Rede von Markus Dufner auf der Hauptversammlung der Fresenius SE & Co. KGaA am 17.05.2023
Sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
mein Name ist Markus Dufner, ich bin Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Wir vertreten die Stimmrechte von Kleinaktionärinnen und -aktionären und vertreten darüber hinaus auch Interessen der Zivilgesellschaft in Hauptversammlungen deutscher Aktiengesellschaften.
Ich spreche zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 und habe Fragen zu den Helios-Kliniken und zum Lieferkettengesetz.
Darüber hinaus hat mich die US-Gewerkschaft UNI Global Union gebeten, bei der heutigen Hauptversammlung von Fresenius SE die Redebeiträge und Fragen von Emanuel Gonzalez und Alberto Jun Villalon in deutscher Sprache vortrage.
Und nun zu dem Beitrag von Emanuel Gonzalez:
„Sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrat, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
Ich heiße Emanuel Gonzalez und bin ich seit 25 Jahren als Patient Care Tech in der Juniper Dialyseklinik FMC in Südkalifornien tätig.
Wir haben uns in meiner Klinik gewerkschaftlich organisiert, weil wir der Meinung sind, dass wir bessere Löhne und Sozialleistungen verdienen und ein echtes Mitspracherecht haben, wenn es um Fragen geht, die unsere Patienten und unsere Teammitglieder betreffen.
Jahrelang besuchte uns das Management und fragte uns, was sie tun könnten, um unsere Klinik besser zu machen, und es kam uns so vor, als ob unsere Anliegen ins Leere liefen, nie angesprochen wurden und die Probleme unter den Teppich gekehrt wurden.
Als wir im März unsere Gewerkschaftswahlen einreichten, wurden wir von vielen Führungskräften besucht, um uns von einer Gewerkschaftsgründung abzubringen. Dennis Kogod, Präsident von Fresenius Kidney Care, besuchte uns viermal, und Todd White, Senior Director of Operations Support, traf sich in den letzten zwei Wochen vor der Abstimmung jeden Tag mit uns.
Wir hatten drei Union Busters (zur Erläuterung: darunter sind Mitarbeiter zu verstehen, die Gewerkschaften bzw. Betriebsräte bekämpfen). Sie trafen sich mit uns, sie zogen uns in 1:1-Sitzungen und versuchten uns zu sagen, was in unserem besten Interesse war. Unser Management hat damit eine Atmosphäre der Spannung, Angst und Einschüchterung geschaffen.
Wir haben unsere Gewerkschaftswahlen zum Beitritt zur SEIU-UHW am 27. April einstimmig gewonnen. Seitdem haben wir keine Manager mehr in unseren Kliniken gesehen. Alle ihre Versprechen, uns anzuhören und ihnen eine Chance zu geben, die Dinge zu verbessern, waren also nur gespielt.
Sehr geehrter Vorsitzender, wenn Ihnen Ihre Beschäftigten in Kalifornien etwas bedeuten, fordern wir Sie auf, Ihre gewerkschaftsfeindliche Kampagne zu beenden! Wir appellieren auch an Sie, zu einer unserer Verhandlungssitzungen zu kommen, uns wirklich anzuhören und mit uns zusammenzuarbeiten, um diese Probleme zu lösen.“
Und nun zum Redebeitrag von Alberto Jun Villalon:
„Sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats, sehr geehrte Aktionäre,
ich bin Alberto Jun Villalon, ein examinierter Krankenpfleger aus der Brentwood Klinik in Nord-CA, 5 Jahre bei FMC und 10 Jahre als Dialysepfleger.
Wir haben die Wahl zur Gründung unserer Gewerkschaft mit SEIU-UHW am 15. Dezember 2022 in meiner Klinik gewonnen.
Wir haben uns gewerkschaftlich organisiert, um Personal, Löhne und Sozialleistungen zu regeln.
Anstatt mit uns zusammenzuarbeiten, um diese Probleme zu lösen, führt das Management von Fresenius eine Kampagne, um uns für unsere Gewerkschaftsgründung zu bestrafen.
Seit März haben wir kein float staff (Aushilfspersonal oder Springer) mehr, aber die Kliniken um uns herum haben Personal.
Sie sagen, die Personalkrise sei Ihr größtes Problem in den USA, aber eine unserer Krankenschwestern hat kürzlich wegen der Personal- und Lohnsituation gekündigt.
Warum sollten die Krankenschwestern bleiben, wenn Sie uns 5 $/Stunde zahlen und eine Krankenschwester in einem nahe gelegenen Krankenhaus 80 $/Stunde verdient?
Sie verursachen Ihre Personalkrise in den USA, aber Sie haben die Macht, dies zu ändern.
Nächsten Monat beginnen wir mit den Vertragsverhandlungen. Verpflichten Sie sich, mit uns in gutem Glauben zu verhandeln? Verpflichten Sie sich, mit uns zusammenzuarbeiten, um die Personalproblematik anzugehen und unsere Löhne an die Inflation anzupassen, um die Moral Ihrer Mitarbeiter zu stärken und das Personal zu halten, damit unsere Patienten die bestmögliche Pflege erhalten?“
Nun komme ich zur Fresenius-SE-Tochtergesellschaft Helios-Kliniken.
Über 20 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte aus Rottweil und Umgebung kritisieren Missstände in der Helios-Klinik in Rottweil.
Die Helios-Klinik sei auf ihre Wirtschaftlichkeit fokussiert, statt auf das Wohl der Bevölkerung – so die Verfasser des Briefes. Sie glauben nicht, dass das Personal unfähig ist: „Wir denken, es liegt nicht am Personal, welches aufgrund eines Personalmangels vollständig überfordert ist, sondern am grundsätzlichen Vorgehen der Helios-Klinik-Struktur.“ Es gebe zu wenig Personal. Stellen würden gekürzt und nicht mehr nachbesetzt. Meine Fragen an Sie, Herr Sen:
- Gibt es bei den Helios-Kliniken generell Personalmangel? Wie viele Stellen wurden nicht mehr nachbesetzt? Bitte nennen Sie Zahlen für die Jahre 2020, 2021 und 2022. Was tun sie, um den Mangel zu beheben?
- Gibt es bei der Helios-Klinik Rottweil Personalmangel? Und auch hier: Wie viele Stellen wurden nicht mehr nachbesetzt? Bitte nennen Sie Zahlen für die Jahre 2020, 2021 und 2022.
- Welche Hinweise auf Überforderung des Personals sind Ihnen bekannt – allgemein und in der Helios-Klinik Rottweil?
- Wie viele Ärztinnen und Ärzte haben ihre Verträge mit Helios-Kliniken gekündigt? Bitte nennen Sie Zahlen für 2020, 2021 und 2022?
- Fehlende Ärzte: Wie gestaltet sich die Suche der Helios-Kliniken nach Ärztinnen und Ärzten im Ausland?
Abschließend habe ich noch Fragen zum Lieferkettengesetz.
1. Am 1. Januar trat das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Kraft. Ist die Fresenius SE gut darauf vorbereitet?
2. Mit wie vielen Lieferanten insgesamt hat es Fresenius SE zu tun?
3. Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um Ihr Lieferantenmanagement fit für das Lieferkettengesetz zu machen?
4. In wie vielen Staaten sind Ihre Lieferanten angesiedelt?
5. Sind darunter auch autoritäre, nichtdemokratischen Staaten, in denen es schlecht um die Lage der Menschenrechte bestellt ist, z.B. China?
6. Sind Ihnen Menschenrechtsverletzungen oder umweltbezogene Risiken bei Ihnen Lieferanten bekannt? Wenn ja: welcher Art, wie viele, in welchen Ländern?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.