Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2023
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.
Begründung:
Der Vorstand der Deutschen Bank AG wird seinem eigenen Bekenntnis zur Einhaltung internationaler Klimaziele und Sustainable Finance nicht gerecht. Die Deutsche Bank bleibt die Großbank in Deutschland, die am meisten in die Finanzierung fossiler Energien und waldzerstörender Geschäftsmodelle involviert ist.
Weiterhin klimaschädliche Kohlefinanzierung trotz neuer Richtlinie
Nach Recherchen von urgewald hat die Deutsche Bank im Jahr 2023 – trotz ihrer nachgebesserten Kohlerichtlinie – 664 Mio. US-Dollar (USD) über Kredite und Underwriting an den Kohlesektor gegeben, insgesamt über 200 Mio. USD mehr als 2022. Die hohe Summe liegt an einem großen Kredit für das südafrikanische Energieunternehmen Eskom: Dieser Kredit macht mit 403 Mio. USD fast zwei Drittel der Gesamtsumme von 2023 aus. Dabei ist Eskom ein Unternehmen mit 90 Prozent Kohleanteil an der Stromproduktion, es generiert über 80 Prozent seiner Einkünfte aus dem Geschäft mit Kohle und plant, nach wie vor weitere Kohlekraftwerke zu bauen. Laut der erweiterten Kohlerichtlinie der Deutschen Bank liegt Eskom damit weit über allen Schwellenwerten, sodass keine Geschäfte mehr mit dem Unternehmen gemacht werden dürften. Allerdings sieht die Kohlerichtlinie der Deutschen Bank großzügige Ausnahmen für Bestandskunden wie Eskom vor. Diese müssen erst ab 2025 Transformationspläne vorlegen, wobei Unternehmen aus Nicht-OECD-Ländern erst im Jahr 2030 weniger als 30 Prozent des Umsatzes aus Kohle generieren dürfen. Die Eskom-Finanzierung zeigt damit die Schwächen der Kohlerichtlinie, die zu lange Übergangsfristen gewährt und Kohleentwickler nicht ausschließt.
Milliardenkredite und -investments für Naturzerstörung
Die Deutsche Bank gehört mit zu denjenigen europäischen Banken, die seit Abschluss des Pariser Klimaabkommens Milliarden an Krediten an Unternehmen vergeben haben, die maßgeblich an der Zerstörung von Wäldern beteiligt sind. Das belegt eine Recherche von Greenpeace International, Harvest, Milieudefensie, Deutsche Umwelthilfe, OroVerde und weiteren Organisationen (https://www.greenpeace.de/klimaschutz/finanzwende/deutsche-bank-co-hauptfinanzierer-naturzerstoerung. Die anhaltende Kreditvergabe unterminiert die Bestrebungen der Emissionsbegrenzung durch das Pariser Klimaschutzabkommen.
Für die Datenrecherche auf Basis der Finanzdaten der unabhängigen Forschungseinrichtung Profundo sind Kredite an und Investitionen in große Unternehmen untersucht worden, die in sogenannten „Wald-Risikosektoren“ tätig sind, wozu auch Palmöl, Kakao und Soja zählen. Demnach hat die Deutsche Bank seit 2016 Kredite in Höhe von 33 Milliarden USD an umweltkritische Unternehmen vergeben und 5,4 Mrd. USD in diese investiert. Die Deutsche Bank finanziert mindestens vier Unternehmen, die nachweislich in direktem Zusammenhang mit Naturzerstörung stehen: Bunge, Cargill, JBS und die Sinar Mas Group.
Allein an den Agrarkonzern Cargill vergab die Deutsche Bank mehr als drei Milliarden USD und 35 Mio. USD investiert. Cargill wurde in den letzten Jahren immer wieder beschuldigt, Wälder abzuholzen und weitere Ökosysteme zu zerstören. Die Fälle betreffen Cargills Geschäfte mit Palmöl aus Südostasien, Kakao von der Elfenbeinküste, Mais aus Brasilien und Soja aus Brasilien und Bolivien (https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Projektinformation/Naturschutz/Entwaldung/220902_DUH_Harvest_Finanzierung_der_Entwaldung.pdf).
In Brasilien stehen die Kredite an Cargill aber nicht nur mit der Ausweitung der Sojagrenze und Regenwaldzerstörung in Verbindung: Betroffene des neu geplanten Cargill-Hafens bei Abaetetuba im Bundestaat Pará und Partnerorganisationen, die diese begleiten, berichten u. a. über illegale Praktiken des Landgrabbings in einem Gebiet, das eigentlich Schutzstatus in der Amazonasregion genießt. Die Betroffenen wehren sich gegen die Verletzung ihrer Land- und Umweltrechte und die drohende Zerstörung ihres Lebensraums. Aktuell läuft hierzu ein Gerichtsverfahren gegen Cargill in Brasilien.
Darüber hinaus hat die Deutsche Bank seit 2016 Kredite an den Agrarkonzern Bunge in Höhe von 383 Mio. USD vergeben und 109 Mio. USD investiert. Bunge wird laut einem neuen Bericht der Deutschen Umwelthilfe, Mighty Earth, Repórter Brasil und dem Instituto Centro de Vida (ICV) direkt mit der Entwaldung von 15.897 Fußballfeldern in der bedrohten Cerrado-Savanne in Brasilien in Verbindung gebracht (https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Pressemitteilungen/Naturschutz/BOWL_MEP_Ger.pdf).
In Brasilien sind direkte und indirekte Zulieferer der Schlachthöfe des Fleischproduzenten JBS in sieben Bundesstaaten des Amazonas und des Cerrado für 447.913 ha Entwaldung zwischen 2009 und 2023 verantwortlich, wobei allein zwischen 2021 und 2023 83.478 ha gerodet wurden (https://mightyearth.org/article/mighty-earth-reveals-three-meat-giants-linked-to-half-a-million-hectares-of-deforestation-in-brazil/). Seit 2016 hat die Deutsche Bank 117 Mio. USD Kredite an JBS vergeben und 22 Mio. USD investiert.
Zu Tagesordnungspunkt 6: Beschlussfassung über die Billigung des nach § 162 AktG erstellten und geprüften Vergütungsberichts für das Geschäftsjahr 2023
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt für die Bürgerbewegung Finanzwende, den Vergütungsbericht nicht zu billigen.
Begründung:
Deutsche Bank ist nicht stabil aufgestellt und zahlt übermäßig hohe Boni
Die Deutsche Bank zahlt ihren Mitarbeitenden für das Jahr 2023 insgesamt eine variable Vergütung (Boni) in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro aus.[1] Davon gehen rund 660 Millionen Euro an Entscheidunsträger*innen (sog. Material Risk Taker). Mit mehr als 500 Einkommensmillionär*innen hat die Deutsche Bank mehr Top-Verdiener*innen als jeder andere DAX-Konzern. Gleichzeitig baute die Bank in 2023 hartes Kernkapital ab: die Leverage Ratio fiel von 4,6 Prozent auf 4,5 Prozent. Das geschieht vor dem Hintergrund einer wirtschaftlich unsicheren Entwicklung, sowohl in der Realwirtschaft als auch in Bezug auf die Bankenwirtschaft, – wie Warnungen aus dem Finanzstabilitätsbericht der Bundesbank deutlich zeigen.[2]
Die Geschäftsführung der Deutschen Bank vertritt eine übermäßige Kultur der Bonuszahlungen. Bedauerlicherweise setzte sie auch für 2023 nicht die Begrenzung der variablen Vergütung, den sogenannten Bonus-Cap, des aus der EU-Richtlinie abgeleiteten deutschen Kreditwesengesetz (KWG) um. 2014 beschloss sie eine Aussetzung dieser Regelung.[3] Seitdem zahlt die Deutsche Bank in vielen Fällen doppelt so hohe Boni aus, wie die EU-Richtlinie ursprünglich vorsieht.
Die Höhe der Bonus-Zahlungen der Deutschen Bank übersteigt deutlich die ihrer europäischen Konkurrenten. Die doppelt so große französische Großbank BNP Paribas[4] zahlte im letzten Jahr durchschnittlich geringere Boni[5] an Entscheidungsträger*innen aus. Damit verfolgt die Deutsche Bank weiter eine Strategie in der Privatisierung der Bankengewinne, während die Bank durch ihre systemische Relevanz von impliziten Staatsgarantien profitiert.
Banken versprachen, sich nach der Finanzkrise 2008 stabil aufzustellen. Diesem Versprechen sind sie bis heute nur in unzureichendem Maße Taten gefolgt. Die Stabilität des Unternehmens kann gegenüber den Aktionär*innen, dem Staat und der Gesellschaft erst glaubwürdig versichert werden, wenn die Bank eine Leverage Ratio von mindestens 10 Prozent vorweisen kann. Es braucht daher Regelungen, die die variable Vergütung an die Stabilität der Bank knüpfen. Eine denkbare Maßnahme wäre, Bonuszahlung erst auszuzahlen, wenn die Bank eine Leverage Ratio von mindestens 10 Prozent vorweisen kann.[6]
Entscheidungsträger*innen, also die Material Risk Taker, entscheiden ausschlaggebend über das Risikoprofil der Bank und tragen damit Verantwortung für ihre Stabilität. Sie erhalten auch signifikant höhere Bonuszahlungen als andere Beschäftigte. Das ist besonders problematisch, da das Vergütungssystem für Bonuszahlungen in Teilen auf qualitativen Kriterien basiert und die langfristige Stabilität der Bank nicht ausreichend berücksichtigt.
In der Vergangenheit warnte die Europäische Zentralbank in ihrer Rolle als oberste europäische Bankenaufseherin ausdrücklich vor hohen Bonuszahlungen in Zeiten hoher Unsicherheit.[7] Die Deutsche Bank sollte jetzt mit gutem Vorbild vorangehen und mögliche Reputationsschäden vorbeugen, die bei weiteren Warnungen dieser Art entstehen könnten.
Indem die Geschäftsführung die Gewinne der Bank für überhöhte Bonuszahlungen nutzt, statt diese für die Stabilität der Bank zu verwenden, liegen ihre Prioritäten an der falschen Stelle. Die Deutsche Bank ist die größte Bank Deutschlands – daher geht von ihr das größte systemische Risiko für die Finanzstabilität aus. Ihr Derivative Exposure betrug 2023 mehr als das Zwölffache des deutschen Bruttoinlandsprodukts.[8] Somit kann eine Billigung des Vergütungsberichts unter den geschilderten Umständen nicht erfolgen.
[1] Geschäftsbericht 2023 https://investor-relations.db.com/files/documents/annual-reports/2024/DB-AG-Geschaeftsbericht-2023.pdf
[2] https://www.bundesbank.de/resource/blob/918766/c86a8c1add93b22f6d8b8ceb1df45e99/mL/2023-finanzstabilitaetsbericht-data.pdf
[3] Vergütungsbericht 2022, S. 49
[4] Größe bemessen an der Bilanzgröße der Bank. Bilanzgröße Deutsche Bank 2023: €1312 Mrd. (Geschäftsbericht 2023); Bilanzgröße BNP Paribas 2023: €2664 Mrd. (Consolidated Financial Statements 2023)
[5] Durchschnittliche variable Vergütung pro Material Risk Taker 2023: Deutsche Bank: 542.693€ (Geschäftsbericht) ; BNP Paribas: 486.968€ (Compensation Report)
[6] Eine Maßnahme wäre, Bonuszahlung erst auszuzahlen, wenn die Bank eine Leverage Ratio von mindestens 10 Prozent vorweisen kann. Finanzwende hat dazu eine Petition ins Leben gerufen: https://www.finanzwende.de/kampagnen/macht-es-moeglich-bonus-bremse-jetzt.
[7] https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/letterstobanks/shared/pdf/2020/ssm.2020_letter_remuneration_policies_in_the_context_of_the_coronavirus_COVID_19_pandemic.de.pdf?70c2f7f1c6c3c9c664224be526658b45
[8] Derivate Exposure 2023 insgesamt: €52.457 Mrd.(Geschäftsbericht 2023); BIP Deutschland 2023: €4.121 Mrd. (Statistisches Bundesamt)