Interessenskonflikte und mangelnde Transparenz bei Nachhaltigkeitsbewertungen von ISS: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand veranlasst weiterhin kaum wirksame Maßnahmen und nachvollziehbare Kriterien für nachhaltige Investitionen bei der Stimmrechtsberatung ISS.

Mangelnde Transparenz bei Nachhaltigkeitsbewertungen von ISS

Seit 2021 ist Institutional Shareholder Services (ISS) eine Tochterfirma der Deutschen Börse und umfasst Geschäftsfelder wie die Stimmrechtsberatung institutioneller Investoren und die Bereitstellung ESG-bezogener Informationen, beispielsweise ESG- und SDG-Scores.

Die Transparenz von ESG-Ratings hat sich in den letzten Jahren generell verbessert. Nichtsdestotrotz gibt es immer noch deutliche Missstände und Unklarheiten. ISS veröffentlicht auf der Website lediglich das zusammengesetzte ESG Corporate Rating. Für eine erhöhte Transparenz wäre es nötig, dass zusätzlich und öffentlich einsehbar separate Bewertungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung veröffentlicht würden.

ISS nennt bislang nur einen kleinen Teil der Primärquellen hinter den eigenen ESG Corporate Ratings, darunter OECD-Berichte, ILO-Datenbanken, Medienquellen, ganz generell NGOs und zivilgesellschaftliche Organisationen. In den meisten Fällen nicht nachvollziehbar, welche Informationen von welchen Medien oder Organisationen konkret von ISS genutzt werden. Für eine erhöhte Transparenz wäre es sinnvoll, wenn ISS eine vollständige Liste aller Primärquellen, die im ESG Corporate Rating verwendet werden, veröffentlicht.

Potentielle Interessenskonflikte mit ISS werden weiterhin nicht offengelegt

ISS vergibt das ESG Corporate Rating auch für die Deutsche Börse, den eigenen Mutterkonzern sowie für weitere Firmen, die mit der Deutschen Börse verbunden sind. Wenn man sich das Rating der Deutschen Börse auf der ISS-Website anschaut, dann findet sich kein Hinweis, dass hier die Tochterfirma den eigenen Mutterkonzern bewertet. Das gleiche gilt für die weiteren mit der Deutschen Börse verbundenen Firmen.

Auf der Hauptversammlung 2024 kündigte die Deutsche Börse an, sie werde mit ISS die Darstellung des ESG-Ratings der Deutschen Börse auf der ISS Website besprechen und den Vorschlag von Facing Finance e.V. zur besseren Darstellung potentieller Interessenskonflikte auf der ISS Website umsetzen. An der Darstellung hat sich aber bis heute nichts geändert (https://www.issgovernance.com/esg/iss-esg-gateway/).

Menschenrechte: Neue Grundsatzerklärung mit merkwürdiger Schwerpunktsetzung

Die neue Grundsatzerklärung zur Menschenrechtsstrategie der Deutschen Börse (Fassung vom 22. November 2024) verfolgt keinen effektiven Ansatz.

Während in nur einem Satz zur Risikoanalyse immerhin auch davon die Rede ist, dass sich die „Bemühungen zur Erkennung“ auch auf „potenzielle und tatsächliche menschenrechtliche Risiken und nachteilige Auswirkungen unseres unternehmerischen Handelns auf Menschen entlang der gesamten Wertschöpfungskette“ beziehen, liegt der Schwerpunkt der Analyse und Maßnahmen vor allem auf dem eigenen Geschäftsbereich und direkten Zulieferern.

Dabei weiß der Vorstand selbst ganz genau, dass die größten umwelt- und menschenrechtlichen Risiken nicht bei der Beschaffung neuer Bürostühle, sondern bei jenen Unternehmen auf den eigenen Handelsplätzen und innerhalb der eigenen Indizes liegen, die Landrechte missachten oder die Expansion fossiler Energien vorantreiben.

Zu Tagesordnungspunkt 8: Beschlussfassung über die Änderung von § 15 Abs. 2 der Satzung zur Erneuerung der Ermächtigung für die Durchführung virtueller Hauptversammlungen

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Beschlussvorschlag abzulehnen, den Vorstand erneut zu bevollmächtigen, über die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung entscheiden zu können.

Begründung:

Unsere Begründung, warum wir diese Ermächtigung des Vorstands ablehnen, bleibt auch nach zwei Jahren Erfahrungen mit virtuellen Hauptversammlungen unverändert: Das Format und die Art und Weise, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betreffen elementare Aktionärsrechte. Daher sollte die Hauptversammlung – und nicht der Vorstand – darüber entscheiden, zu welchen Bedingungen bzw. in welchem Format zukünftige Hauptversammlungen durchgeführt werden sollen.

Die Hauptversammlung sollte darüber entscheiden können, ob als weitere Option ein hybrides Format umgesetzt werden soll, welches die Vorteile einer Präsenz-Hauptversammlung mit jenen einer rein virtuellen Veranstaltung vereint.

Höchst problematisch ist allgemein das von Aktionärsseite schwindende Interesse an Hauptversammlungen, wenn diese nur virtuell stattfinden. Viele schalten ihren Computer erst gar nicht an, dies ist auch ein Abstimmen mit den Füßen über dieses Format.

Daher begrüßen wir auch die Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat, die diesjährige Hauptversammlung wieder in Präsenz durchzuführen.

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