Massiver Anstieg der CO2-Emissionen, kurzsichtige Klimastrategie, keine vorauseilende Entscheidung zur virtuellen Hauptversammlung: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2021

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der EnBW kommt weiterhin nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen.

Plus 71 Prozent: Massiver Anstieg der direkten Treibhausgasemissionen

Das weiterhin nicht ausreichende Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien und die damit einhergehen Abhängigkeit von fossilen Energieträgern hat massive Auswirkungen. Weniger Wind und ein hoher Gaspreis reichen aus, dass EnBW wieder mehr Kohle verfeuert – die klimaschädlichste Art, Strom zu erzeugen. Gegenüber 2020 sind die direkten Treibhausgasemissionen der EnBW in 2021 um 71 Prozent auf 16 Mio. Tonnen CO2e gestiegen. Damit fällt die EnBW fast auf das Niveau von 2017 und 2018 zurück.

Kurzsichtige Klimastrategie ohne Klimaziel für vor- und nachgelagerte Emissionen

Schon seit Jahren hätten alle Investitionen in den Ausbau erneuerbare Energien gehen statt zum Teil auch in den Ausbau der Gasinfrastruktur. Die vermehrte Nutzung von Gasinfrastruktur führt auch dazu, dass der CO2-Fußabdruck der EnBW insgesamt steigt. So stiegen die vor- und nachgelagerten indirekten CO2-Emissionen (Scope 3) in 2021 um 22 Prozent auf über 60 Mio. Tonnen CO2e. Für diesen Scope 3 fehlt weiterhin ein Klimaziel. Der Vorstand muss endlich einen glaubhaften Plan vorlegen, bis wann und vor allem auf welche Weise die Scope 3-Emissionen gemäß den Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens reduzieren werden sollen.

Dass EnBW noch einen weiten Weg vor sich hat, um wirklich zukunftsfähig zu werden, zeigt ein Blick in die Kennzahlen der EU-Taxonomie: Noch nicht einmal 15 Prozent des Umsatzes 2021 ist nach den EU-Vorgaben ökologisch nachhaltig. 2020 waren es noch über 20 Prozent.

Die bisherige Geschäftsstrategie der EnBW, Kohle vor allem durch fossiles Gas zu ersetzen, erweist sich durch die hohen Gaspreise, spätestens aber durch Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine schon jetzt als fataler Fehler.

EnBW gehört zu den Top-Kunden von Gazprom

EnBW bezieht einen erheblichen Teil seiner Gasimporte vom russischen Staatskonzern Gazprom. Im Jahr 2021 importierte EnBW rund 495 TWh Erdgas, davon 20 Prozent von Gazprom. Die Hälfte des Gases, das die EnBW über Gashubs für das Geschäft in Deutschland bezieht, kommt ebenfalls aus Russland. Auch der Großteil der Steinkohleimporte der EnBW kommt aus Russland: 3,57 Millionen Tonnen von insgesamt 4,19 Millionen Tonnen im Jahr 2021. Hier rächt sich der langsame Ausbau erneuerbarer Energien, denn kurz- und mittelfristig muss EnBW auf Kohle und Gas aus anderen Regionen setzen, sollen die Importe aus Russland eingeschränkt werden.

Lieferkettengesetz: EnBW muss Menschenrechtsrisiken konsequent identifizieren und minimieren

Nach unseren bisherigen negativen Erfahrungen in Bezug auf das Risikomanagement bei Steinkohle-Zulieferern muss EnBW nun deutlich mehr Engagement zeigen und Verantwortung übernehmen.

2019 hatten die Organisationen MISEREOR, PAX und urgewald den Dialog mit EnBW abgebrochen, nachdem EnBW in einem Bericht die Menschenrechtsrisiken der Steinkohle-Lieferketten verharmlost hatte und Betroffene nicht zu Wort kamen. Zuvor hatten die Organisationen von EnBW über Jahre hinweg gefordert, die menschenrechtlichen Folgen des Kohleabbaus zu untersuchen, transparent darüber zu berichten, klare Erwartungen an die Bergbaukonzerne zu formulieren und bei Nicht-Erfüllung notfalls auch Geschäftsbeziehungen abzubrechen.

Ab nächstem Jahr gilt auch für EnBW das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Sollte die EnBW in Zukunft nicht hinreichend nachweisen können, menschenrechtliche Risiken in den eigenen Lieferketten angemessen und proaktiv zu minimieren, droht sogar der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Zu Tagesordnungspunkt 9: Änderung der Satzung in § 16 (Teilnahme an der Hauptversammlung und Ausübung des Stimmrechts)

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die von der Verwaltung vorgeschlagene Satzungsänderung zur Einführung virtueller Hauptversammlungen abzulehnen.

Begründung:

Auf Grundlage eines Gesetzentwurfs für virtuelle Hauptversammlungen, über den noch nicht einmal die Bundesregierung abschließend beraten hat, geschweige denn der Bundestag diskutiert hat, sollte keine Entscheidung gefällt werden. Für eine verantwortungsvolle Abstimmung zu diesem Punkt müssen alle Details des endgültigen Gesetzes bekannt sein.

Darüber hinaus sollte die Verwaltung folgenden Grundsatz beachten: Über eine solch umfassende Änderung, welche elementare Aktionärsrechte betrifft, sollte nicht schon unter den Bedingungen entschieden werden, über die erst noch entschieden werden muss. Aktuell sind die Aktionärsrechte auf virtuellen Hauptversammlungen stark eingeschränkt. Auch dieses Jahr hat die EnBW nichts unternommen, um über die aktuellen gesetzlichen Mindestanforderungen hinauszugehen und einen direkten Dialog mit den Aktionär:innen zu ermöglichen. Nachfragen oder Videobeiträge sind auch dieses Jahr nicht möglich.

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