Rede von Christian Russau

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Christian Russau, ich spreche hier und heute im Namen des internationalen Netzwerks der von der Firma Vale Betroffenen, die mich gebeten haben, Ihnen folgende Stellung zur Kenntnis zu bringen.

Die Articulação Internacional dos Atingidos e Atingidas pela Vale ist ein internationales Netzwerk verschiedener Gruppen, Gewerkschafter, UmweltaktivistInnen, NGOs, sozialen Bewegungen, Basisgruppen sowie religiösen und wissenschaftlichen Zusammenhängen aus Brasilien, Argentinien, Peru, Kanada und Mosambik. Das Netzwerk klagt hiermit das autoritäre und menschenverachtende Vorgehen der Firma Vale S.A. an.

Warum die Deutsche Bank? Es geht um die Verbindung der Deutschen Bank mit dem Bergbaukonzernen Vale. Zwischen 2010 und 2017 stellte die Deutsche Bank der brasilianischen Vale 701 Mio Euro an Krediten und Anleihen zur Verfügung. Außerdem hält die Deutsche Bank Aktien an Vale in beträchtlicher Höhe.

Am 13. April dieses Jahres hat das Netzwerk der Atigidos pela Vale die siebente Intervention auf der Jahreshauptversammlung der Vale in Rio de Janeiro gemacht und hat dabei erneut auf die Praktiken des Konzerns hingewiesen, wie angesichts sinkender Weltmarktpreise die Kosten gedrückt werden, was infolge zu vermehrten und verschärften Konflikten mit lokal betroffenen Gemeinden führt.

Eines der Beispiele ist der Fall des Nickelabbaus der Mine Onça Puma im brasilianischen Bundesstaat Pará. Ein Gericht ordnete im Oktober 2017 einen Förderstopp an, da die Firma keine Ausgleichs- und Entschädigungsmaßnahmen für die betroffenen Indigenen Xikrin und Kayapó umgesetzt hatte. Obwohl sie bereits vier Mal von Gerichten dazu verurteilt wurde, hat die Firma Vale – Ihr Geschäftspartner! – bis heute keinerlei diesbezüglichen Schritte eingeleitet. So wird das Leben der betroffenen Indigenen in Gefahr gebracht.

Des Weiteren unternimmt die Firma Vale alles, um die Proteste zu kriminalisieren. So geschehen bei Alto Alegre do Pindaré, einem Munizip im nordostbrasilianischen Bundesstaat Maranhão. Dort durchschneidet die Vale-eigene Bahnlinie Estrada de Ferro Carajás (EFC) die Ortsgemeinden und Vale weigert sich, eine Fußgängerbrücke für die BewohnerInnen zu bauen, so dass diese sicher, ohne Gefahr zu laufen, unter die Räder der Züge zu gelangen, auf die andere Seite ihres Ortes gelangen. Erst jüngst ist dort eine junge Mutter mit ihrem Baby gestorben, überrollt von Zügen der Vale. Daraufhin hat der ganze Ort protestiert, sodass der Bahnbetrieb für drei Tage lang blockiert war. Aber statt die eigenen Fehler anzuerkennen, lanciert die Firma Klageprozesse gegen die Bewohner vor Gericht. Zwölf Bewohner müssen sich vor Gericht völlig schuldlos verantworten, ein Umstand, der den Konflikt mit der Gemeinde weiter anheizt.

Während die Firma weitere Lohnkürzungen bei den ArbeiterInnen vorschlägt, werden deren Vorstandsbezüge weiter erhöht. Zwischen 2016 und 2017 wurden die Chefbezüge um satte 78% erhöht. Gleichzeitig werden die ArbeiterInnen überbeansprucht und schlecht bezahlt. So erklärt sich auch, warum Vale eine der am meisten vor brasilianischen Arbeitsgerichten verklagten Firmen ist.

Auch der Fall des Dammbruchs der Firma Samarco – ein 50-50 JointVenture von Vale mit BHP Billiton – zeigt das Vorgehen der Firma. Vale kann sich um seine diesbezügliche Verantwortung nicht herumreden. Fast drei Jahre sind seit dem Dammbruch vergangen, und die Betroffenen warten noch immer auf Entschädigung. Die brasilianische Justiz hat erst jüngst erklärt, die verantwortlichen Firmen mißachteten bei ihren Wiederaufräum- und Kompensationsmaßnahmen die Rechte der vom Bruch des Rückhaltebeckens Betroffenen. Die Justiz wirft den Firmen mangelnde Information vor sowie dass die bisherigen Maßnahmen zu Wiedergutmachung und zu Entschädigung der erlittenen Verluste und Schäden der Betroffenen bei weitem nicht ausreichend seien. Auch im Falle der vom Dammbruch bei Mariana Betroffenen wird Vale vorgeworfen, ein Klima der Angst durch Kriminalisierungsandrohungen anzuheizen.

Nicht unerwähnt bleiben darf, dass die kriminaltechnischen Untersuchungen eine Reihe von Warnberichten über die Sicherheit des Dammes fanden, die nicht angemessen Beachtung fanden. So herrscht allein im Bundesstaat Minas Gerais große Angst, dass es noch weitere solche Fälle bei den 109 im Land bestehenden Dämmen geben könnte, Dämme, von denen einige noch bedeutend größer sind als der der Firma Samarco, der am 5. November 2015 brach.

Erst kürzlich hat Brasiliens Umweltbehörde IBAMA illegal geschlagenes Tropenholz auf den Bahn-Baustellen der Vale gefunden. Die Frachtpapiere erklärten das Holz als Eukalyptusholz aus Plantagen, in Wahrheit war es illegal gerodetes Tropenholz. Einerseits spielt sich also die Deutsche Bank als Schützerin des Amazonasgebietes auf, andererseits aber versorgt es mit üppigen Krediten Unternehmen wie Vale, die ihren Teil dazu beitragen, Amazonien platt zu machen. Vale seinerseits zieht sich auf die billige Argumentation zurück, da sei ein Fehler bei einer Vertragsfirma geschehen. Immer die Schuld bei anderen zu suchen, dies ist eine der bevorzugten Strategien der Firma Vale, ihrer Geschäftspartnerin!

Wir könnten diese Liste noch endlos weiterführen, aber dafür reicht die Redezeit nicht. Grundsätzlich geht es darum zu zeigen, dass Ihre Geschäftspartnerin, Vale SA, immer sehr geschickt den Diskurs sozialer Verantwortung predigt, aber dass deren Realität ganz anders aussieht. All das, was Vale tut und versucht, wird uns nicht davon abhalten, weiterhin um Rechte und Gerechtigkeit zu kämpfen, dafür, dass die Leben der Betroffenen geschützt werden, dass die, die unter dem Gebaren der Firma Vale leiden, ihr Leben so in ihren Gemeinschaften fortsetzen können, ohne dass da von Außen ein Multimilliardendollar-Konzern wie Vale ankommt und mit einem sprichwörtlichen Bulldozer alles platt macht. Wir kämpfen weiter für die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter und für die Rechte der lokal Betroffenen in ihren Gemeinschaften.

In Würde zu leben darf keinen Preis haben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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