„Sie müssen auch die großen Öl- und Gasunternehmen ausschließen“: Rede von Louise Wagner, Reclaim Finance

Guten Tag werter Vorstand, werte Aktionär*innen,

mein Name ist Louise Wagner, ich vertrete heute Reclaim Finance und nehme über den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen an der Hauptversammlung teil.

Der Chief Sustainability Officer der Deutschen Bank, Jörg Eigendorf, hat ausgesagt, dass die Unterstützung Ihrer Kund:innen auf ihrem Weg zur Netto-Null ein zentrales Element Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie sei. Und doch finden wir unter Ihren zehn wichtigsten Kund:innen im Upstream- und Midstream-Öl- und -Gassektor zwischen 2021 und 2023 fossile Giganten wie Enbridge, QatarEnergy, BP, Venture Global, TotalEnergies, Eni und ExxonMobil – für den Sie allein im vergangenen Monat an einer Anleiheemission in Höhe von 192,8 Mio. USD beteiligt waren. Diese Kund:innen sind zusammen verantwortlich für 7,56 % der gesamten Upstream-Expansion, 2,5 % der geplanten Pipeline-Expansion und 12,26 % der weltweiten LNG-Kapazitäten in Entwicklung und könnten weiter von einer Transition weg von fossil Energien nicht sein.

Es ist mittlerweile mehr als zwei Jahre her, dass die Internationale Energieagentur in ihrem Szenario „Netto-Null-Emissionen bis 2050“ ein Ende neuer Öl- und Gasfelder sowie neuer LNG Exportterminals gefordert hat – ein Szenario, auf dem auch die Netto-Null-Strategie der Deutschen Bank basiert. Der neueste World Energy Outlook, veröffentlicht im Oktober 2024, bekräftigt diese Botschaft erneut. Und doch zeigt die Global Oil and Gas Exit List, dass 95 % der Öl- und Gasunternehmen weltweit neue Projekte planen. Fast zwei Drittel der kurzfristigen Expansionspläne der Branche überschreiten das von der IEA vorgegebene Netto-Null-Szenario für 2050. Diese einfachen Tatsachen entkräften das Argument, zwischen „Pure-Play“-Unternehmen, die zunehmend durch Ausschlussrichtlinien ins Visier geraten, und integrierten Unternehmen zu unterscheiden, die solchen Maßnahmen entgehen – basierend auf der unbegründeten Annahme, dass sie sich transformieren könnten und daher finanzielle Unterstützung für den Wandel erhalten sollten. Die Realität ist eindeutig: Keines dieser Unternehmen ist bereit, sich von Öl und Gas abzuwenden. Alle sollten ausgeschlossen werden – auch die großen Öl- und Gasunternehmen.

In Ihrem Bericht zur Netto-Null-Strategie schreiben Sie Folgendes (Übersetzung der englischen Version): „Die Deutsche Bank wird drei zentrale Hebel zur Dekarbonisierung einsetzen. Erstens: Bereitstellung von Transformationsfinanzierungen für Kund:innen zur Unterstützung ihres Übergangs. Zweitens: Umstrukturierung unseres Kreditportfolios zugunsten von Kund:innen mit einem stärkeren Fokus auf Dekarbonisierungspläne und weniger CO₂-intensiven Technologien wie erneuerbaren Energien. Drittens: Reduzierung der Exponierung gegenüber Kund:innen mit begrenzter Fähigkeit oder Bereitschaft zur Dekarbonisierung.“

Meine Frage ist daher folgende:

Angesichts der Tatsache, dass der Großteil Ihres Kundenportfolios aktiv an der Ausweitung der fossilen Brennstoffproduktion beteiligt ist – und unter Berücksichtigung Ihres Bekenntnisses zum NZE-Szenario der IEA – , stellt sich für mich die Frage, was diese Unternehmen noch tun müssen, damit der 3. Hebel ihrer Netto-Null Strategie eintritt und Finanzierungen für diese beendet werden. Werden Sie die Führungsrolle übernehmen, von der Sie selbst sagen, dass sie für eine global agierende Bank mit Hauptsitz in Europa unerlässlich ist, und das Ende der Expansion von Öl und Gas als Kriterium in dem von Ihnen angekündigten “Transition Finance Framework” dafür festlegen, Ihre Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen zu beenden, die weiterhin ihr Öl-, Gas- und LNG-Geschäft ausweiten? Mit anderen Worten: Werden Sie umfassende Ausschlussrichtlinien für neue Öl- und Gasprojekte in allen konventionellen Sektoren sowie unternehmensweite Ausschlussmaßnahmen für Unternehmen mit Expansionsplänen umsetzen – oder werden Sie, anstatt die globalen Trends aktiv mitzugestalten, wie es Ihrer Position entspricht, diesen lediglich folgen und die Führungsrolle anderen überlassen?

Ich freue mich auf Ihre Antworten, vielen Dank.

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