Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2017
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.
Begründung:
Keine Achtung indigener Rechte in Indonesien
Die HeidelbergCement AG verletzt eine Reihe der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen als auch der Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen. Dies zeigt beispielweise das Vorhaben des indonesischen Tochterunternehmens Indocement, im Landkreis Pati der Provinz Zentraljava, Indonesien, eine Zementfabrik zu errichten und für Zement benötigte Ressourcen abzubauen.
Indocement bemüht sich um Ausnahmeregelungen, denn Karstgebiete gelten in Indonesien nach nationalem Recht als ökologische Schutzgebiete. Teile des Gebietes, auf dem das Tochterunternehmen von HeidelbergCement Rohstoffe gewinnen möchte, waren zuvor als geologisches Schutzgebiet ausgewiesen. Zwischenzeitlich wurde dann beinahe die Hälfte des Gebietes aus dem Schutzstatus entlassen. In der Folge erhielt Indocement eine Umweltgenehmigung für das Gebiet. Diese Genehmigung lief am 8. Dezember 2017 aus. Dies geschieht automatisch, wenn es seitens des Unternehmens innerhalb von 3 Jahren keine Aktivitäten nach Geschäftsplan gegeben hat. Laut Angaben von HeidelbergCement liegen alle Genehmigungen weiterhin gültig vor. Wenn dies den Tatsachen entspricht, stellt dies eine Umgehung von geltenden Gesetzen und Bestimmungen dar.
Eine Umsetzung des geplanten Vorhabens in Pati würde außerdem einem großen Teil einer indigenen Gruppe die Lebensgrundlage entzogen. Dies ergäbe sich aus den ökologischen Konsequenzen des Vorhabens, aus den Auswirkungen auf das Ökosystem des Karstgebirges und die es umgebende Landwirtschaft. Der Großteil der Bevölkerung ist gegen das Vorhaben und betroffene Bauern wurden nicht gefragt, ob sie bereit sind, ihr Land zu verkaufen. Die Rechte indigener Gruppen auf ihr Land, ihre Gebiete und ihre Ressourcen müssen u.a. laut den UN-Leitprinzipien geachtet werden. HeidelbergCement hat wiederholt angegeben, eine Repräsentanz vor Ort eingerichtet zu haben. Doch wo genau diese sich befindet und wie diese in kontinuierlichem Kontakt mit der Lokalbevölkerung steht, ist nicht bekannt.
Bereits im letzten Jahr hat sich Gunarti, Mitglied der indigenen Gemeinschaft und Vertreterin der lokalen Bürgerinitiative JMPPK (Netzwerk der Menschen, denen das Kendeng-Gebirge am Herzen liegt), auf der Aktionärsversammlung an HeidelbergCement gewandt. In diesem Jahr hat sie einen offenen Brief an die Aktionärinnen und Aktionäre und auch explizit an Herrn Dr. Scheifele geschrieben.
HeidelbergCement hat nicht auf den Brief reagiert. Dies entspricht aus unserer Sicht nicht einer „offenen, problembewussten Kommunikation und einem konstruktiven Dialog mit allen relevanten Stakeholdergruppen“, wie die HeidelbergCement AG in ihrem Internetauftritt erklärt.
Intransparenz bei Zementwerk in besetzter Westsahara
Seit vier Jahrzehnten hält Marokko Teile des Gebiets der Westsahara besetzt. Die Hälfte der Bevölkerung des Gebiets ist nach der Besetzung geflohen. Kein Staat der Welt erkennt daher Marokkos Anspruch auf Westsahara an, auch der Internationale Gerichtshof hat erklärt, dass Marokko kein Recht auf dieses Territorium hat. Mehr als 100 UN-Resolutionen fordern das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung Westsaharas ein.
HeidelbergCement scheint sich nicht um die Rechte der Menschen in der Westsahara zu kümmern. Wenige Kilometer außerhalb der Hauptstadt Westsaharas betreibt eine Tochtergesellschaft von HeidelbergCement eine Zementfabrik. Die Fabrik befindet sich im Besitz von Ciments du Maroc (CIMAR), die über eine italienische Tochtergesellschaft, Italcementi, Teil des deutschen Konzerns ist.
Es ist unklar, ob HeidelbergCement von der rechtmäßigen Vertretung der Bevölkerung der Westsahara die Zustimmung erhalten hat, im besetzten Gebiet operieren zu dürfen. Bislang haben weder HeidelbergCement noch Italcementi auf die Bemühungen der Organisation Western Sahara Ressource Watch reagiert, die rechtliche Situation zu klären. Es ist nicht hinnehmbar, dass HeidelbergCement nicht umgehend die Legalität einer seiner Zementfabriken nachweisen kann.
Es scheint vielmehr so, als ob HeidelbergCement nichts von seiner im besetzten Gebiet betriebenen Zementfabrik wüsste. Auf ihren Webseiten und in Berichten platzieren die HeidelbergCement AG und ihre Tochtergesellschaften das Zementwerk El Aaiún systematisch im falschen Land und behaupten, es befinde sich in Marokko.
Auf allen Karten auf der Website von HeidelbergCement ist Westsahara als Teil von Marokko abgebildet. HeidelbergCement unterstützt mit diesen Darstellungen nicht nur die Besatzung durch Marokko, sondern ignoriert Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union. Dieser hat in einem Urteil vom 21. Dezember 2016 den Status der Gebiete Marokkos und der Westsahara als „unterschiedlich und getrennt“ bezeichnet. Am 10. Januar 2018 hat der Generalanwalt des Gerichts den Status Marokkos auf dem Territorium als Besatzungsmacht näher ausgeführt und dabei unterstrichen, dass das humanitäre Völkerrecht anwendbar sei.
Zu Tagesordnungspunkt 4: Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2017
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zu entlasten.
Begründung:
Der Aufsichtsrat ist seinen Kontrollpflichten nicht nachgekommen, den Vorstand auf die Einhaltung und Achtung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen bzw. der Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen hinzuweisen.
Weiterhin völkerrechtswidrige Geschäftstätigkeit im Westjordanland
Der Aufsichtsrat lässt es weiterhin zu, dass der Vorstand durch seine Geschäftspolitik die Nichteinhaltung des Völkerrechts in dem von Israel besetzten Westjordanland weiterhin unterstützt, dass das Unternehmen Teil der Besatzungsökonomie ist und außerdem eine Geschäftsschädigung billigend in Kauf nimmt.
HeidelbergCement profitiert von völkerrechtswidrigen Maßnahmen und trägt gleichzeitig dazu bei, dass der illegale Status der israelischen Siedlungen aufrechterhalten bleibt, was völkerrechtswidrig ist. Auch im aktuellen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wird die aktuelle Siedlungspolitik als völkerrechtswidrig bezeichnet.
Das auf der Hauptversammlung 2016 angekündigte Ende der Lizenz im Steinbruch Nahal Raba für 2017 wurde bislang nicht in die Praxis umgesetzt. Damit wird der völkerrechtswidrige Abbau von Ressourcen auf Kosten der palästinensischen Bevölkerung fortgesetzt. Es ist nicht akzeptabel, dass der Aufsichtsrat dem Vorstand nicht zu einem entschiedenen Handeln in dieser Sache aufgefordert hat.
Die Geschäftstätigkeit im Westjordanland schadet HeidelbergCement. Im Herbst 2017 schloss der drittgrößte dänische Pensionsfonds Sampension HeidelbergCement aus seinem Portfolio wegen Investments in den illegalen israelischen Siedlungsaktivitäten aus. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass das Unternehmen noch im Laufe dieses Jahres in die „Negativliste“ des UN-Menschenrechtsrats aufgenommen wird. Die Konsequenz: ethische Fonds würden nicht mehr in das Unternehmen investieren.
Wir erwarten vom Aufsichtsrat, dass er den Vorstand bei der notwendigen sofortigen Trennung von dem Geschäftsbereich von Hanson Israel, der in der Westbank liegt, voll unterstützt, begleitet und damit einer Achtung und Umsetzung internationalen Rechts Rechnung trägt – auch um weiteren Schaden vom Unternehmen fernzuhalten.