Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstandes nicht zu entlasten.
Begründung:
Der Vorstand wird weiterhin seiner Verantwortung und insbesondere zu seinen eigenen Bekenntnissen zu Sicherheit und Nachhaltigkeit nicht gerecht. Weiterhin rüstet Hensoldt Kunden aus, die Menschenrechte verletzen oder autokratische Systeme unterstützen.
Der falsche Weg wird fortgesetzt
Auch bei der Hensoldt AG, an der die Bundesrepublik Deutschland eine Sperrminorität von 25,1 Prozent hält, sind die Auftragsbücher prall gefüllt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat der Konzern sein Jahresergebnis um fast 90 Prozent auf 106 Millionen Euro steigern können.
Neben den steigenden Verteidigungsausgaben hierzulande und bei europäischen Partnern freut sich der Rüstungskonzern über ein gestiegenes Geschäftspotenzial in Märkten außerhalb Europas (Geschäftsbericht 2024, S. 54). Damit setzt auch Hensoldt den Weg einer unverantwortlichen Internationalisierungsstrategie fort.
Der Nahe Osten liegt nach Europa auf Platz zwei der Regionen mit dem größten Umsatz des Konzerns im Jahr 2024 (Geschäftsbericht 2024, S. 4). Hensoldt wirbt mit langjährigen und engen Beziehungen in der Region. Das Unternehmen präsentiert sein Produktportfolio auf Leistungsschauen in Saudi-Arabien (World Defense Show 2024) und in den Vereinigten Arabischen Emiraten (IDEX 2025). Für Aufträge aus der Region kann der Konzern auf seinen Produktionsstandort in Südafrika zurückgreifen. Von diesem aus beliefert Hensoldt mehr als 40 Länder; ein Schwerpunkt liegt auf dem Nahen Osten. Dieser soll augenscheinlich nicht nur beliefert, sondern es soll auch vor Ort produziert werden. Hensoldt wirbt damit, die lokale Industrie fördern zu wollen, beispielsweise durch Technologietransfer.
All das ermöglicht es dem Hensoldt-Konzern, sich von deutschen Exportregeln unabhängiger zu machen, um Nachfragen aus aller Welt bedienen zu können.
Auffällig ist zudem der Vertriebsstandort in Indien, da Hensoldt in den vergangenen Jahren augenscheinlich auch Geschäfte in Pakistan machte. Gleichzeitig mit zwei Atommächten zu kooperieren, zwischen denen es immer wieder zu militärischen Auseinandersetzungen kommt, erscheint als riskante und verantwortungslose Strategie, die vor allem auf Gewinnmaximierung abzielt.
Hochproblematische Partnerschaft
Am Rande der IDEX 2025 kündigte Hensoldt eine strategische Partnerschaft mit einem weiteren hochproblematischen Partner an. Gemeinsam mit Abu Dhabi Ship Building (ADSB) – ein Unternehmen der EDGE-Gruppe – will der Rüstungskonzern Kooperationsmöglichkeiten im Bereich Marinetechnologien ausloten.[1]
Die EDGE-Gruppe ist ein staatliches Rüstungskonglomerat aus den VAE. Im Januar 2024 erwarb EDGE die International Golden Group (IGG) – ein Unternehmen, das dafür bekannt ist, Waffen in Länder zu verschieben, die unter einem internationalen Embargo stehen. Medienberichte deckten jüngst auf, dass Mörsergranaten der bulgarischen Firma Dunarit, die an die IGG verkauft worden waren, über Libyen in den Sudan gelangten – ein Land, in dem solche Waffen regelmäßig gegen Zivilist*innen eingesetzt werden.[2]
Dass Hensoldt trotz dieser alarmierenden Verstrickungen eine Partnerschaft mit einem Unternehmen der EDGE-Gruppe eingeht, zeugt entweder von völliger Unwissenheit oder Ignoranz. Angesichts der realen Gefahr einer unkontrollierten Weiterverbreitung von Rüstungsgütern darf es kein „business as usual“ mit den involvierten Unternehmen und den VAE geben.
Zu Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zu entlasten.
Begründung:
Der Aufsichtsrat ist seiner Aufgabe als Kontrollorgan des Vorstands nicht hinreichend nachgekommen. Er hat es versäumt, auf ein Ende von Geschäftsbeziehungen mit Kunden hinzuwirken, die Menschenrechte verletzen oder autokratische Systeme unterstützen.
Korruptionsverdacht: Profit vor Compliance
Die Geschäftspraktiken des Rüstungskonzerns Hensoldt stehen auch wegen der zweifelhaften Wahl von (Vertriebs-)Partnern in Risikoländern und mangelnder Wirksamkeit interner Kontrollmechanismen in der Kritik. Im Zentrum stehen insbesondere zwei Geschäfte in Uganda und Katar, bei denen trotz Warnungen durch die hausinterne Compliance-Abteilung Lieferungen erfolgt sind.
2020 lieferte Hensoldt elf MILDS Block 2 Sensorsysteme an die ugandische Luftwaffe, obwohl die Compliance-Abteilung das Korruptionsrisiko als „sehr hoch und kritisch“ einstufte. Der Deal wurde über den israelischen Rüstungshändler Bird Aerosystems und dessen lokal gut vernetzten Partner Boaz Badichi abgewickelt. Trotz Warnungen vor möglichen Bestechungszahlungen wurde eine empfohlene Prüfung nicht abgewartet, sondern direkt geliefert.
In Katar war Hensoldt an der Lieferung eines COBRA-Artillerieortungsradars beteiligt, vermittelt über die Firma MSC, die eng mit der katarischen Herrscherfamilie und dem Militär verbunden war. Obwohl unternehmensinterne Regeln Geschäfte mit politisch exponierten Personen explizit untersagen, wurden Zahlungen an MSC genehmigt – mit Verweis auf fehlende konkrete Beweise für Korruption.[3]
In beiden Fällen hat sich hausintern der Vertrieb gegen die Compliance-Einwände durchgesetzt, was strukturelle Schwächen im unternehmensinternen Kontrollsystem offenlegt und Zweifel an Hensoldts Umgang mit ethischen Standards verstärkt.
Die Welt als sichererer Ort für jeden?
Mit großen Worten präsentiert sich der Münchner Rüstungskonzern Hensoldt als Garant für Sicherheit und Nachhaltigkeit. Seine Mission: die Welt zu einem sichereren Ort für alle zu machen – für Bürger*innen im Inland, Soldat*innen im Einsatz, gefährdete Tierarten und sogar den Planeten selbst. Man unterstütze Kunden in diesem Bestreben, so der Konzern.
Ein Blick auf die Standorte in Algerien, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Saudi-Arabien zeichnet jedoch ein anderes Bild. Hensoldt arbeitet mit Regimen zusammen, die für Menschenrechtsverletzungen, Repression oder Beteiligungen an Konflikten in Libyen, dem Jemen oder Sudan bekannt sind.
Für jene, die unter autokratischer Herrschaft leiden oder Angehörige durch Krieg verloren haben, wirkt der emotional inszenierte Werbespot des Unternehmens daher nicht wie ein Versprechen, sondern wie bittere Ironie. Will Hensoldt seinen eigenen Ansprüchen an Sicherheit und Nachhaltigkeit gerecht werden, muss das auch bedeuten, klare Grenzen zu ziehen.
Kooperationen mit Staaten oder Akteuren, die Menschenrechte missachten bzw. in völkerrechtswidrige Gewalttaten verwickelt sind, sind unvereinbar mit glaubwürdiger Verantwortung.
Zu Tagesordnungspunkt 10: Erneuerung der Ermächtigung des Vorstands, die virtuelle Abhaltung von Hauptversammlungen vorzusehen (Satzungsänderung)
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Beschlussvorschlag abzulehnen, den Vorstand erneut zu bevollmächtigen, über die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung entscheiden zu können.
Begründung:
Unsere Begründung, warum wir diese Ermächtigung des Vorstands ablehnen, bleibt auch nach zwei Jahren Erfahrungen mit virtuellen Hauptversammlungen unverändert: Das Format und die Art und Weise, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betreffen elementare Aktionärsrechte. Daher sollte die Hauptversammlung – und nicht der Vorstand – darüber entscheiden, zu welchen Bedingungen bzw. in welchem Format zukünftige Hauptversammlungen durchgeführt werden sollen.
Die Hauptversammlung sollte darüber entscheiden können, ob als weitere Option ein hybrides Format umgesetzt werden soll, welches die Vorteile einer Präsenz-Hauptversammlung mit jenen einer rein virtuellen Veranstaltung vereint.
Höchst problematisch ist allgemein das von Aktionärsseite schwindende Interesse an Hauptversammlungen, wenn diese nur virtuell stattfinden. Viele schalten ihren Computer erst gar nicht an, dies ist auch ein Abstimmen mit den Füßen über dieses Format.
Daher begrüßen wir auch die Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat, die diesjährige Hauptversammlung wieder in Präsenz durchzuführen.
[1] https://www.hensoldt.net/news/hensoldt-and-adsb-ink-strategic-partnership-agreement-to-advance-naval-technology-development
[2] https://www.france24.com/en/africa/20250421-investigation-european-weapons-sudan-part-5-igg-edge-france-uae
[3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/ein-deutscher-ruestungskonzern-und-seine-klebrigen-auslandsgeschaefte-a-3e74c70d-708c-4ae9-93e9-fbe81aae9bba