Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
mein Name ist Liva Schäfer und ich spreche heute für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Ich nehme Bezug auf unsere Gegenanträge, die ich hiermit auch formal stelle.
Sie halten weiter an einer einseitigen Gewinnmaximierung fest, treiben fragwürdige Expansionspläne voran und rüsten Krisen- und Konfliktregionen auf. Das steht in eklatantem Widerspruch zur Unterzeichnung des UN Global Campact, zu dem Sie sich verpflichtet haben.
Die folgenden Beispiele zeigen: eigene Selbstbeschränkungen zum Schutz von Menschenrechten wollen Sie sich nicht auferlegen. Bis heute fehlen der Geschäfts- und Exportstrategie Ihres Konzerns menschenrechtliche und moralische Eckpfeiler. Stattdessen verweisen Sie weiter darauf, gesetzliche Rahmenbedingungen einzuhalten – wohl wissend, dass die Exportregularien in einer ganzen Reihe seiner Vertriebsstandorte mehr als lückenhaft sind.
Hensoldt exportiert TRS-4D-Radarsysteme nach Saudi-Arabien zur Ausstattung von Avante-Fregatten. Diese Fregatten wurden seit 2022 ungeachtet der Grausamkeiten des Jemen-Kriegs nach Saudi-Arabien exportiert. Und das, obwohl die Seeblockaden jemenitischer Häfen durch Saudi-Arabien in jüngster Vergangenheit zu massiver Hungersnot im Jemen beigetragen haben.
– Inwiefern stufen Sie als Konzern derartige Lieferungen als unproblematisch ein?
Darüber hinaus sind Sie in die Herstellung und Modernisierung des Eurofighters involviert. Auch hier stehen aktuell neue Lieferungen an Saudi-Arabien im Raum. Dies ist besonders heikel, weil die Regierung in Riad erwiesenermaßen Eurofighter im Jemenkrieg eingesetzt hat.
– Ungeachtet behördlicher Genehmigungen – wie schätzen Sie als Konzern das menschenrechtliche Risiko ein, Saudi-Arabien weiter aufzurüsten angesichts der Tatsache, dass im Jemen-Krieg unzählige Zivilist*innen Opfer saudischer Bombardements geworden sind?
– Wie hoch war der Auftragsbestand in der Hensoldt AG für Produkte mit Endverbleib in Saudi-Arabien am 31.12.2023?
– Wie hoch war der Auftragsbestand in der Hensoldt AG für Produkte mit Endverbleib in Länder der MENA-Region am 31.12.2023?
Wegen des Krieges im Jemen stoppte die Bundesregierung zwischen 2018 und 2023 Lieferungen an Saudi-Arabien und die VAE.
– Inwiefern waren davon auch Lieferungen der Hensoldt AG ab 2020 betroffen?
– Gab es in diesem Zusammenhang je Diskussionen in Vorstand und Aufsichtsrat über die Vertretbarkeit von (Zu-)Lieferungen nach Saudi-Arabien und/oder VAE?
Die Kooperation zwischen deutscher und israelischer Rüstungsindustrie ist sehr ausgeprägt. Auch Hensoldt unterhält vielfältige Geschäftsbeziehungen mit Israel und hat diese teilweise in den letzten Monaten trotz der militärischen Maßnahmen der israelischen Regierung in Gaza, die gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht verstoßen, wie die gezielte Bombardierung ziviler Ziele, weiter ausgebaut. Der UN-Menschenrechtsrat und der Hochkommissar für Menschenrechte sowie weitere internationale und unabhängige Expert*innen und Organisationen sprechen sich für einen Rüstungsexportstopp nach Israel aus, bei denen das Risiko besteht, dass mit diesen Menschenrechtsverletzungen oder Verletzungen des humanitären Völkerrechts begangen oder erleichtert werden könnten.
– Inwieweit spielen mögliche Verstöße gegen ihre unternehmerischen Sorgfaltspflichten eine Rolle bei aktuellen Entscheidungen über Exportgeschäfte mit dem Endempfängerland Israel, und wie wirkt sich dies auf entsprechende Geschäftstätigkeiten aus?
– Stehen Sie als Konzern im Austausch mit der Bundesregierung über mögliche Risiken (auch rechtliche) für sie als Unternehmen bei Exporten von Gütern nach Israel, die militärisch eingesetzt werden könnten?
– Haben die militärischen Maßnahmen der israelischen Armee in Gaza und im Westjordanland, die gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht verstoßen Sie als Konzern dazu veranlasst, Exporte von Gütern nach Israel, die militärisch eingesetzt werden könnten auszusetzen?
– Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, waren dabei auch rechtliche Gründe entscheidend und wenn ja, welche?
– Wurden Sie als Konzern von der Bundesregierung darum gebeten von bereits erteilten Exportgenehmigungen für Rüstungs- oder Dual-use Güter nach Israel zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Gebrauch zu machen? Wenn ja, wann und sind Sie dieser Bitte/Aufforderung nachgekommen?
Hensoldt plant, sein internationales Geschäft auch über die bestehenden Kernmärkte in Europa hinaus auszubauen. Dabei sorgen bereits heute zahlreiche Exportgeschäfte des Konzerns (wie eben teilweise aufgeführt) für umfangreiche Kritik.
– Auf welche Länder und Regionen legen Sie dabei konkret den Schwerpunkt?
– Inwiefern ist eine Ausdehnung des Geschäftes im Nahen Osten und der MENA-Region geplant?
Ich habe ferner noch ein paar ganz allgemeine Fragen an Sie:
– Hat die Hensoldt AG im Jahr 2023 Verkaufsgeschäfte maßgeblich auf der Grundlage zum Schutz von Menschenrechten abgelehnt?
– Wenn ja, wie viele und welche Länder hat dies betroffen? Erfolgte dies ggf., weil mit einer behördlichen Exportgenehmigung nicht zu rechnen war oder aus eigenem Antrieb?
– Hensoldt hat das Sensormodell Argos-II inzwischen an 24 Staaten exportiert. Um welche Länder jenseits von Europa handelt es sich dabei?
– Inwiefern verfügen Sie als Konzern bereits über eine entsprechende Richtlinie im Umgang mit erweiterten autonomen Funktionen wie eine vollautomatische Flugsteuerung und Navigation? Wenn Sie so etwas noch nicht haben, warum nicht?
– Warum unterhält die Hensoldt AG Geschäftsbeziehungen sowohl zu Pakistan als auch zu Indien – zwei Länder zwischen denen es immer erhebliche militärische Spannungen gibt?
– Was wurde von Südafrika aus in die MENA-Region exportiert? Bitte schlüsseln Sie die Antwort nach Produkt und Empfängerland auf.
– Wie viel Prozent des Gesamtumsatzes der Hensoldt AG wurde durch Hensoldt Südafrika erwirtschaftet?
– In welchem Umfang haben Sie bisher vom Sondervermögen der Bundesregierung profitiert und für welche Projekte hat sie dabei Unterstützung erhalten?
– Wie bewerten Sie die Entwicklungen beim Projekt Future Combat Air System (FCAS) im Jahr 2023?
– In welchem Umfang haben Sie bisher finanzielle Unterstützung für ihre Mitarbeit an dem Programm erhalten?
– Sind Sie an dem internationalen Entwicklungsprojekt Global Combat Air Programm (GCAP) beteiligt?
– Wie bewerten Sie die Entwicklungen beim Projekt Main Ground Combat System (MGCS) im Jahr 2023?
Welche PR- und Lobbyagenturen haben Sie im Jahr 2023 beschäftigt?
– Wie lange war jeweils die Vertragslaufzeit?
– Was war jeweils der genaue Zweck der Beauftragung der jeweiligen Agentur?
– Wie hoch waren jeweils die Kosten?
Ich habe eine letzte Frage an Sie: Würden Sie es ernst meinen mit Ihren Bekenntnissen zu Sicherheit und Nachhaltigkeit, müssten Sie sich von Kunden zu trennen, die Menschenrechte verletzen oder in völkerrechtswidrige Kriegshandlungen verstrickt sind. Warum tun Sie dies nicht?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.