Gegenantrag

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2019

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der Lufthansa AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen. Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, um einen angemessenen Beitrag zum Erreichen der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und der UN-Nachhaltigkeitsagenda 2030 zu leisten, zu denen sich die Lufthansa AG bekannt hat.

Wenn alle Unternehmen die aktuelle Klimabilanz der Lufthansa hätten, würde sich das Klima bis 2050 um 3,6 Grad Celsius erwärmen. Wenn Lufthansa die eigenen Klimaziele umsetzen würde, wären es immer noch 2,8 Grad Celsius. Das zeigt ein Bericht des Beratungsunternehmens Right von 2019: https://www.right-basedonscience.de/

Es bedarf also dringend einer Nachbesserung der eigenen Klimaziele und Maßnahmen, um den Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens gerecht zu werden. Dabei sind Maßnahmen nötig, die effektiv das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels sicherstellen, und so die Risiken und Folgen des Klimawandels auf ein akzeptables Maß zu begrenzen.

Treibstoffverbrauch und Flottenerneuerung – kaum Veränderungen

Der Treibstoffverbrauch von Lufthansa ist im Vergleich von 2017 zu 2018 nahezu gleichgeblieben. Durch Effizienzverbesserungen erreichte Klimaschutzbeiträge müssen sich auch im gesamten Verbrauch des Unternehmens niederschlagen, um einen wirklich positiven Effekt zu haben. Auch in Bezug auf den Hoffnungsträger, die Boeing 777-9 zeigt sich, dass die Erwartungen nicht erfüllt werden können: Erst 2021 wird die Boeing 777-9 ausgeliefert werden – wenn bis dahin alles rund läuft, anders als bisher. Hinzu kommt, dass das erste Flugzeug nicht an die Lufthansa, sondern an Emirates ausgeliefert wird.

Zwar unterzeichneten Lufthansa und die Raffinerie Heide 2019 eine gemeinsame Absichtserklärung zur künftigen Produktion und Abnahme von synthetischem Kerosin, das mit Hilfe von Windstrom gewonnen werden soll. Hier ist jedoch noch nicht absehbar, wann das Forschungsprojekt KEROSyN100 abgeschlossen und wann die tatsächliche Produktion von synthetischem Kerosin erfolgen wird. Insofern ist dies Zukunftsmusik.

Kosten durch CO2-Kompensationen

Schafft es die Lufthansa nicht, ihre CO2-Emissionen ab 2021 konstant zu halten – und es sieht nicht danach aus – muss sie laut dem Übereinkommen zum Klimaschutz CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) des ICAO ab 2021 wachstumsbedingte CO₂-Emissionen im internationalen Luftverkehr durch den Zukauf von CO2-Emissionseinheiten kompensieren.

Dies soll laut Lufthansa durch den Klimakompensationsanbieter myclimate geschehen. Besonders preist Lufthansa an, dass seit 2019 die durch Geschäftsreisen der Mitarbeitenden entstandenen CO2-Emissionen ausgeglichen über myclimate kompensiert werden. Der Anbieter myclimate leidet jedoch unter mangelnder Transparenz – eines der wichtigsten Kriterien für CO2-Kompensationsprojekte. Denn einerseits wird in solchen Projekten selten so viel CO2 mehr einspart, als es durch Maßnahmen innerhalb des Unternehmens der Fall wäre. Andererseits haben solche Projekte häufig negative Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung oder die Natur.

Neben den in CO2-Kompensationsprojekten inhärenten methodologischen Problemen ist zu betonen, dass sich die Lufthansa durch Investition in solche Projekte CO2-Wachstumsneutralität „erkauft“. Für ein nachhaltiges Klimaschutzengagement muss die Lufthansa deutlich stärker in die Markteinführung nachhaltiger Kraftstoffe investieren, anstatt sich freizukaufen. Sie kann hier nicht auf die Initiative des Staates warten, sondern muss selbst aktiv werden und bisherige Prozesse beschleunigen. Da aber auch nachhaltige Kraftstoffe nicht die einzige Lösung für den Luftverkehr sein können, muss Lufthansa die Forschung & Entwicklung und neue Lösungsansätze unterstützen.

Zudem wird durch die CO2-Kompensationen nicht das Grundproblem der Flugbranche gelöst: Durch mehr Fluggäste nehmen CO2-Emissionen und Non-CO2-Effekte zu. Die Emissionsreduktionen durch sauberere Treibstoffe oder effizientere Flugzeuge werden so wieder aufgefressen. Deswegen muss sich die Lufthansa – wenn sie ihre Klimaziele ernst nimmt – auch damit auseinandersetzen, ob sie weiterhin auf generelles Wachstum setzen kann oder sich immer mehr auf die (Langstrecken-)Flüge konzentriert, welche nicht verlagerbar sind und diese möglichst effizient durchführt. Ein Zeichen hierfür wäre, Verhandlungen mit der Bahn aufzunehmen, um Bahn- und Flugnetz in Deutschland als Gesamtsystem zu nutzen.

Ein kleiner Ansatzpunkt wäre es, das „Miles & More“-Programm als Anreiz für immer mehr Flüge zu beenden.

Der eigene Nachhaltigkeitsreport der Lufthansa legt klar fest: Die Lufthansa kann nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn die Interessen ihrer Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre in Balance mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für die Umwelt sind. Ohne diese Balance wäre ihr Erfolg nicht nachhaltig. Und angesichts der aktuellen Unternehmenspolitik muss man klar feststellen: diese Balance ist noch nicht gefunden.

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9 Pings

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  1. […] In unserem Gegenantrag zu diesem Tagesordnungspunkt kritisieren wir, dass die momentanen Bestrebungen der Lufthansa AG zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens sowie der UN-Nachhaltigkeitsagenda 2030 nicht ausreichend sind, um dazu beizutragen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken. […]

  2. […] Hintergrund: Den Antrag, den Lufthansa-Vorstand nicht zu entlasten, finden Sie hier: http://www.kritischeaktionaere.de/lufthansa/gegenantrag-2020-2 […]

  3. […] Hintergrund: Den Antrag, den Lufthansa-Vorstand nicht zu entlasten, finden Sie hier: http://www.kritischeaktionaere.de/lufthansa/gegenantrag-2020-2 […]

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  8. […] Hintergrund: Den Antrag, den Lufthansa-Vorstand nicht zu entlasten, finden Sie hier: http://www.kritischeaktionaere.de/lufthansa/gegenantrag-2020-2 […]

  9. […] Den Antrag, den Lufthansa-Vorstand nicht zu entlasten, finden Sie hier: http://www.kritischeaktionaere.de/lufthansa/gegenantrag-2020-2 […]

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