Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
ich spreche für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit den uns übertragenen Stimmrechten fordern wir von der HHLA AG deutlich effektivere Maßnahmen gegen die Klimakrise sowie für den Schutz von Umwelt und Menschenrechten ein.
Wir kritisieren das Agieren des neuen Miteigentümers MSC und der Stadt Hamburg rund um die Entlassung der Vorstandsvorsitzenden Angela Titzrath und den kurzfristigen, eigenen Dividendenvorschlag.
Mit dieser kleinlichen und einer seriösen Unternehmensführung unwürdigen Posse kurz vor der Hauptversammlung haben es die Verantwortlichen bei MSC und der Stadt Hamburg geschafft, weiter dringend nötiges Vertrauen bei Beschäftigten, Aktionär*innen und der Öffentlichkeit zu verspielen. Wir sorgen uns sehr um die Zukunft der HHLA, insbesondere für den eingeschlagenen Weg Richtung Klimaneutralität. Wir hätten auch nichts gegen noch weniger Dividende einzuwenden, wenn das Geld stattdessen in die nachhaltige Sicherung von Arbeitsplätzen und effektiven Klimaschutz investiert würde. Dies sind unsere Forderungen an MSC und die Stadt Hamburg bei der Neubesetzung des Vorstands. In keinem der vorliegenden Vorschläge für die Verwendung des Bilanzgewinns finden wir diese Zukunftsperspektive ausreichend berücksichtigt, daher können wir auch keinem der Vorschläge zustimmen.
Aber schon vor dem aktuellen Trubel hatten wir Bedenken in Bezug auf MSC, aber auch das Verhalten von Vorstand, aber insbesondere vom Aufsichtsrat. Wir haben daher entsprechende Anträge auf Nicht-Entlastung eingereicht, die ich hiermit auch formal stelle.
Vor allem habe ich aber etliche Fragen:
Strategieänderung unter neuer MSC-Führung?
Die Hamburger Hafen und Logistik AG strebt an, bis 2040 klimaneutral zu werden. Aber es gibt berechtigte Zweifel, ob die HHLA ihre selbst gesteckten Klimaziele erreichen wird. Es muss die Frage gestellt werden, ob die Ziele tatsächlich umsetzbar sind. Insbesondere die Umstellung auf Wasserstoff als Energieträger und die Reduzierung der CO2-Emissionen im operativen Geschäft werden als große Herausforderungen angesehen.
Darüber hinaus bestehen ernsthafte Bedenken, ob der als nicht besonders nachhaltig bekannte neue Anker-Aktionär MSC bereit ist, ambitionierte Klimaziele zu unterstützen.
Als Privatunternehmen, das der Familie Aponte gehört, unterliegt MSC nicht den Berichtspflichten einer börsennotierten Aktiengesellschaft wie es die HHLA AG tut. ESG-Kriterien wie Verantwortung für Umwelt, Arbeitsbedingungen und gute Unternehmensführung spielen bei MSC keine große Rolle. Daher folgende Fragen:
- Welche Vereinbarungen und ggf. bereits vereinbarte Änderungen gibt es mit MSC in Bezug auf die zukünftige Ausrichtung der HHLA, insbesondere beim Klimaschutz und dem Fahrplan zum Erreichen der Klimaziele?
- Im Kreuzfahrt-Ranking der Naturschutzorganisation NABU rangiert MSC nur im unteren Mittelfeld. So gibt es keine ehrgeizigen Ambitionen, die gesamte Flotte vor 2050 klimaneutral zu betreiben. Dabei hat Deutschland im Klimaschutzgesetz das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert. MSC fährt mit einer altem Container-Flotte, die häufig Schiffbruch erleidet. Wie bewertet der Vorstand und – falls es hier unterschiedliche Auffassungen geben sollte – auch der Aufsichtsrat die Achtung und Umsetzung von Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen durch die MSC?
- Werden MSC-Schiffe und -Containern nun im Hamburger Hafen nun besonders, ggf. bevorzugt gegenüber anderen Unternehmen aus dem Wettbewerb behandelt und wenn ja, wie genau?
- Inwiefern werden Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsaspekte bei der Nachfolgesuche für Frau Titzrath berücksichtigt?
- In Bezug auf die Rechtmäßigkeit des Zustandekommens des HHLA-MSC-Deals gibt es weiterhin berechtigte Zweifel, die dieser zu zunächst geheim eingefädelt worden war. Für den Aktionär Herrn Herbrechtsmeier, der heute kurzfristig verhindert ist, möchten auch wir Vorstand und Aufsichtsrat fragen: Können Sie jeweils an Eides statt versichern, dass die Rechtmäßigkeit des Zustandekommens des HHLA-MSC-Deals umfassend geprüft und festgestellt wurde?
Herr Herbrechtsmeier hatte in diesem Zusammenhang und der weiterhin bestehenden Unklarheiten Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Detmold (Az.: 23 Js 633/24 – StA DT), weitergeleitet an die Staatsanwaltschaft Hamburg (Az.: 3022 Js 722/24 – StA HH) und an die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg (Az.: 249 Zs 74/25) gestellt.
Klimaschutz allgemein
- Letztes Jahr sind Ihre direkten CO2-Emissionen nicht gesunken, sondern um fast 7 Prozent gestiegen. Welche Konsequenzen ziehen Sie nun darauf für Ihre Klimaziele bis 2030, die Maßnahmen müssen nun ja dazu deutlich effektiver werden?
- Sie weisen keine Scope-3-Emissionen aus. Planen Sie dies und wenn ja, welche Aspekte Ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten genau?
In einem offenen Brief an die Europäische Kommission, die Abgeordneten des Europaparlaments sowie an die Staats- und Regierungschefs der EU fordern 150 europäische Konzerne und Investor*innen 90 Prozent weniger Treibhausgasausstoß bis 2040. In den Schreiben, das Ende Mai öffentlich wurde, heißt es: „Ein robustes Klimaziel und die Dekarbonisierung unserer Volkswirtschaften werden die Widerstandsfähigkeit der EU gegenüber Schocks, die Energiesicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit verbessern.“
- Zu den Unterzeichnern des Briefs zählen unter anderem SAP, die Otto-Gruppe und die Allianz. Können Sie sich vorstellen, diese Forderung ebenfalls zu unterstützen?
Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten allgemein
Ich habe auf Ihrer Webseite keinen Bericht gemäß Lieferkettengesetz für 2024 gefunden, nur für 2023.
- Planen Sie hier noch eine Veröffentlichung und wenn ja, wann genau?
- Planen Sie, den nächsten Geschäftsbericht auch nach den neuen EU-Standards gemäß CSRD zu verfassen und so Ihre Berichtserstattung endlich auch im Bereich Nachhaltigkeit zu vereinheitlichen?
- Haben Sie im letzten Geschäftsjahr 2024 und aktuell Menschenrechtsverletzungen bei sich oder Zulieferern festgestellt oder haben dazu Hinweise bzw. Beschwerden erhalten? Wenn ja, zu welchen Fällen genau und wie reagieren Sie?
- Haben Sie Geschäftsbeziehungen mit Zulieferern aufgrund von unzureichendem Hinwirken auf Beendigung von Umwelt- und Menschenrechtsverstößen beenden müssen und wenn ja, in welchen Fällen und aus welchen Gründen genau?
Position zum Lieferkettengesetz:
Wir haben das Lieferkettengesetz ja vor allem deshalb, weil deutsche Unternehmen daran gescheitert sind, freiwillig die Vorgaben der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGP) umzusetzen. Es braucht daher einen klaren Rechtsrahmen und Rechtssicherheit. Ihr Wort hat in der aktuell nicht gerade konstruktiv geführten Diskussion um die Zukunft des EU Green Deals, von Berichtspflichten und des Lieferkettengesetzes, daher frage ich Sie:
- Wie sieht Ihre Position aus: Bekennen Sie sich zu den grundsätzlichen Vorhaben der EU im Rahmen des Green Deals und fordern eine bessere Umsetzung; oder fordern Sie auch eine vollständige Abschaffung bereits beschlossenener EU-Richtlinien und des Lieferkettengesetzes?
- Finden Sie es nicht zum Nachteil der Unternehmen, die sich ernsthaft um mehr Klimaschutz und Achtung von Menschenrechten auch in den Lieferketten kümmern, wenn nun im Rahmen des Omnibus-Prozesses in der EU die zivilrechtliche Haftung fast komplett abgeschafft werden soll und auch die Verpflichtung zur Umsetzung der Klimatransitionspläne (climate transition plans) wegfallen soll? So werden doch genau die Unternehmen, die nicht ernsthaft an ihrer sozial-ökologischen Transformation arbeiten, auch noch belohnt, oder wie sehen Sie dies?
Beteiligung an NATO-Übungen
- Im Hamburger Hafen sollen im September Übungen der NATO stattfinden. Wie ist die HHLA dabei konkret mit einbezogen?
Aktionärsrechte und virtuelle Hauptversammlung:
Wir fordern Sie weiterhin auf, dass Sie für einen echten Austausch auch eine Hauptversammlung in Präsenz durchführen, an der ergänzend auch online teilgenommen werden kann, also die hybride Hauptversammlung.
- Haben Sie konkret geprüft oder planen Sie, eine hybride Hauptversammlung durchzuführen, an der sowohl in Präsenz als auch digital teilgenommen werden kann?
- Was wären die Mehrkosten einer hybriden Hauptversammlung gegenüber eine virtuellen oder Präsenz-Hauptversammlung?
- Wie sehen dahingehend Ihre Pläne für die Hauptversammlung 2026 aus?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.