Sehr geehrter Herr Schulte, sehr geehrter Herr Weimar,
werter Vorstand, werter Aufsichtsrat, sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Arne Fellermann von dem Umweltverband Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Wir vom BUND und vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre stimmen GEGEN DIE ENTLASTUNG VON VORSTAND UND AUFSICHTSRAT der FRAPORT AG.
Lassen Sie mich hier ausführen warum:
Normalerweise würde ich als Vertreter des BUND hier vermutlich über Umwelt oder Lärmprobleme sprechen. Aber mein Kollege, Christian Russau vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, hat es hier bereits dargelegt. Das Vorgehen von FRAPORT in Porto Alegre in Brasilien gegen die 2.100 Familien der Vila Nazaré ist nicht akzeptabel.
Wir sind empört, über das was wir von unserer Schwesterorganisation in Brasilien, Friends of the Earth Brasilien gehört haben über die Geschehnisse dort. FRAPORT geht dort rücksichtslos über die Interessen der Bewohner des Dorfes hinweg. Die 2.100 Familien und rund 5.000 Menschen, haben es im Lauf der Jahrzehnte geschafft, sich kleine Häuser zu errichten, damit sie ein Dach über dem Kopfe haben. Und sie schafften es, in der Nähe ihr Einkommen zu erarbeiten.
Nun steht ihnen aber ihre Zwangsräumung bevor, finanziert durch FRAPORT. Ohne ausreichende Beteiligung sollen sie in Alternativwohnungen umgesiedelt werden, die für sie ganz klar eine Verschlechterung ihrer Lebensumstände bedeuten würden.
Daher frage ich Sie, Herr Schulte:
- Gibt es einen Alternativplan zum Ausbau der Landebahn, der die angestammten Rechte der Bewohnern der Vila Nazaré respektieren würde und es den Bewohnern ermöglichte, dort in der Vila Nazaré zusammen wohnen zu bleiben, dort wo sie seit Generationen friedlich leben?
- Wenn nicht, warum gibt es keinen Alternativplan? Wurde das aus Wirtschaftlichkeitsgründen gescheut?
Und ich frage Sie, Herr Schulte:
- Sind Ihnen die Vorwürfe der Bewohner bekannt, dass sie von Polizisten vor Ort bedroht und eingeschüchtert wurden, dass Bewohner von Polizisten verprügelt wurden und dass es zu Fällen von Folter durch die Polizei kam? Was gedenken Sie dagegen konkret zu tun?
Falls Ihnen diese Vorwürfe nicht zu Ohren gekommen sein sollten, können wir Sie gerne mit den entsprechenden Informationen versorgen. Und sollte es in der Vorstandsetage ein Informationsdefizit zur Menschenrechtslage in Brasilien geben, dann können wir Ihnen umstandslos, unmittelbar und unbürokratisch sofort Hilfe anbieten.
Sehr geehrte Damen und Herren vom Aufsichtsrat.
Sie sind als Vertreter der Anteilseigner des Landes Hessen (3 Personen) und der Stadt Frankfurt am Main (zwei Personen) und des BUNDES (eine Person) hier im Aufsichtsrat vertreten. Schließlich sind ja unter den Anteilseignern der Fraport AG derzeit das Land Hessen (31,31 Prozent), die Stadtwerke Frankfurt am Main Holding GmbH (20,00 Prozent), die Deutsche Lufthansa AG (8,44 Prozent).
Wir würden es begrüßen, wenn sich die Mitglieder des Aufsichtsrates öffentlich äußern würden, wie Sie als gewählte öffentliche Mandatsträger es mit der Sozialverantwortung der Öffentlichen Hand vereinbaren können, wenn dank Ihrer Einwilligung 2.100 arme Arbeiterfamilien in Brasilien aus ihren Häusern zwangsgeräumt und vertrieben werden?
Wir haben bereits auf FRAPORTs Fähigkeit zu Prozessen gehört. Auf diese möchte ich noch einmal zurückkommen. Sie als Aufsichtsrat der Fraport AG haben es versäumt, den Vorstand anzuweisen, Prozesse in ihrem Unternehmen zu etablieren, die sicherstellen, dass solch skandalöse Vorgänge wie derzeit in Porto Alegre von vorneherein kategorisch ausgeschlossen werden.
Der Aufsichtsrat hat es demnach seiner eigenen Untätigkeit zu verdanken, dass sich die Menschen in Vila Nazaré gegen ihre Zwangsräumung zur Wehr setzen.
Sie verlangen von FRAPORT, dass die Firma endlich Verantwortung für die Verletzung des Menschenrechts auf Wohnen übernehme.
- Es muss ein Alternativplan vorgelegt werden, der den Flughafenausbau so konzipiert, dass die Umsiedlung der dort seit über 50 Jahren lebenden Familien unnötig wird.
- Die Rechte und die Würde der BewohnerInnen muss garantiert werden.
- zudem fordern die Bewohner, dass alle Informationen mit ihrer Gemeinde und den sie unterstützenden Organisationen geteilt werden müssen.
Solange FRAPORT diese Schritte nicht überzeugend und für die BewohnerInnen der Vila Nazaré nicht in zufriedenstellender Weise einleitet, solange sind wir gezwungen, dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern.
Meine Damen und Herren,
FRAPORT beruft sich auf der Webseite vollmundig auf seine verantwortungsvolle Unternehmensführung und die Einhaltung nationaler und international anerkannter Kodizes. Da wären
- die OECD-Leitsätze, ein Verhaltenskodex für weltweit verantwortliches Handeln von Unternehmen
- die ILO-Kernarbeitsnormen
- die zehn Prinzipien des UN Global Compact, dem weltweit größten und wichtigsten Netzwerk für unternehmerische Verantwortung und Corporate Social Responsibility
- und den Deutschen Nachhaltigkeitskodex.
Zusätzlich gelten die sog. Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen. Diese betreffen auch die Industrienationen und damit in besonderem Maße auch deutsche Unternehmen, somit auch: FRAPORT.
Deutschland hat sich den 17 UN-Zielen für eine nachhaltige Produktionsweise verpflichtet. Auch die Unternehmen sind dazu angehalten, selbst ihren einen eigenen Beitrag dazu zu leisten.
Übertragen wir die Schablone all dieser schön klingenden Selbstverpflichtungen allein auf den hier erwähnten Fall Porto Alegre, so sind wir konsterniert: Denn Zuhause wirbt Fraport mit der Einhaltung nationaler und international anerkannter Kodizes. In Porto Alegre verstößt das Unternehmen gegen Diese aber sehr deutlich.
Das möchte ich gerne gerade wegen der Beteiligung der Öffentlichen Hand an FRAPORT noch einmal weiter ausführen. Im Dezember 2016 hat die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet. Dieser formuliert die Erwartung, „dass Unternehmen die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht einhalten und Menschenrechte entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten achten.“ Der Aktionsplan beschreibt konkrete Prozesse, die Unternehmen umsetzen sollen, um ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht zu entsprechen.
Vor der erstmals in diesem Jahr anstehenden Überprüfung dieses Aktionsplans muss festgestellt werden: Fraport genügt den dort formulierten Grundsätzen nicht im Geringsten. Und gerade als Unternehmen im mehrheitlichen Besitz der öffentlichen Hand ist das in hohem Maße unakzeptabel. Fraport missachtet hier seine menschenrechtliche Sorgfaltspflicht.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.