Weiterhin Baumwolle mit hohem Zwangsarbeits-Risiko, unzureichende Klimaziele: Unser Gegenantrag

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2021

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der Hugo Boss AG kommt seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten und seiner Verantwortung für den Klimaschutz nicht ausreichend nach.

Trotz gegenteiliger Aussagen: Weiterhin Baumwolle mit hohem Zwangsarbeits-Risiko in Kleidung von Hugo Boss

Aktuelle Recherchen des investigativen Formats STRG_F (NDR/funk) zeigen, dass Hugo Boss weiterhin Baumwolle aus der Region Xinjiang im Westen Chinas bezieht. Hugo Boss hatte bisher öffentlich beteuert, keine Baumwolle mehr aus Xinjiang zu nutzen, da es dabei ein hohes Risiko gibt, dass die Baumwolle unter Zwangsarbeit produziert worden sein könnte.

In Zusammenarbeit mit dem Agroisolab Jülich und der Fachhochschule Niederrhein weist STRG_F mittels Isotopen-Analyse die Herkunft der Baumwolle in Kleidung von Hugo Boss eindeutig aus Xinjiang nach: https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2022/Adidas-Hugo-Boss-Puma-Baumwolle-aus-Zwangsarbeit,zwangsarbeit262.html

Knapp 90 Prozent der chinesischen Baumwolle und damit mehr als ein Fünftel der weltweiten Baumwolle stammt nach offiziellen Zahlen aus der Region. Die STRG_F-Recherchen zeigen daher auch, dass Baumwolle aus Xinjiang offenbar nicht nur in Produkten aus China steckt, sondern auch in Kleidung, die etwa in Vietnam oder Indonesien produziert wurde.

In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Berichte über die systematische Unterdrückung ethnischer Gruppen in Xinjiang, insbesondere der muslimischen Uiguren. So besteht auch der Verdacht, dass diese Minderheiten zur Ernte und Verarbeitung von Baumwolle gezwungen werden. Ernstzunehmende Berichte beispielsweise von Amnesty International legen nahe, dass die chinesische Regierung Uiguren systematisch verfolgt und unter anderem zur Arbeit in der Textilindustrie, der Baumwollernte oder im Konfektionsbereich zwingt. Diese systematische Verfolgung der Uiguren wurde als Völkerstraftat eingestuft, u.a. als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Deshalb haben die USA den Import von Baumwolle aus der Region verboten, auch Hugo Boss hatte erklärt, keine Baumwolle aus Xinjiang zu beziehen oder zukünftig nicht mehr beziehen zu wollen. In der EU wird über ein Importverbot diskutiert.

Hugo Boss hatte bisher betont, keinerlei Zwangs- oder Pflichtarbeit oder Formen moderner Sklaverei zu tolerieren und alle Zulieferer entlang der Lieferkette verpflichtet, für die Einhaltung der Menschenrechte zu sorgen und keine Verstöße zu dulden. Dies scheint offenbar nicht effektiv genug zu sein.

Mutmaßliche Profite aus Zwangsarbeit: Strafanzeige gegen Hugo Boss

Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hat im September 2021 Strafanzeige auch gegen Hugo Boss bei der Generalbundesanwaltschaft erstattet. Das ECCHR wirft Hugo Boss vor, direkt oder indirekt die mutmaßliche Zwangsarbeit der uighurischen Minderheit in Xinjiang zu begünstigen und von ihr zu profitieren – und somit in Verbrechen gegen die Menschlichkeit involviert sein könnte.

Ab 2023 gilt zudem das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz auch für Hugo Boss. Wenn Hugo Boss weiterhin nicht hinreichend nachweisen kann, menschenrechtliche Risiken angemessen und proaktiv zu minimieren, drohen mitunter hohe Strafzahlungen.

Steigende Treibhausgasemissionen, unzureichende Klimaziele

Für die Bewertung der Leistungen des Vorstands im Bereich Nachhaltigkeit lagen bis zur Einreichungsfrist dieses Gegenantrags maßgebliche Kennzahlen wie die Treibhausgasemissionen für 2021 noch nicht vor. Hugo Boss ist hier alles andere als transparent, da Nachhaltigkeitsbericht und Geschäftsbericht nicht – wie längst bei anderen Aktiengesellschaften üblich – zusammengefasst und rechtzeitig vor der Hauptversammlung veröffentlicht werden.

So ist dem aktuellen Geschäftsbericht nur zu entnehmen, dass die CO2-Emissionen 2021 deutlich über dem Vorjahreswert liegen sollen. Die starke Erhöhung wird durch die „spürbare Erholung der Geschäftstätigkeit im Jahr 2021“ begründet. Hugo Boss zeigt damit, dass weiterhin keine effektiven Maßnahmen greifen, um die eigenen Wachstumsziele mit den eigenen Klimazielen zu vereinbaren.

Hugo Boss hat nun selbst erkannt, dass die bisherigen Klimaziele unzureichend sind. Die Klimaziele sollen dieses Jahr überarbeitet werden, um den Anforderungen für die Textilindustrie gerecht werden zu können.

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