Die Bedenken der Gewerkschaften stehen im Zusammenhang mit dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das die Einhaltung grundlegender Arbeitnehmerrechte regelt.
- Die Fresenius Global Union Alliance nimmt an den Hauptversammlungen von Fresenius Medical Care und Fresenius SE teil, um auf Bedenken hinsichtlich der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten hinzuweisen – und Fragen zur Einhaltung und Umsetzung des deutschen Lieferkettengesetzes zu stellen.
- Beschäftigte und Gewerkschaften fordern die beiden multinationalen Unternehmen auf, die Verletzung von Menschen- und Arbeitnehmerrechten zu beenden und die Vereinigungsfreiheit sowie das Recht auf Kollektivverhandlungen zu respektieren.
Vor den Jahreshauptversammlungen von Fresenius Medical Care (FMC) und Fresenius SE am 16. und 17. Mai übt die Fresenius Global Union Alliance, ein Zusammenschluss von Gewerkschaften aus der ganzen Welt, gemeinsam mit dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre Kritik an den beiden multinationalen Unternehmen. Vertreter*innen werden an den Jahreshauptversammlungen in Frankfurt am Main teilnehmen, um eine wirksame Sorgfaltsplicht (Due Diligence) und eine aktive Beteiligung der Gewerkschaften an diesem Prozess zu fordern.
Die Risiken für Beschäftigte in Kolumbien in Bezug auf die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen sind seit Jahren bekannt und wurden von Fresenius SE in der eigenen Risikobewertung berücksichtigt. Dennoch berichteten Beschäftigte, dass sich Verhandlungsprozesse in den Kliniken verzögerten, weil die Unternehmensleitung nicht in gutem Glauben verhandelt habe. Die Konflikte wurden vor ein Schiedsgericht gebracht, und nachdem die Beschäftigten gegen die Weigerung von Fresenius, zu verhandeln, gewonnen hatten, beantragte die Unternehmensleitung die Aufhebung der Schiedssprüche in drei Kliniken.
David Boys, stellvertretender Generalsekretär von PSI und Vertreter der Fresenius Global Union Alliance: „Es ist bekannt, dass Kolumbien eines der gefährlichsten Länder der Welt für Gewerkschafter*innen und Aktivist*innen ist. Dementsprechend begrüßen wir es, dass Fresenius SE endlich die Missachtung der Vereinigungsfreiheit und des Rechts auf Kollektivverhandlungen als prioritäres Risiko in ihrem eigenen Geschäftsbereich identifiziert hat. Doch das ist nicht genug. Die Vorfälle in Kolumbien sind Fresenius seit Jahren bekannt, und dennoch sind unsere Genossinnen und Genossen weiterhin täglich diesen Rechtsverletzungen ausgesetzt. Wir fordern Fresenius auf, unverzüglich Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen.“
In den USA – dem größten Markt von Fresenius Medical Care – bestreikten die Beschäftigten im Herbst 2023 in mehr als einem Dutzend FMC-Kliniken. Beschäftigte berichteten, dass sie in den Kliniken bedroht, eingeschüchtert und in einigen Fällen sogar entlassen wurden, weil sie versucht hatten, eine Gewerkschaft zu gründen, und dass das Unternehmen sich weigerte im guten Glauben zu verhandeln und illegale Änderungen an den Arbeitsbedingungen vornahm. Darüber hinaus hat Fresenius Medical Care laut Berichten gegenüber dem US-amerikanischen Arbeitsministerium seit 2018 drei Millionen Dollar für gewerkschaftsfeindliche Maßnahmen (Union Busting) ausgegeben. „Auch wenn das in den USA nicht illegal ist, zeigt es die Haltung des Unternehmens gegenüber den Beschäftigten, die ihr Recht auf gewerkschaftliche Organisierung wahrnehmen. Doch die Beschäftigten kämpfen weiter für Veränderungen und haben sich in 15 Kliniken und Krankenhäusern organisiert“, sagt Cass Gualvez, Organizing Director und Executive Committee Member bei SEIU-UHW.
Manny Gonzalez, ein zertifizierter Hämodialyse-Techniker bei Fresenius Kidney Care Juniper Fontana in Kalifornien, berichtet über die hohe Arbeitsbelastung: „Wir verbringen mehr Zeit mit unseren Patient*innen und Kolleg*innen als mit unseren eigenen Familien, und das Management weiß, dass wir chronisch unterbesetzt und unterbezahlt sind.“
„Die USA sind jedoch nicht das einzige Land, in dem die Gewerkschaften die Arbeitspraktiken des Managements von Fresenius Medical Care kritisiert haben“, sagt Alke Boessiger, stellvertretende Generalsekretärin von UNI Global Union. „Auf den Philippinen wurden bei Inspektionen in verschiedenen Dialysezentren Verstöße gegen das Arbeitsrecht sowie gegen Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften festgestellt. Außerdem hat das Unternehmen vor kurzem eine Geschäftspolitik zur Vermeidung von Interessenkonflikten eingeführt. Diese birgt das Risiko das Recht auf Vereinigungsfreiheit der Beschäftigten zu untergraben, da die Mitgliedschaft der Beschäftigten in anderen Organisationen einschränkt und politische Spenden verboten werden. Fresenius muss unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um die Missstände zu lösen. Dazu gehört auch die Aushandlung eines globalen Rahmenabkommens, das ein sinnvolles Instrument zur Umsetzung des deutschen Lieferkettengesetzes und der europäischen Sorgfaltspflicht-Richtlinie (SCDDD) darstellt.“
Über die Fresenius Global Union Alliance
Mehr als 50 Gewerkschaften aus der ganzen Welt haben sich in der Fresenius Global Union Alliance zusammengeschlossen, die von PSI, UNI Global Union und IndustriALL Global Union koordiniert wird. Eines der Ziele: Ein globles Rahmenabkommen zur Einhaltung und Sicherung von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten.