Rede von Prof. Harald Ihmig

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Vorstand hat der Hauptversammlung der HHLA eine imposante Bilanz für das Geschäftsjahr 2017 vorgelegt.

Wirtschaftliche Bilanzen beziehen sich auf geldwerte Mengen und haben deshalb auch blinde Flecken: sie abstrahieren von der Art der Waren, um die es sich handelt, hier also vom Inhalt der Container, und von deren Auswirkung am Bestimmungsort. Was wurde transportiert und wozu? Darüber erfahren wir nichts.

Ich möchte quer zur Bilanz einen solchen blinden Fleck ansprechen wegen seiner eminenten Bedeutung.

Es geht um den Export von Rüstungsgütern durch die HHLA.

Rüstungsgüter sind nicht irgendwelche Waren, und ihr Export ist nicht einfach „Teil der Wirtschaft“, wie gern gesagt wird. Es sind Waren, die zum Töten von Menschen und anderen Lebewesen bestimmt sind und zur Zerstörung von Umwelt und Kulturgütern. Sie sind, ob legal oder illegal, deshalb immer ein ethisches Problem.

Ich bin Frau Titzrath, der Vorstandsvorsitzenden, sehr dankbar dafür, dass sie in einem Briefwechsel diese ethische Mitverantwortung der HHLA klar bejaht hat. Ich finde es beachtlich und erfreulich, dass der Vorstand der HHLA sich demnach dazu bekennt, dass in Bezug auf die Rüstungsexporte „eine ethische und gesellschaftliche Verantwortung in der Diskussion von allen beteiligten Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu berücksichtigen ist. „Die gilt – Fortsetzung des Zitats – „selbstverständlich auch für die Umschlagsunternehmen und damit auch für die HHLA“.

Ich möchte an diese bedeutungsvolle Aussage anknüpfen und sie weiterführen.

Warum ist die Stellungnahme der HHLA zu den Rüstungsexporten nötig und wichtig?

Meine erste Antwort darauf ist: weil auf die politisch zuständigen Instanzen kein Verlass ist. Die politischen Entscheidungen über Rüstungsexporte finden bekanntlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit und des Parlaments statt. Auf diesem Wege können sich ökonomische Interesse leicht über ethische Bedenken hinwegsetzen. Dass dies faktisch geschieht, dafür nenne ich 2 Beispiele

Seit Jahren legalisiert die Bundesregierung Rüstungsexporte an Saudi-Arabien, das in Jemen Krieg führt. Das verstößt gegen die politischen Grundsätze der Bundesregierung vom Jahr 2000, nach denen lriegswaffennahme Rüstungsgüter nicht in Länder geliefert werden dürfen, die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind.

Beispiel: die ohne Nutzungsbeschränkung an die Türkei gelieferten Leopard2-Panzer werden in Syrien in einem Angriffskrieg eingesetzt. Das ist nach Art 26 GG verfassungswidrig und unter Strafe zu stellen.

Wenn also in einem intransparenten Verfahren gegen die anerkannten Regeln verstoßen wird, können die an Rüstungsexporten beteiligten Unternehmen sich nicht mit der offiziellen Legalisierung beruhigen, sondern müssen ihre ethische Mitverantwortung selber wahrnehmen.

Mein zweites Argument dafür: In welchem Maße die HHLA am internationalen Waffenhandelt, legal oder illegal, beteiligt ist, ist nicht bekannt, vielleicht nicht einmal der HHLA selbst. Veröffentlicht werden nur die Daten über Gefahrgüter, im wesentlichen Munition. An den 1000 Containern pro Jahr dürfte die HHLA vermutlich mit drei Vierteln beteiligt sein. Was z.B. Rheinmetall und KMW, die vermutlich zu den Kunden der HHLA gehören, verschicken, ist nicht bekannt und scheint nicht kontrolliert zu werden. Was von Rheinmetall zu halten ist: der Konzern umgeht die stattlichen Kontrollen, indem er über seine Filialen auf Sardinien und in Südafrika Kriegsmaterial an Saudi-Arabien liefert, das im Jemen eingesetzt wird.

Offenlegung, Einschränkung und Ablehnung von Rüstungsexporten müssen also an Ort und Stelle vorgenommen werden, bei Produktion und Transport. Mitverantwortung liegt bei allen Gliedern der Lieferkette.

In dem genannten Briefwechsel hat Frau Titzrath zugesagt, dass sich die HHLA an der Diskussion über eine Gesamtlösung für den Hamburger Hafen bzw. auf nationaler oder europäischer Ebene beteiligt. Damit dieser berechtigte Verweis auf den weiteren Rahmen nicht nur zu Vertagung führt, stelle ich einige Fragen, die sich auf die einschlägige Eigeninitiative der HHLA beziehen:

  1. Da die HHLA ihre ethische Mitverantwortung für Rüstungsexporte anerkennt: In welchem Rahmen wird sie das Problem ihrer Beteiligung an Rüstungsexporten bearbeiten? Sind bereits Schritte in dieser Richtung unternommen worden? Wird sie die Diskussion über eine Gesamtlösung anstoßen?

Im vorliegenden Geschäftsbericht, auf den verwiesen worden war, finde ich dazu nichts; auch nicht unter dem Stichwort „Menschenrechte“, die nur intern angesprochen werden, nicht im Blick auf die Empfängerländer.

  1. Kann ein Auftrag erteilt werden, die eventuellen ökonomischen Auswirkungen der Reduktion oder der Unterbindung von Rüstungsexporten zu prüfen?
  2. Ist der Vorstand bereit, zu ermitteln und offenzulegen, in welchem Maße die HHLA am internationalen Waffenhandel beteiligt Ist? Ist er darüber hinaus bereit, die von der HHLA getätigten Rüstungsexporte zu beschränken bzw. zu unterbinden?

Zu denken wäre z.B. an en Transportverbot für Kleinwaffen, die schlimmsten Massenvernichtungsinstrumente.

Beim Thema Rüstungsexporte steht das Wohlergehen vieler Menschen, ja ganzer Bevölkerungen auf dem Spiel. Ich hoffe, dass die HHLA es, wie angekündigt, ernst nimmt. Und nochmals Dank an Frau Titzrath für den weiterführenden Dialog.

 

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