Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
mein Name ist Tilman Massa, ich spreche für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit den uns übertragenen Stimmrechten fordern wir von Fraport deutliche effektivere Maßnahmen für den Schutz von Klima, Umwelt und Menschenrechten ein.
Wir werden Sie, den Vorstand, auch dieses Jahr nicht entlasten. Sie kommen weiterhin nicht hinreichend Ihrer Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen. Besonders Ihr Agieren bei Ihren beiden Flughäfen in Brasilien hat uns erneut aus der Fassung gebracht. Dazu habe ich etliche Fragen an Sie.
Ihr Flughafen in Porto Alegre: Geflutet, weil auf Sumpfgebiet gebaut
Zunächst zu Ihrem Flughafen in Porto Alegre. Die massiven Regenfälle der vergangenen Wochen haben im Süden von Brasilien eine Katastrophe verursacht: Die Zahl der Todesopfer ist auf mehr als 140 gestiegen, mehr als 600.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Mehr als zwei Millionen Menschen sind von den Überschwemmungen betroffen. Auch der Fraport-Flughafen in Porto Alegre ist geflutet, so dass dieser laut Behördenangaben bis mindestens September dieses Jahres geschlossen bleiben muss.
- Sind bei der Katastrophe Fraport-Beschäftigte bzw. Beschäftigte Ihrer Dienstleistungsunternehmen verletzt worden oder gar umgekommen? Wenn ja, in welchem Umfang?
- Wie sehen Ihre aktuellen Maßnahmen und Reaktionen in Bezug auf diese Katastrophe aus, insbesondere bei der Unterstützung der Betroffenen?
- Mit welchen Kosten rechnen Sie insgesamt? Ist Ihr Schaden versichert und wenn ja, inwiefern?
- Warum arbeitet Fraport nicht an der Trocknung des Flughafens?
- Wer war für die Trocknung des Frankfurter Flughafens während des Hochwassers 2023 verantwortlich: Fraport oder die öffentliche Hand?
- Wusste Fraport von der Entwässerung/Trocknung des Flughafens Porto Alegre, die von privaten Landwirten durchgeführt wurde, oder waren Sie daran beteiligt?
- Wird Fraport die eigenen Verluste an den brasilianischen Staat schieben?
- Wird Fraport öffentliche Gelder für die Wiederinstandsetzung des Flughafens in Porto Alegre erhalten?
- Wird Fraport so auch öffentliche Gelder beanspruchen, die eigentlich für den Wiederaufbau von Häusern für obdachlos gewordene Familien gedacht sind?
- Wie sehen Ihre Pläne für zukünftigen Hochwasserschutz aus?
Nun wird berichtet: Sie berufen sich nun gegenüber den Behörden auf „höhere Gewalt“. Sie wollen sich so die Reparaturkosten erstatten lassen. Dabei war von Anfang an klar, dass sich der Flughafen auf überschwemmungsanfälligem Sumpfgelände befindet. Für eine weitere Landebahn hatte Fraport bereits seit 2019 die Bewohner*innen der Vila Nazaré zwangsumgesiedelt.
Dabei sollte Ihnen klar sein:Bei den in Brasilien üblichen Konzessionsverträgen, die Fraport mit dem brasilianischen Staat unterzeichnet hat, gilt „höhere Gewalt“ nur dann als Grund, wenn sich die Betreiberin nachweislich nicht etwas hat zu schulden kommen lassen. Daher verlangen wir von Ihnen zuerst eine ehrliche und schonungslose Bestandsaufnahme, bevor Kosten sozialisiert, nachdem zuvor Gewinne privatisiert wurden. Es stellt sich auch die Frage nach Ihrer Mitverantwortung für klimawandelbedingte Starkwetterereignissen.
- Können Sie zum aktuellen Zeitpunkt sagen, dass es sich bei allen entstandenen Schäden am Flughafen in Porto Alegre ausschließlich um „höhere Gewalt“ handelt? Können Sie eine Mitverantwortung z.B. aufgrund unzureichender Risikoanalysen ausschließen?
- Ab wann war Ihnen das Problem bzw. das Überschwemmungsrisiko bekannt?
- Werden Sie offenlegen, welche Risikoanalysen und Schadensvorkehrungen am überschwemmungsanfälligen Flughafenstandort Porto Alegre vorgenommen wurden und unabhängig untersuchen lassen, warum diese so offensichtlich versagt haben?
- Sind Sie hierzu auch mit Ihren Versicherungen in Gesprächen und wenn ja, zu welchen Themen genau?
- Haben Sie weitere Expansionspläne für den Flughafen in Porto Alegre und wenn ja, wie sehen diese aus?
Ihr Flughafen in Fortaleza: Fragwürdige Ausbaupläne gefährden Regenwald
Für die Durchführung eines nur viertägigen Musikfestivals im Juli dieses Jahres billigte Fraport die Rodung von 200.000 m² geschützten städtischen tropischen Wald. Dieser ist für die Biodiversität der Region und für das Klima der gesamten Stadt Fortaleza von großer Bedeutung und erstreckt sich weiter entlang der Ostküste Brasiliens und gilt als eines der artenreichsten Ökosysteme der Welt. Der Wald ist daher gesetzlich geschützt. In einem offenen Brief hatten an die 90 Biolog*innen Sie aufgefordert, die städtischen Wälder zu erhalten. Doch Fraport ließ die Rodungsarbeiten auf ihrem eigenen Gelände zu, ohne dafür eine gesetzliche Genehmigung zu haben. Nun hat die brasilianische Bundesumweltbehörde IBAMA einen sofortigen Rodungsstopp verhängt. Die Landesstaatsanwaltschaft von Ceará hat Ermittlungen gegen Sie bzw. ihre Tochtergesellschaft aufgenommen. Die Festivalveranstalterin einigte sich indessen auf einen anderen Ort für die Durchführung des Festivals. Was sagt uns das? Der Erhalt von gesetzlich geschützten Naturflächen interessiert Sie nicht, es geht Ihnen um die Erschließung des Gebiets als renditeträchtige Immobilie. Das widerspricht aber Ihren eigenen Umwelt- und Sicherheitsrichtlinien, die Sie propagieren. Dazu folgende Fragen
- Hatten die Rodungsarbeiten auf dem Gelände bereits begonnen?
- Wenn ja, warum ist es nicht möglich, eines der letzten Flächen tropischen Regenwaldes in Fortaleza zu schützen?
- Was soll mit dem Gelände geschehen, falls es gerodet wird? Gibt es Pläne über den Bau eines Immobilienkomplexes auf dem Gelände?
- Wird das Festival Fortal im Jahr 2025 auf dem Gelände stattfinden?
- Haben Sie weitere Expansionspläne für den Flughafen in Fortaleza und wenn ja, wie sehen diese aus? Sind dazu etwa Rodungen geplant?
- Was unternehmen Sie konkret in Brasilien, um die Auswirkungen der Klimakatastrophe abzubremsen? Weiteres Abholzen von Regenwald sollte nun sicherlich nicht dazu gehören.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.