Katastrophale Klimabilanz und unzureichende menschenrechtliche Sorgfalt: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2022

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der EnBW kommt weiterhin nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen und seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachzukommen.

Katastrophale Klimabilanz dank massiver Steigerung der Nutzung fossiler Energieträger

Aus ökologischer- und Klimasicht ist das Geschäftsmodell der EnBW im Jahre 2022, auch kriegsbedingt, auf ganzer Linie gescheitert. Der Wechsel von fossiler auf regenerative Energie wurde viel zu spät begonnen.

Der Einsatz der Steinkohle an der Energieerzeugung hat sich 2021 um 41 % erhöht; ihr CO2 -Fußabdruck in g/kWh hat sich von 478 auf 491 g/kWh gesteigert, d.h. es wurden über 16 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre abgegeben. EnBW setzt mit dem Bau von Gaskraftwerken die klimapolitisch verheerende Umsetzung ihres Fuel-Switch-Projektes unreflektiert durch. RDK 8 steht noch mit 275,0 Mio. Euro Schulden da, sichert einen großen Teil der Fernwärmeversorgung der Stadt Karlsruhe – ohne einen Plan B für diese. Aber Herr Schell plant eine Zukunft ohne Kohle ab 2028. Doch aktuell gilt: Die EnBW hat in Höhe von rund 80 Prozent nicht EU-taxonomiefähige Aktivitäten in ihrem Erzeugungspark. Wie wenig robust das Geschäftsmodell war und ist, zeigt sich nun unter veränderten Rahmenbedingungen beim Kohle- und Gasbezug.

Klimaschädliche LNG-Abnahmeverträge entgegen den Pariser Klimaschutzzielen

Beispiel LNG: EnBW hat sich vertraglich zur Abnahme von Fracking-Gases aus dem geplanten LNG-Exportterminal „Plaquemines“ im US-Bundesstaat Louisiana bis 2046 verpflichtet – also über den Stichtag für Deutschlands Klimaneutralität hinaus. Das Vorhaben widerspricht damit klar den Pariser Klimaschutzzielen.

Das Gas wird dabei aus ökologisch heftig umstrittenen LNG-Feldern in den USA bezogen, die Risiken sind sowohl für die Umwelt als auch für die betroffenen Gemeinden enorm. Die EnBW muss sofort ihre Verträge mit Venture Global LNG stornieren.

Steinkohle aus Russland wird mit Steinkohle aus Kolumbien ersetzt

Beispiel Steinkohle: Bei der Suche nach Ersatz von Steinkohle aus Russland, auf welche die EnBW bisher maßgeblich gesetzt hat, wird unter anderem an Kasachstan gedacht. Man tauscht ein autoritär regiertes Land durch ein anderes aus. Nachdem die EnBW noch bis zum letztmöglichen Zeitpunkt reichlich Steinkohle aus Russland bezogen hat und damit bis zum Sanktionsbeginn reichlich Devisen in die Hände des verbrecherischen Putin-Regimes schaufelte, wurde die russische Kohle danach bedenkenlos durch andere, kaum weniger problematische Quellen ersetzt, vor allem aus Kolumbien.

Die Menschenrechtsverletzungen im kolumbianischen Steinkohlebergbau sind der EnBW bestens bekannt. Sinnvolle Maßnahmen, um diese Menschenrechtsverletzungen adäquat zu adressieren, wurden nie ergriffen. Noch heute werden die Betroffenen im Stich gelassen. Am 20. April 2023 wird in den Niederlanden eine OECD-Beschwerde gegen diverse Energieunternehmen eingereicht, die seit Jahren von diesen Menschenrechtsverletzungen wussten und nichts unternommen haben. Die EnBW sollte sich in diesem Zusammenhang unbedingt angesprochen fühlen, denn es betrifft sie mindestens genauso. Der Beitritt zur Bettercoal-Initiative ist keine Lösung, da diese seit Jahren ihre Unwirksamkeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Wie wenig verantwortungsvoll die angeblich verantwortungsvolle Beschaffung in der Praxis aussieht, zeigt sich erstens daran, dass Russland 2022 noch immer der wichtigste Lieferant war, obwohl seit spätestens 24. Februar 2022 jede Lieferung aus Russland eine zu viel war und zweitens daran, dass 2022 ausgerechnet die Lieferungen aus Kolumbien in die Höhe schnellten, obwohl die Menschen dort stark negativ vom Kohlebergbau betroffen sind.

So ist nicht nachvollziehbar, wie EnBW den Anforderungen des nun geltenden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes gerecht wird. EnBW kann aus unserer Sicht nicht hinreichend nachweisen, wie menschenrechtliche Risiken in den eigenen Lieferketten, vor allem bei der Steinkohle aus Kolumbien, effektiv und präventiv minimiert werden, wie vom Gesetz gefordert.

Bei der Suche nach Ersatz von Steinkohle aus Russland wird unter anderem an Kasachstan gedacht. Man tauscht ein autoritär regiertes Land durch ein anderes aus. Ebenso verhält es sich mit den Investitionen in der Türkei. Der türkische Markt wird weiterhin als attraktiv dargestellt, obwohl die Verletzungen der Menschenrechte in der Türkei zugenommen haben.

Die in die 2080er Jahre reichenden Schulden, die sich um 61,5 Prozent erhöht haben, hinterlassen auch bei Ratingagenturen Spuren, weil auch die Investitionen in erneuerbare Energie in 2022 gesunken sind. Moody gibt der EnBW nur noch ein Rating BAAA1/stabil, und auch bei S&P ist die EnBW auf A /negativ abgerutscht.

Zu Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2022

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Aufsichtsrat lässt zu, dass sich der Konzern weiter sich in Auslandsaktivitäten verzettelt, deren Risiken nicht abschätzbar sind. Die Zustimmung zum Fuel-Switch Konzept beweist, dass dem Aufsichtsrat die Pariser Umweltziele egal sind, welche die Richter des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich verankert haben: Der Übergang zur Klimaneutralität muss jetzt radikal eingeleitet werden, wenn für künftige Generationen Freiheiten geschont und gesichert werden soll.

Ebenso erhebt er allem Anschein nach keinem Einspruch, dass die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten drastisch in 2022 um 85 Prozent gesenkt wurden.

Die Netzgesellschaften bereiten angeblich die Netzinfrastruktur auf die Nutzung grünen Wasserstoffs vor. Gleichzeitig wird aber festgestellt, dass die Anforderungen der EU-Taxonomie an Gaskraftwerke zu anspruchsvoll seien, „um den Übergang in die Wasserstoffwirtschaft aus technologischer und wirtschaftlicher Sicht zu ermöglichen“.

Bei Aufsichtsratsmitgliedern scheint es Interessenkonflikte bei Vertragsabschlüssen zu geben, die im Aufsichtsratsbericht nur angedeutet werden. Einen echten Konflikt, nicht nur mit der Regelaltersgrenze, sondern vor allem mit seiner Arbeitszeit muss das Aufsichtsratsmitglied Dr. Hubert Lienhard haben, weil er in 2022 in neun Gremien aktiv war.

Der Aufsichtsrat hat beim Vorstand nicht erreicht, den Anteil an weiblichen Führungskräften der ersten Ebene in der EnBW AG auf das gesetzte Ziel zu bringen.

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