Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
mein Name ist Liva Schäfer und ich spreche heute für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.
In Ihrem Geschäftsbericht stellen Sie fest, dass – ich zitiere – „der Betrieb eines Flughafens und der Luftverkehr vielfältige Auswirkungen auf die Umwelt haben“. Daher begrüßen wir es, dass ein – ich zitiere Ihren Geschäftsbericht erneut – „nachhaltiger, schonender und vorsorgender Umgang mit natürlichen Ressourcen“ einen wesentlichen Bestandteil Ihres Handelns darstellen soll.
Doch zeigen Ihre Flughafenausbaupläne in Brasilien eine ganz deutliche Diskrepanz zwischen dieser proklamierten Konzern-Politik und den Projektplänen der von Ihnen verwalteten Flughäfen in Fortaleza und Porto Alegre in Brasilien.
Auch wenn die von Ihnen gebilligte Rodung von Regenwald in Fortaleza – ohne dass jemals eine entsprechende Genehmigung vorlag – von der Umweltbehörde nun vorerst gestoppt wurde, muss ich feststellen: Für die Durchführung eines Musikfestivals plante Ihre brasilianische Tochtergesellschaft die Abholzung von 200.000 m² geschütztem Atlantischem Wald auf einem unter Ihrer Verwaltung stehenden Gebiet.
- Wie passt das zu Ihren Aussagen, die den Schutz von Ökosystemen und die Minderung von Umweltauswirkungen propagieren?
- Wie kann ein Unternehmen, das sich der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlt und sich, laut des Geschäftsberichts, für „nachhaltige und verantwortungsvolle Praktiken einsetzt“, die Zerstörung eines wichtigen Umwelterbes zulassen?
Sie sollten dringend Ihre Praktiken in Brasilien neu bewerten und effektive Maßnahmen ergreifen, um Ihrer Umweltverantwortung gerecht zu werden. Zu diesen Maßnahmen sollte u.a. die Entwicklung von Strategien zur Erhaltung und Wiederherstellung der geschädigten Gebiete gehören.
- Sehen Sie solche vor?
- Planen Sie, jene THG-Emissionen, die durch die Abholzung freigesetzt werden/wurden bzw. die von den Bäumen dadurch nicht aus der Atmosphäre entzogen werden können, auf irgendeine Weise auszugleichen bzw. in Ihre Emissionsbilanz mitaufzunehmen?
Sie sollten klare und einheitliche Richtlinien für alle Ihre globalen Operationen festlegen und sicherstellen, dass Ihre Umweltpolitiken in allen von Ihnen betriebenen Standorten konsistent und streng durchgesetzt werden.
Laut des „Airport Trackers 2024“ von der Denkfabrik ODI in Zusammenarbeit mit Transport&Environment, der die Auswirkungen von Passagierflügen und Luftfrachte auf Klima und Luftqualität misst, gehört der Flughafen Frankfurt zu den 20 klimaschädlichsten Flughäfel weltweit. Als viertgrößter Risikofaktor für die menschliche Gesundheit weltweit starben aufgrund von Luftverschmutzung im Jahr 2019 6,7 Millionen Menschen – Ihre Flughäfen tragen einen erheblichen Anteil daran mit.
Warum sage ich das, obwohl Sie lediglich Flughafenbetreiberin sind und daher wesentlich geringere direkte Emissionen aufweisen wie die Fluggesellschaften, die Ihre Flughäfen nutzen?:
Da Sie das Flugaufkommen auf Ihrem Flughafen als maßgeblich für den eigenen Umsatzerlös bezeichnen, sind die Fluggesellschaften, die als Kund*innen auf Ihrem Flughafen starten und landen, ein Teil Ihrer Wertschöpfungskette.
Denn genau genommen können auch ein Teil der CO₂-Emissionen aus der Verbrennung von Flugkraftstoff, etwa durch Flugzeuge der Lufthansa, Ihrem CO2-Fußabdruck mit angerechnet werden. Allein bei der Lufthansa sind im vergangenen Jahr die klimaschädliche Emissionen aufgrund der gestiegenen Nachfrage und des erweiterten Flugangebots um 16 Prozent auf 26,8 Mio. Tonnen gestiegen.
Somit sind auch Sie direkt für deren Klimaschädlichkeit und fehlende Emissionsreduktionsmaßnahmen verantwortlich, wenn Sie nicht auch mit Ihrer Kundschaft entsprechende Vereinbarungen treffen und selbst Maßnahmen ergreifen, um die steigenden Emissionen Ihrer Branche in den Griff zu kriegen.
Solange dies nicht passiert, ist Ihr Klimaziel, bis 2045 klimaneutral zu werden, schlicht nicht glaubhaft. Sie müssen die klimaschädlichen Emissionen der Wertschöpfungskette (Scope 3) in Ihren „Masterplan Dekarbonisierung“ integrieren.
Während andere Unternehmen ihre Scope-3-Emissionen in ihren Emissionsreduktionsmaßnahmen einbeziehen, lassen sich entsprechende Daten und Maßnahmen in Ihrem aktuellen Geschäftsbericht nicht auffinden. Vor diesem Hintergrund sehen Ihre Klimaschutzziele mehr als mau aus.
- Sie schreiben, dass die Berechnungen der Emissionen teilweise auf Schätzungen und Annahmen beruhen, wie konservativ sind diese?
- Welche Maßnahmen streben Sie an, um diese in Zukunft verlässlich zu erheben/berechnen?
- Werden jegliche Emissionen Ihrer Tochterunternehmen mit einbezogen?
- Warum haben Sie bisher noch keine konkreten Scope-3-Emissionsreduktionsmaßnahmen vorgenommen?
- Haben Sie Pläne, Ihre Scope-3-Emissionen zu erfassen und wenn ja, wie genau? Wenn nicht, warum nicht?
- Werden Sie die Emissionen von Fluggesellschaften, die Ihre Flughäfen nutzen, mit beachten?
Als Flughafenbetreiber besitzen Sie wie alle anderen Unternehmen auch Zulieferer, was bedeutet, dass Sie neben Ihrer nachgelagerten Wertschöpfungskette auch entlang Ihrer vorgelagerten Wertschöpfungskette CO2-Emissionen anfallen.
- Warum lässt sich dazu nichts im Geschäftsbericht finden?
- Inwiefern sehen sie es als angemessen an, vom Ziel „Klimaneutralität bis zum Jahr 2045“ zu sprechen, wenn Sie vorsehen – im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Unternehmen – lediglich Ihre Scope-1- und Scope-2-Emissionen zu senken?
Eine Studie der Manchester Metropolitan University zeigt, dass zwar ein Drittel der Klimawirkung des Luftverkehrs auf die Emission von Kohlendioxid zurückzuführen ist. Jedoch sind für zwei Drittel der Klimaeffekte die Kondensstreifen sowie die Emission von Ruß, Wasserdampf, Stickoxiden und diversen Aerosolen verantwortlich. Sie sprechen jedoch lediglich von CO2-Emissionen.
- Erfassen Sie auch die Klimawirkung der Kondensstreifen bzw. anderer THG-Emissionen?
- Planen Sie, auch Maßnahmen mit zu unterstützen, diese zu reduzieren?
- Wie stehen Sie in diesem Kontext zu nachhaltigen Flugkraftstoffen?
Derzeit machen sogenannte „nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) nur 0,1 Prozent des verbrauchten Flugzeugtreibstoffs aus. Um eine wirksame Dekarbonisierung zu erreichen, müsste die Produktion von heute einigen hundert Millionen Litern bis 2050 auf mehr als 400 Milliarden steigen. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellbar – vor allem angesichts der Zunahme des Flugverkehrs und Frachtaufkommens. Somit können SAF kaum die Lösung zur Klimaneutralität sein.
- Welche alternativen Möglichkeiten sehen Sie demnach, um Ihre Scope-3-Emissionen zu senken?
- Kompensationen von CO2-Emissionen sind zuletzt noch mehr in Verruf geraten, viele erreichen nicht im Ansatz die Ausgleichswirkung, die sie versprechen. Ich finde es begrüßenswert, dass Sie daran festhalten, Kompensationen bei Ihrer Klimazielerreichung auszuschließen. Würden Sie jedoch auf diese zurückgreifen, sollten Sie in Zukunft auch Ihre Scope-3-Emissionen reduzieren (müssen)?
Des Weiteren wird aus Ihrem Geschäftsbericht nicht ersichtlich, zu welchem Anteil auch ökologische Ziele in die Konzernstrategie einfließen.
- Zu welchem Anteil sind diese Teil der nicht-finanziellen Leistungskriterien?
Ich wende mich auch an das Land Hessen, dessen Vertreter im Aufsichtsrat der Fraport AG sitzen, und insbesondere an Sie, Herr Boddenberg (CDU), als Aufsichtsratsvorsitzenden:
- Welche Anforderungen haben Sie an die Fraport AG in Bezug auf Umweltverschmutzung und Klimaschädlichkeit oder geht es Ihnen allein um die kurzfristige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens?
- Inwiefern sehen Sie im fehlenden Einbezug der Scope-3-Emissionen in die Klimaschutzstrategie von Fraport und den fragwürdigen Flughafenausbauplänen in Brasilien eine Verletzung der Richtlinien, zu denen sich Fraport bekennt?
- Wie nimmt das Land Hessen mit mehr als 30 Prozent Anteil konkret seine klimaschutzpolitische Verantwortung in Bezug auf Fraport wahr?
Allgemein begrüßen wir es, dass Sie nun auch messbare und strategieabgeleitete Nachhaltigkeitsziele im neuen Vergütungssystem für den Vorstand einbeziehen wollen. Doch bleiben diese sehr unkonkret.
- Was sind die nun konkret geplanten Zielerreichungen bei Umwelt, Soziales und Governance im Vergütungssystem, insbesondere bei CO2-Emissionen, Luftqualität und Umweltschutz?
Die Hessische Landesregierung als Miteigentümerin der Fraport AG sollte die Aktivitäten der Fraport AG in Deutschland sowie in Brasilien und weltweit kritisch hinterfragen und in Bezug auf Brasilien u.a. den Schutz des Atlantischen Regenwaldes einfordern.
Es ist unerlässlich, dass Sie diese Situation ernst nehmen und Maßnahmen ergreifen, um den Schutz dieses wertvollen Ökosystems zu gewährleisten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.