COSCO-Beteiligung: HHLA machte falsche Angaben zu kritischer Infrastruktur

Gegenanträge des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
zur Hauptversammlung der Hamburger Hafen und Logistik AG am 15.06.2023

Der chinesische Staatskonzern COSCO wurde 2023 am Hamburger Terminal Tollerort beteiligt: V.l. HHLA-CEO Angela Titzrath, Vize-Staatspräsident Wang Qishan und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (Foto ohne Flaggen: HHLA von 2019)


Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstandes für das Geschäftsjahr 2022

Der Dachverband der Kritischen Aktionär*innen beantragt die Mitglieder des Vorstandes für das Geschäftsjahr 2022 nicht zu entlasten.

Begründung

Der Vorstand der Hamburger Hafen und Logistik AG machte im Zuge der Beteiligung von COSCO SHIPPING Ports Limited (CSPL) am Containerterminal Tollerort falsche Angaben.

Die Entscheidung, eine Beteiligung am Containerterminal Tollerort durch den chinesischen Staatskonzern COSCO zu genehmigen, geschah unter falschen Voraussetzungen. Nach Informationen von NDR und WDR hatte der Hafenbetreiber, die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), im Verlauf des Prüfverfahrens mehrmals behauptet, beim Terminal Tollerort handele es sich um keine kritische Infrastruktur (KRITIS). Diese Einordnung war aber falsch. Denn der jährliche Umschlag am Terminal Tollerort lag deutlich über der in der Verordnung festgelegten Grenze, ab der ein solches Terminal als besonders schützenswert gilt.

Nach der Freigabe durch die Bundesregierung kann die COSCO nun 24,9 Prozent am Container-Terminal Tollerort übernehmen. Die HHLA hatte ursprünglich mit COSCO sogar einen Vertrag über eine Minderheitsbeteiligung von 35 % an der HHLA Container Terminal Tollerort GmbH (CTT) geschlossen (Geschäftsbericht, 2. 295). Im Gegensatz zum Bundeskanzleramt hatten das Bundesaußenministerium, das Bundeswirtschaftsministerium und andere Ressorts wegen der Übernahme durch den chinesischen Staatskonzern Bedenken geäußert. So könnte der Einfluss des autoritär regierten China auf Kritische Infrastruktur in Deutschland zu groß werden.

Eine Recherche von NDR und WDR hatte mehrere Auffälligkeiten im Laufe des Prüfverfahrens gezeigt, das sich insgesamt von Sommer 2021 bis Mai 2023 hinzog. „Anfang 2022 trat eine erneuerte KRITIS-Verordnung in Kraft – und sie hätte Folgen haben müssen: Da sich Kategorien veränderten, hätte sich die HHLA mit dem Terminal Tollerort bis Anfang April 2022 beim BSI als kritische Infrastruktur registrieren müssen. Das passierte aber nicht.“
https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/China-Investition-in-Hamburg-Falsche-Einstufung-durch-HHLA,cosco144.html

Laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sind Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.

Generell und speziell im Zusammenhang mit dem COSCO-Deal sollte die Hamburger Hafen und Logistik AG auf unzutreffende Schuldzuweisungen und Schlussfolgerungen verzichten. So schreiben Sie im Geschäftsbericht auf S. 23: „Anfang Oktober [2022] zog die Aktie durch die kritische, teilweise undifferenziert geführte Debatte um eine Minderheitsbeteiligung von COSCO SHIPPING Ports Limited (CSPL) an der Betreibergesellschaft des Hamburger Container Terminal Tollerort (CTT) die Aufmerksamkeit auf sich. Die Aktie notierte in dieser Zeit auf einem Jahrestiefststand von 10,98 €.“


Zu Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 2022

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt die Mitglieder des Aufsichtsrates nicht zu entlasten.

Begründung:

Die Mitglieder des Aufsichtsrates sind ihrer Pflicht als Kontrollorgan des Unternehmens nicht ausreichend nachgekommen.

Der Aufsichtsrat hätte den Vorstand der Hamburger Hafen und Logistik AG daran hindern müssen, im Zuge der Beteiligung von COSCO am Containerterminal Tollerort falsche Angaben zu machen (siehe Gegenantrag zu TOP 3).


Zu Tagesordnungspunkt 7: Satzungsänderungen

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Beschlussvorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand abzulehnen.

Begründung:

Wir lehnen Hauptversammlungen ab, die die physische Präsenz von Aktionärinnen verbieten. Die Entscheidung darüber, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betrifft hauptsächlich die Aktionärinnen. Wir sind der festen Überzeugung, dass nur Hauptversammlungen in Präsenz einen echten Austausch zwischen Aktionärinnen und Unternehmensführung gewährleisten können. Daher sind wir der Ansicht, dass die Hauptversammlung über solche Fragen entscheiden sollte und nicht der Vorstand. In Betracht ziehen wir aber die Option der hybriden Hauptversammlung, die die Vorzüge beider Möglichkeiten vereint.


Die Verwaltung der Hamburger Hafen und Logistik AG hat eine Stellungnahme zu unseren Gegenanträgen abgegeben.

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