TOP 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2014
Den Mitgliedern des Vorstandes wird die Entlastung verweigert.
Begründung
In der für mein Buch „Todschick-Edle Labels, billige Mode – unmenschlich produziert“ durchgeführten Recherche bei 12 Fabriken in Bangladesch befanden sich auch zwei Produzenten von HUGO BOSS. In seinen Geschäftsberichten 2013 und 2014 heißt es „Hugo BOSS handelt verantwortungsvoll“. Die Arbeitsbedingungen in diesen beiden Fabriken waren aber nicht besser als die in den anderen Fabriken in Bangladesch, d.h. die Frauen mussten bis zu 10-12 teilweise sogar bis zu 15 Stunden/Tag arbeiten, Überstunden waren nicht freiwillig, sondern erzwungen, sie hatten oft keinen schriftlichen Arbeitsvertrag, in keiner der beiden Fabriken gab es eine frei gewählte Gewerkschaft, verbaler Missbrauch gegen die Frauen war in der einen Fabrik verbreitet, dort gab es nicht einmal eine Kantine und auch kein gesetzlich vorgeschriebener Kinderraum. Die massiven Überstunden in der Fabrik in Chittagong belegt auch eine WDR-Dokumentation mit dem Titel „Edelmarken zum Hungerlohn“ vom 5.5.2014. Während Calvin Klein, das dort auch produzieren ließ, die Überstunden bestätigte, wies Hugo Boss die Vorwürfe zurück mit dem Argument „Man führe regelmäßige Kontrollen“ durch.
Jährlich werden Tausende von Kontrollen, sog. Sozialaudits, von Hunderten von Produzenten und Händlern in Auftrag gegeben. Inzwischen haben auch einige Unternehmen die begrenzte Wirksamkeit dieses Ansatzes erkannt, nicht aber offenbar Hugo Boss. 20 Jahre Auditbusiness hat bisher nur zur Bereicherung der Auditindustrie beigetragen, nicht aber zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen geführt. Die Fair Labour Association, der ja auch HUGO BOSS beigetreten ist, gibt in ihrem Jahresbericht 2010 an, dass bei 40% der von ihr kontrollierten Fabriken die Gehaltslisten gefälscht waren.
Laut Nachhaltigkeitsbericht 2013 von HUGO BOSS unterhielt HUGO BOSS mit 828 Zulieferern ein Vertragsverhältnis, darunter 265 Fertigwarenproduktionsstätten, von denen 92% (243 Betriebe) auditiert wurden. Die Qualität dieser Kontrollen ist höchst fragwürdig, wie auch unsere Recherche ergab. Der Verweis auf Kontrollen ist eher beschämend, er täuscht nur die Öffentlichkeit und auch Sie, die Aktionäre.
Besonders gravierend ist die Tatsache, dass die Fabrik in Chittagong inzwischen im Rahmen des Gebäudeschutzabkommens ACCORD für Bangladesch auf ihre Statik hin überprüft worden ist. Der ACCORD wurde nach der Katastrophe von Rana Plaza ins Leben gerufen. Rund 200 Unternehmen, darunter 55 deutsche, sind dem ACCORD beigetreten. Sie legen gegenüber dem ACCORD die Namen ihrer Zulieferer offen und diese Fabriken werden auf Statik, Elektrizität und Brandschutz überprüft. Derzeit werden auf diese Weise vom ACCORD rund 1600 Fabriken erfasst. Dies ist einmalig in Bangladesch und in der Welt überhaupt und ein großer Fortschritt. Hugo BOSS allerdings hält es offenbar nicht für nötig, dem ACCORD beizutreten. Ganz offensichtlich sieht sich Hugo Boss in keinerlei gesellschaftlicher Verantwortung.
Im Gegensatz zu den Sozialaudits, die Geheimsache bleiben und den betroffenen Arbeiter_innen nicht bekannt gegeben werden, werden die Prüfberichte des ACCORD im Internet veröffentlicht. Dabei wurde bekannt, dass einige Betonpfeiler der Hugo BOSS Fabrik in Chittagong nicht stark genug waren, um das Gewicht zu tragen, weshalb das Aufsichtsgremium die Schließung von Teilen der Fabrik anordnete.
Eine Studie der Clean Clothes Campaign über Arbeitsbedingungen in Osteuropa und der Türkei, die im Juni 2014 erschien, stellt ebenfalls Arbeitsrechtsverletzungen bei Hugo-Boss-Produzenten fest: so z.B.
- Schikanen, um zu verhindern, dass sich die Beschäftigten organisieren, darunter Mobbing aktiver Gewerkschaftsmitglieder sowie der Versuch, sie durch Druck und Bestechung dazu zu bewegen, die Gewerkschaft zu verlassen,
- sexuelle Belästigung,
- keine korrekte Bezahlung von Überstunden,
- Verpflichtung der Frauen bei Einstellung, fünf Jahre lang nicht schwanger zu werden(!)
HUGO BOSS verspricht das eine – die Realität bei den Zulieferern vor Ort sieht anders aus.
Forderungen an die Hugo Boss AG
- Hugo Boss soll aufzeigen, wie gut die Arbeitsbedingungen bei seinen Zulieferern sind (Umkehrung der Beweislast)
- Hugo Boss soll die Audit-Ergebnisse veröffentlichen.
- Hugo Boss soll sich zur Zahlung von existenzsichernden Löhnen aussprechen: in Bangladesch, Türkei und Osteuropa
- Hugo Boss soll dem Accord beitreten, um seiner Vorsorgepflicht nachzukommen.
- Hugo Boss soll erklären, warum seine Ware so hochpreisig ist – der preiswerteste Anzug kostet 399 Euro –, wenn der Lohnanteil sich in denselben Bereichen bewegt wie bei den Billiganbietern.