Rede von Markus Dufner auf der Hauptversammlung der Heidelberg Materials AG am 16.05.2024
Sehr geehrte Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
mein Name ist Markus Dufner, ich bin Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. 29 0rganisationen aus den Bereichen Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz sind Mitglied bei uns.
Wir sind selbst ein Dachverband, aber 2023 wurden wir Mitglied eines viel größeren Dachverbands: der Klima-Allianz Deutschland. Die Klima-Allianz ist das breite gesellschaftliche Bündnis für den Klimaschutz. Mit rund 150 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Umwelt, Kirche, Entwicklung, Bildung, Kultur, Gesundheit, Verbraucherschutz, Jugend, Soziales und Gewerkschaften setzt sie sich die Klima-Allianz für eine ambitionierte und sozial gerechte Klimapolitik auf lokaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene ein.
Herr von Achten, während Sie und Ihre Kolleginnen vom Vorstand und Aufsichtsrat abgeschottet von uns Aktionärinnen und Aktionären ihre virtuelle Hauptversammlung abspulen, protestieren junge Menschen vom End Cement Bündnis und von Fridays for Future vor der Konzernzentrale von Heidelberg Materials.
Warum haben Sie nicht den Mut, sich Ihren Kritiker*innen in Präsenz zu stellen?
Wollen Sie diese Menschen nicht sehen und hören?
Fürchten Sie deren Argumente und Blicke?
Wollen Sie deren Fragen nicht beantworten?
Warum sind Sie nicht bereit, sich der Verzweiflung der Menschen zu stellen, deren Lebensgrundlagen Sie vernichten?
Der Geschäftsbericht von Heidelberg Materials ist hinsichtlich der Nachhaltigkeit des Unternehmens entlarvend. Im Vorwort des Vorstandsvorsitzenden Dominic von Achten steht: „Wir machen unseren Erfolg vor allem, aber nicht nur, an Finanzkennzahlen fest.“
Ich frage Sie Herr von Achten: Woran machen Sie den Erfolg dieses Unternehmens sonst noch fest?
Herr von Achten, ich werfe Ihnen vor, dass die Maßnahmen für den Klimaschutz bei Heidelberg Materials angesichts der Herausforderung durch die Klimakatastrophe geradezu im Schneckentempo vorangehen. Die Reduktion der spezifischen Netto-CO2-Emissionen im Geschäftsjahr 2023 beträgt gerade einmal 3 Prozent. Mit einer Absenkung der Dividende hätte Heidelberg Materials mehr Mittel für Investitionen in den Klimaschutz zur Verfügung.
Herr von Achten, unsere Rednerinnen werden gleich deutlich machen, dass Heidelberg Materials die Lebensgrundlagen vieler Menschen in Ländern Asiens und Afrikas vernichtet. Wann werden Sie damit aufhören?
Der Zementgigant Heidelberg Materials, der meint, mit einem „Rebranding“ sein schlechtes Image verschleiern zu können, erwirtschaftet Profite auf Kosten des Globalen Südens.
Mit unserem Gegenantrag zu TOP 2 widersprechen wir der von Aufsichtsrat und Vorstand beschlossenen Verwendung des Bilanzgewinns. Anstatt einer Dividende von 3,00 € pro Aktie sollen jeweils nur 2,70 € ausgezahlt werden. Die restlichen 0,30€ pro Aktie, insgesamt 54.620.436€ sollen einem Entschädigungsfonds zugeführt werden, der speziell Gemeinschaften unterstützen soll, die durch die Geschäftsaktivitäten von Heidelberg Materials beeinträchtigt wurden.
Wir verlangen, dass wenigstens ein Bruchteil der Profite, die auf dem Rücken von Menschen vor allem im Globalen Süden erwirtschaftet wurden, san diese zurückgezahlt wird.
Heidelberg Materials geht in seinem Geschäftsbericht auf die Auswirkungen von drei verschiedenen Klimaszenarien ein. Um das beste Szenario, den „1,5-Grad-Weg“, zu erreichen, müssten die Maßnahmen von Heidelberg Materials deutlich ambitionierter sein.
Man stellt bei Heidelberg Materials schon auf den „Mittelweg“ als angeblich „wahrscheinlichsten Weg“ ein, bei dem die durchschnittliche Erwärmung 2,7 Grad betragen würde.
Das Szenario für den „fossilien Weg“ wird von Heidelberg Materials wie folgt beschrieben: „Die soziale und ökonomische Entwicklung basiert auf der weltweit verstärkten Ausbeutung der fossilen Brennstoffressourcen mit einem energieintensiven Lebensstil. Erneuerbare Energien sind wenig anerkannt. Die globale Wirtschaft wächst schnell, auch das Bevölkerungswachstum erreicht seinen Höhepunkt. Das führt zu einer starken Erhöhung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre, der Anstieg hält bis zum Ende des 21. Jahrhunderts an. Die klimatischen Veränderungen sind sehr stark. …“ (GB S.50)
Herr von Achten, was halten Sie von einem Say on Climate? Say-on-Climate-Beschlüsse in Hauptversammlungen sind ein internationaler Trend in der Corporate Governance börsennotierter Unternehmen sind. Diese zielen darauf, das Management zu ambitionierten Klimaschutzaktivitäten aufzufordern. Werden Sie als Vorstand aktiv und setzen Sie auf der nächsten Hauptversammlung eine entsprechende Beschlussfassung auf die Tagesordnung.
Von ShareAction erhielt ich eine Frage zum Thema Luftqualität, die ich Ihnen gleich stellen werde. Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre kooperiert mit ShareAction seit mehreren Jahren. ShareAction ist eine gemeinnützige Organisation, die verantwortungsbewusstes Investieren fördert. ShareAction zielt darauf ab, das Unternehmensverhalten in Umwelt-, Sozial- und Governance-Fragen zu verbessern.
Hier nun der Beitrag und die Frage:
Weltweit ist die Luftverschmutzung die häufigste umweltbedingte Ursache für Tod und Krankheit, an der jährlich mindestens sieben Millionen Menschen sterben. Dies entspricht einem von 8 Todesfällen, die weltweit verursacht werden. Wie ShareAction in seinem jüngsten Investorenbriefing ‚Clearing the Air‘ erläutert, ist die Luftverschmutzung nicht nur physisch schädlich für die Weltbevölkerung, sondern birgt auch unmittelbare und langfristige finanzielle Risiken für Unternehmen wie Heidelberg Materials und deren Aktionäre.
Ihre Aktivitäten haben einen erheblichen Einfluss auf die Luft, die wir atmen.
Wir stellen fest, dass Sie im Jahres- und Nachhaltigkeitsbericht von Heidelberg bereits Angaben zu toxischen Luftschadstoffen aus Punktquellen machen, wie Sie es in den GRI- und SASB-Indizes vorsehen. Wir haben den speziellen Abschnitt gesehen, den Sie für Fragen zu toxischen Schadstoffen und deren Management vorgesehen haben. Wir sind auch ermutigt durch Heidelbergs Zielsetzung für toxische Schadstoffe, die aus Punktquellen stammen.
Es müssen jedoch noch weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die Welt vor den schwerwiegenden Auswirkungen der Luftverschmutzung zu schützen. Vorausschauende Unternehmen erkennen allmählich, dass ihre Verantwortung für die Luftverschmutzung über die Einhaltung der bestehenden Vorschriften hinausgeht. Wir würden uns wünschen, dass Heidelberg Materials die Gelegenheit ergreift, die Messlatte unter Ihresgleichen hoch zu legen und eine globale Führungsrolle bei der Bekämpfung der Luftverschmutzung zu übernehmen.
Können Sie sich zu einem Treffen mit der ShareAction-Gruppe „Long-Term Investor’s in People’s Health“ (LIPH) verpflichten?
Abschließend erkläre ich, dass der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre die eingereichten Gegenanträge zu TOP 2 und TOP 3 gestellt hat. Ich bitte alle Aktionärinnen und Aktionäre, unseren Gegenanträgen zuzustimmen.