Berlin. Auf der heutigen Lufthansa-Aktionärsversammlung sollen die Aktionärinnen und Aktionäre dem Rettungsdeal der Bunderegierung zustimmen: Neun Milliarden Euro stellt der deutsche Staat für die Lufthansa zur Verfügung, ohne diese Zuwendung an Maßnahmen zum Klimaschutz oder den Erhalt der Arbeitsplätze zu knüpfen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre kritisieren die zugesagten Staatshilfen ohne Klimaschutzmaßnahmen scharf: „Die Bundesregierung hat eine große Chance versäumt. Geld nur gegen Klimaschutz, das hätte die Marschroute sein müssen“, so Antje von Broock, Geschäftsführerin für Politik und Kommunikation beim BUND.
Stattdessen geht das Geld an einen Konzern, der keinen verbindlichen Klimaschutzplan zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels hat und weiterhin vor allem auf Wachstum setzt. Es geht an ein Unternehmen, das jahrelang Milliardenprofite gemacht und Tochterunternehmen in sogenannten Steueroasen unterhalten hat. Das Unternehmen hatte im Ringen um Staatshilfen während der Coronakrise auf politischen Druck hin eine entsprechende Liste veröffentlicht, um Transparenz zu schaffen. Von Broock weiter: „Der Geldsegen für die Lufthansa infolge der Corona-Krise wäre die einzigartige Gelegenheit, die Klimaschäden durch den Flugverkehr zu begrenzen. Aber Klimaschutz hat bei Verhandlungen offensichtlich gar keine Rolle gespielt. Dabei zeigen unsere Nachbarländer, wie es geht. Frankreich etwa schlägt mit der Verlagerung von Kurzstreckenflügen, die auch innerhalb von 2,5 Stunden mit dem Zug erreichbar sind, die richtige Richtung ein.“
Markus Dufner vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre zeigt das Dilemma auf: „Aktionärinnen und Aktionäre haben die Wahl zwischen Pest und Cholera. Stimmen sie gegen die Annahme des Rettungspakets, muss die Lufthansa wahrscheinlich Insolvenz anmelden, der Konzern wird zerschlagen, und es bedienen sich Investoren, die überhaupt nichts von Klimaschutz und Arbeitsplatzsicherung wissen wollen. Dann hätten Umweltverbände und nachhaltig orientierte Aktionärinnen und Aktionäre keine Möglichkeit mehr, über eine Aktionärsversammlung einzugreifen. Stimmen sie jedoch für das Rettungspaket, müssen zunächst einmal ökologische und soziale Forderungen zurückgestellt werden. Die Konsequenz wäre dann, dass die Zivilgesellschaft so viel Druck auf die Bundesregierung ausübt, dass sie zum Nachverhandeln gezwungen wird. “
Notwendige Klimaschutzmaßnehmen im Flugverkehr sind aus Sicht des BUND vor allem: eine verbindliche Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn, aber auch Vorgaben zur Verwendung nachhaltig hergestellter synthetischer Kraftstoffe für nicht verzichtbare Langstreckenflüge.
Auch in Deutschland können sogenannte Ultrakurzstreckenflüge – bei denen das Ziel innerhalb von vier Stunden mit der Bahn erreicht werden kann – bis 2025 komplett auf die Schiene verlagert werden. Werner Reh, Sprecher des Bundesarbeitskreis Verkehr des BUND: „Dass die Bundesregierung im Konjunkturprogramm zusätzliches Geld für den Bahnausbau vorgesehen hat, ist gut. Aber es reicht nicht, nur in die Bahn zu investieren. Flug- und Schienenverkehr müssen zukünftig als Gesamtnetz gesehen und zusammen gedacht werden.“ Lufthansa-Chef Spohr plant dagegen, ab September diesen Jahres 90 Prozent der Kurzstreckenflüge wieder aufzunehmen.
Zu der Hauptversammlung von Lufthansa ruft der Jugendverband des BUND zu Protesten unter dem Motto „Neustart statt Bruchlandung“ auf. Dazu Leo Treder aus dem Bundesvorstand der BUNDjugend: „Wir wehren uns dagegen, dass mit Steuergeldern, die wir eigentlich dringend in den sozial- und ökologisch gerechten Umbau der Gesellschaft investieren müssten, Unternehmen – ohne Auflagen – gerettet werden, die unser Klima zerstören und in guten Zeiten ihre Gewinne privatisieren. Die junge Generation wird die Schulden aus den Konjunktur- und Rettungspaketen zurückzahlen müssen und gleichzeitig die fatalen Folgen der Klimakrise zu spüren bekommen.“
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