„Sind Sie besorgt, dass die Greenwashing-Marketing-Strategie von Heidelberg Materials dafür sorgt, dass auf dem Weltmarkt und in politischen Prozessen die Emissionen der Zementindustrie unterschätzt werden?“

Rede von Line Niedeggen, Fridays for Future Heidelberg, auf der Hauptversammlung von Heidelberg Materials am 16.05.2024

  • Mein Name ist Line Niedeggen, ich bin Teil von Fridays for Future Heidelberg und dem End Cement Bündnis, das seit einigen Jahren verschiedene Gruppen zusammenbringt, die sich für den Stopp der Ausbeutung von Mensch und Natur durch Heidelberg Materials (HDM, früher HeidelbergCement, HDC) einsetzen
  • Ich habe bereits vor einem Jahr auf der Hauptversammlung gesprochen und detaillierte Fragen gestellt. Darauf haben wir sehr ungenaue Antworten bekommen und Lob, dass wir uns mit der „Materie auseinandersetzen“.
  • Im Nachhaltigkeitsbericht steht: Sie schätzen den Dialog mit Nichtregierungsorganisationen
    • Frau Kimm hat dem Mannheimer Morgen gesagt, dass es konstruktiven Austausch mit Klimaaktivist*innen gäbe
    • Das ist jetzt das 4. Jahr in Folge, wo FFF Heidelberg im End Cement Bündnis vor der Hauptversammlung demonstriert und bisher wurden alle unsere Gesprächsangebote ignoriert. 
    • Gleichzeitig sagen sie, „ohne Fridays for Future wäre vieles nicht so schnell gegangen“.
    • Wir hoffen, dass für sie konstruktiver Austausch über einen Handschlag und 2 Sätze hinausgeht. Weshalb haben sie uns bisher nicht auf einen Austausch auf Augenhöhe eingeladen? Wir sorgen gerne für weitere Beschleunigung ihrer Klimamaßnahmen.
  • Sie sprechen von Investitionen in die Kreislaufwirtschaft.
    • Das würde bedeuten, keine neuen Ressourcen zu benötigen
    • Frage: Bis zu welchem Jahr plant Heidelberg Cement, zu 100% recycelte Baustoffe zu verwenden?
  • Auf die Frage, wie hoch die Emissionen von HDM sind, ist die Zahl 534k g CO2/t sehr präsent hier und im Nachhaltigkeitsbericht. Doch ohne Bezug dazu, wie viele Tonnen Zement produziert wurden, ist die Zahl wenig aussagekräftig. Genau nachgelesen wurden im Jahr 2023 über 91,76 Mio t CO2 durch ihren Konzern emittiert
    • seitdem:
      • die durchschnittliche Meerestemperatur ist massiv über den Jahresdurchschnitt der letzten Jahre
      • 2021, 2022, 2023 waren die jeweils heißesten Jahre, auch 2024 ist auf dem Weg, neue Rekorde zu brechen
      • in diesen Tagen herrscht eine humanitäre Klimakatastrophe in Brasilien, Kenya, Afghanistan und zu vielen weiteren Orten
      • Menschen kämpfen seit Jahrzehnten gegen die Auswirkungen des Klimawandels mit allen verfügbaren Ressourcen
      • Die Bemühungen von Ihnen sind also nicht besonders auszuzeichnen, sondern das Minimum und die logische Antwort auf die Situation.
    • Frage: Planen Sie, die absoluten CO2 Emissionen von Scope 1-3 transparent und präsent im Nachhaltigkeitsbericht und der Vorstellung gegenüber allen Aktionär*innen zu machen?
  • Sie haben gesagt, Sie setzen alle Hebel in Bewegung, um CO2 Emissionen zu reduzieren?
    • 2023 haben sie 539 Mio € zur “Verbesserung der Nachhaltigkeitsleistung” investiert, wie viel davon in direkte Reduktion und wie viel in Carbon Capture and Storage (CCS)?
    • Je mehr in CCS investiert wird, desto mehr wird festgelegt, dass in den nächsten Jahrzehnten konsequent emittiert wird.
    • Frage: Ist es nicht deutlich teurer, immer mehr CCS zu bauen, als eine langfristige Reduktion der Produktion und Einsparung von Ressourcen zu planen? 
  • bis 2030 geplant: Abscheidung von insgesamt 10 Millionen Tonnen CO2 über Carbon Capture, Utilization and Storage (CCUS)-Projekte, das sind dann laut ihren eigenen angaben etwas mehr als 10% der aktuellen CO2-Emissionen.
    • Frage: Wenn es jetzt etwa 10 Jahre dauert, 10% der Emissionen einzusparen, wie sollen all die Investitionen dann wirklich skalierbar sein?
  • evoBuild:
    • CO2 reduzierte Produkte: Zement 30% weniger CO2 vlt. mit CEM I, Beton 30% weniger CO2
    • Zirkuläre Produkte: 30% 
  • evoZero & evoBuild: net-zero Emissionen, CCS-basiert, historischer meilenstein
    • CO2 neutraler Zement ist eine irreführende Marketingstrategie, da die Emissionen des Zements lediglich kompensiert werden durch CCS
    • Frage: Wie machen Sie den Konsumenten ihrer Produkte transparent, was genau sie bedeuten? Sie könnten es bspw. CO2-kompensierten Zement nennen, statt den Anschein zu erwecken, keine Emissionen zu verursachen
  • 35% des Umsatzes mit nachhaltigen Produkten, letztes Jahr und im Nachhaltigkeitsbericht 50%?
    • Letztes Jahr habe ich gefragt, wie Sie Nachhaltigkeit definieren und ihre Antwort war, dass es klare Vorgaben gäbe.
    • Daher meine Frage: Was sind die genauen Definitionen von „nachhaltigen Produkten“?
    • Mit dem IPCC-Bericht wissen wir, dass wir 1,5°C nur einhalten können, wenn Frauen, Kinder, junge Menschen, indigene Menschen und lokale Gemeinschaften im Zentrum von Klimamaßnahmen stehen. Frage: Wie planen Sie, diese in ihre Kriterien für Nachhaltigkeit mit einzubeziehen?
  • Darauf eine konkretere Frage: Das Recht auf Selbstbestimmung von indigenen Gruppen ist notwendig, um wichtige Ökosysteme zu erhalten und lokale Resilienz gegenüber Klimakatastrophen aufzubauen. Wann stoppen Sie also den Bau der Zementfabrik im Kendeng Gebirge?
  • Frage: Im letzten Jahr haben Sie außerdem erklärt, dass Hanson Israel den Steinbruch im palästinensischen Gebiet verkaufen soll. Ist das bisher passiert und wie schützen Sie die Menschenrechte der lokalen Bevölkerung dort?
  • Frage: Wie ist die aktuelle Beurteilung der Menschenrechtslage in der West Sahara, wo ihre Tochterfirma Ciments du Maroc Ressourcen ausbeutet?
  • Auch in Norwegen und Schweden werden indigene Gruppen wie die Sami von ihren Lebensräumen vertrieben, um Platz für energieintensive Industrien zu schaffen und erneuerbare Energien auszubauen, damit Firmen wie HDM weiterhin profitabel bleiben. Frage: Wie wirken sich die Investitionen in CCS auf die indigenen Gemeinschaften in Skandinavien aus?
  • Im internationalen Markt und auch auf internationalen Klimaverhandlungen sehen wir besorgniserregende Entwicklungen, dass aufgrund von dem Glauben an technologische Lösungen, die es heute noch nicht gibt oder die auf weiterer Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen beruhen, wichtige Maßnahmen zum Ende der fossilen Abhängigkeit aufgeschoben werden
    • Frage: Sind Sie besorgt, dass die Greenwashing-Marketing-Strategie von HDM dafür sorgt, dass im Weltmarkt und auch in politischen Prozessen die Emissionen der Zementindustrie unterschätzt werden? Könnten dadurch langfristig geplante Investitionen zu lock-in effekten von Emissionen führen?
  • Abschließende Frage zur Aktionärsversammlung:
    • Sie sind stolz auf die 150 Jahre Geschichte des Unternehmens? Inwiefern berücksichtigen Sie die Historie der Emissionen des Konzern? Planen Sie die massiven Profite auch zu nutzen, um internationale Klimafinanzierung zu leisten, anstatt lediglich höhere Dividenden auszuzahlen?

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