Die Fraport AG muss Verantwortung für ihr wirtschaftliches Engagement in Porto Alegre übernehmen und darf die massiven Menschenrechtsverstöße dort nicht länger ignorieren. Das ist die Forderung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. und der Kritischen Aktionäre an den Flughafen Frankfurt anlässlich der Morgen stattfindenden Hauptversammlung der Fraport AG.
Der börsennotierte Flughafenbetreiber hat zum 2. Januar 2018 den Betrieb des Flughafens Salgado Filho in Porto Alegre für die Dauer von 25 Jahren übernommen, zuständig ist die Tochterfirma Fraport Brasil. Mit den Investitionen der Fraport AG wurde die ursprünglich für die Weltmeisterschaft in Brasilien geplante Landebahnerweiterung wiederaufgenommen und der Ausbau ermöglicht. Für diese Erweiterung müssen aber 2.100 Familien aus dem Dorf Vila Nazaré vor den Toren Porto Alegres zwangsumgesiedelt werden. „Der Plan zur Umsiedlung wird willkürlich, autoritär, ohne hinreichende Vorabinformationen noch mit irgendwelchen Garantien für uns durchgeführt“, so die Anklage der betroffenen Familien, die sich in der Vereinigung der Bewohnerinnen und Bewohner der Vila Nazaré Amovin zusammengeschlossen haben. Die Bürger vor Ort beklagen die massive Missachtung ihrer Interessen und Rechte.
Die Bewohner berichten zudem von täglichem Polizeiterror in der Gemeinde. Eine konstante Präsenz vermummter Polizisten schüchtere die Bewohner ein. Es sind zudem Fälle von Gewalt und Folter durch Polizisten berichtet worden. „Wenn also Polizisten die Interviewer der Firma Itazi zur Befragung der Bewohnerinnen begleiten, so wird klar, wieso die Menschen hier eingeschüchtert sind“, ließ die Anwohnervereinigung Amovin erklären.
Trotzdem wollen die meisten Bewohner dort wohnen bleiben, wo sie schon immer gewohnt haben. Größter Kritikpunkt der Dorfbewohner ist die willkürliche Umsiedlung auf zwei verschiedene, weit entfernt liegende Stadtviertel Porto Alegres, die zudem eine sehr hohe Kriminalitätsrate haben.
In dieser angespannten, von Angst und Einschüchterung geprägten Situation bietet die Fraport AG den Betroffenen keine Unterstützung an, sondern mahnt vielmehr die lokale Regierung zur Eile, um den Zeitplan des Ausbaus einzuhalten. Arne Fellermann, Verkehrsexperte des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), warf der Fraport AG vor: „Zuhause wirbt Fraport mit der Einhaltung nationaler und international anerkannter Kodizes. In Porto Alegre verstößt das Unternehmen aber sehr deutlich gegen diese Standards. Und neben den großen Versäumnissen im Umgang mit den Anwohnern wird dort unnötig Umweltzerstörung in Kauf genommen.“
„Denn Brasilien hat eigentlich ambitionierte Ziele zur CO2-Reduktion: So soll der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2025 um 37 Prozent reduziert werden, bis 2030 gar um 43 Prozent. Dies werde aber durch weiteren massiven Ausbau des klimaschädlichen Flugverkehrs ad absurdum geführt werden.“, so Arne Fellermann.
Christian Russau von den Kritischen Aktionären betont: „Fraport ist mehrheitlich in den Händen des Bundeslandes Hessen und der Stadt Frankfurt. Ein Unternehmen mit starkem Eigentumsanteil der öffentlichen Hand darf durch seine Investitionen ganz sicher keine so fragwürdigen Zustände finanzieren.“
Die Verbände fordern, dass Fraport endlich Verantwortung für die Bürger vor Ort übernimmt und entsprechend handelt. Es muss unter transparenter Beteiligung aller Betroffenen ein Alternativplan erstellt werden, der den Flughafenausbau so konzipiert, dass die Umsiedlung der dort seit über 50 Jahren lebenden Familien unnötig wird. Ihre Lebenssituation darf sich durch den Flughafenausbau nicht verschlechtern. Außerdem muss der Ausbau so umweltschonend wie möglich erfolgen.
Hintergrund:
Der BUND unterstützt die Anliegen der Anwohner in Porto Alegre im Rahmen seiner Partnerschaft mit der Schwesterorganisation Núcleo Amigos da Terra (Friends of the Earth Brasilien).