Nach der Rettung der Dörfer soll Bevölkerung selbstbestimmt leben

Jahrestagung des Dachverbands 2021: Henry Mathews Preis an Alle Dörfer bleiben / Russische Aktivsten aus der Arktis melden sich zu Wort: Traditionelle Lebensweise ist bedroht

Alle Dörfer bleiben mit Henry Mathews Preis: v.l. Nora Mittelstädt, Marita Dresen, Alex Brüne und Franzi Knauer. (Foto: Herbert Sauerwein)

Am Samstag hat der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre den Henry Mathews Preis an Alle Dörfer bleiben verliehen. Stellvertretend für das Bündnis aus dem Rheinland, der Lausitz und dem Halle-Leipziger Land nahmen Marita Dresen, Alex Brüne, Franzi Knauer und Nora Mittelstädt den Preis für ihr „großes Engagement für Klimagerechtigkeit und den Kampf gegen den Braunkohletagebau“ entgegen. „Die Gründung des neuen Bündnisses Alle Dörfer bleiben im November 2018 war ein entscheidender Schritt“, sagte Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbands, in seiner Laudatio. „Ihr Menschen aus verschiedenen Regionen Deutschlands habt facettenreich, kreativ, gewaltfrei und mit juristischen Mitteln Widerstand gegen Kohlekonzerne in Ost und West geleistet.“

Außer den Präsenz-Teilnehmer*innen (Foto: Herbert Sauerwein) nahmen auch Gäste online an der Jahrestagung teil.

Klimagerechtigkeit und früherer Kohleausstieg

Bisher hat sich die Politik nach den Wünschen großer Energiekonzerne wie RWE gerichtet, die für den erst 2038 geplanten Kohleausstieg üppig entschädigt werden. Dabei reichen die bisher beschlossenen Maßnahmen kaum aus, um die in Paris vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Wie verschiedene Studien zeigen, wird das CO2-Emissionsbudget viel früher aufgebraucht sein. Das heißt, es muss viel mehr Kohle in der Erde bleiben.

„Die von uns eingeladenen Aktivistinnen von Alle Dörfer bleiben aus dem Rheinischen Braunkohlerevier und aus dem Halle-Leipziger Land haben deutlich gemacht, dass es ihnen natürlich auch um Klimagerechtigkeit geht“, so Dufner. „Sie kämpfen aber auch für die Rettung der Dörfer, in denen sie leben. Die Bagger der MIBRAG haben kurz vor dem Dorf Pödelwitz gestoppt, aber RWE will bereits in den nächsten Monaten Lützerath am Tagebau Garzweiler abbaggern, und 2026 sollen weitere Dörfer platt gemacht werden. Mit der Verleihung unseres konzernkritischen Henry Mathews Preises möchten wir betonen, dass wir voll hinter dem Anliegen von Alle Dörfer bleiben stehen.“

Rohstoff-Ausbeutung bedroht traditionelle Lebensweise indigener Gemeinschaften

„Der Dachverband hat sich von Beginn an in der Initiative Lieferkettengesetz beteiligt und setzt sich für mehr menschenrechtliche Sorgfaltspflichten von Unternehmen ein“, sagte Tilman Massa, der das abschließende Panel der Jahrestagung zum Thema Lieferkettengesetz moderierte. Wie schon wegen der Platin-Importe aus Südafrika sei wieder der BASF-Konzern ins Visier gekommen, diesmal wegen seiner Geschäftsbeziehungen mit dem russischen Konzern Nornickel und dessen eklatanter Missachtung indigener Rechte und Umweltschutzauflagen beim Rohstoffabbau in der Arktis.

Online bei der Jahrestagug dabei: links Andrei Danilov (Sami Heritage Foundation) und Gennadij Schukin (indigene Gemeinschaften der Taimyr-Halbinsel)

Gennadij Schukin, Vorsitzender der Vereinigung indigener Gemeinschaften der Taimyr-Halbinsel, und Andrei Danilov Direktor der Sámi Heritage Foundation auf der Halbinsel Kola, waren online zur Jahrestagung zugeschaltet. Sie berichteten über die Schwierigkeit in Russland, auf die Rechte indigener Gemeinschaften aufmerksam zu machen. So war Danilov Ende August von der russischen Polizei am Rande des Imandra Viking Festes in Monchegorsk festgenommen und für kurze Zeit inhaftiert worden. Schukin sagte, dass durch die Rohstoff-Ausbeutung großer Konzerne wie Nornickel die traditionelle Lebensweise der indigenen Gemeinschaften bedroht sei. „Außer auf BASF muss auch Druck auf die Commerzbank, die Deutsche Bank und deren Fonds-Tochter DWS ausgeübt werden, die in großem Stil Kredite an Nornickel vergeben bzw. in den russischen Konzern investiert haben“, fordert der Dachverband.

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