programme zu beenden.
Wurde die Daimler Truck AG von der US-Regierung aufgefordert, ihre DIE-Programme zu stoppen?
Hat Daimler Truck gegenüber der US-Regierung eine Erklärung abgegeben, die Programme zu stoppen?
Was wird sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Daimler Truck nun ändern?
Abschließend komme ich zu unserem Gegenantrag zu TOP 8:
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre den Beschlussvorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand. Wir wollen den Vorstand nicht bevollmächtigen, über die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung entscheiden zu können.
Nach den Erfahrungen mit virtuellen Hauptversammlungen sind wir wie viele andere Aktionär*innen der Ansicht, dass das Online-Format große Schwächen hat. Darüber wurde schon viel debattiert.
Das Format und die Art und Weise, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betreffen elementare Aktionärsrechte. Daher sollte die Hauptversammlung – und nicht der Vorstand – darüber entscheiden, zu welchen Bedingungen bzw. in welchem Format zukünftige Hauptversammlungen durchgeführt werden sollen.
Die Hauptversammlung sollte darüber entscheiden können, ob als weitere Option ein hybrides Format umgesetzt werden soll, welches die Vorteile einer Präsenz-Hauptversammlung mit jenen einer rein virtuellen Veranstaltung vereint.
Höchst problematisch ist allgemein das von Aktionärsseite schwindende Interesse an Hauptversammlungen, wenn diese nur virtuell stattfinden. Viele schalten ihren Computer erst gar nicht an, dies ist auch ein Abstimmen mit den Füßen über dieses Format.
Daher kritisieren wir auch die Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat, die diesjährige Hauptversammlung rein virtuell durchzuführen.
Herr Kaeser, Sie stellten vorhin eine Präsenz-Hauptversammlung in den nächsten Jahren in Aussicht. Vielleicht können Sie uns heute schon sagen, an welches Jahr Sie denken? 2026?
Liebe Aktionärinnen und Aktionäre, bitte stimmen Sie deshalb wie wir beim Tagesordnungspunkt 8 mit NEIN.
Sehr geehrte Frau Rådström, ich wünsche Ihnen in Ihrem Amt als Vorstandsvorsitzender der Daimler Truck AG alles Gute. Ich würde mich freuen, wenn Sie die von mir vorgetragene Kritik positiv auffassen und als Anregung verstehen würden, Daimler Truck besser zu machen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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Fußnote 1: