Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats,
ich heiße Markus Dufner und bin Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit unseren 28 Mitgliedsorganisationen und zahlreichen Kooperationspartnern setzen wir uns für Frieden, Umweltschutz und Menschenrechte ein – seit nunmehr 32 Jahren. Dass wir mit unseren Forderungen und Fragestellungen richtig liegen, finden auch immer mehr Kleinaktionäre. Wir vertreten in diesem Jahr rund 40.000 Stimmrechte.
Meine Damen und Herren, was ist Daimler? Das lässt sich in eine einfache, wenig schmeichelhafte Gleichung bringen:
Daimler = Abgasskandal + Rüstungsexporte + Kartellabsprachen
Wir Kritischen Aktionäre haben zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und unserer Mitgliedsorganisation Ohne Rüstung Leben Gegenanträge gestellt.
Zu TOP 3 beantragen wir, den Vorstand der Daimler AG nicht zu entlasten.
Herr Dr. Zetsche, unser Vertrauen genießen Sie nicht und auch das nicht von vielen Daimler-Aktionärinnen und -Aktionären. Nicht zu vergessen: Auch viele Kundinnen und Kunden, die gutgläubig waren uns sich auf Ihre Versprechen verlassen haben, sind nun verlassen.
Zu TOP 4 beantragen wir, dem Daimler-Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern.
Herr Dr. Bischoff, Sie sind bereits seit vielen Jahren Aufsichtsratsvorsitzender dieses Konzerns. Ihnen und Ihren Kolleginnen müssen wir unser Misstrauen aussprechen, weil Sie seit Jahren wesentliche Kontroll- und Sorgfaltspflichten auf das Gröbste vernachlässigen. Damit gefährden Sie das Ansehen und den langfristigen Erfolg vor allem der Pkw-Sparte des Konzerns. Entscheidungen des Vorstands, die zu massiven Wertverlusten bei Diesel-Fahrzeugen der Marken Mercedes-Benz und Smart geführt haben, wurden von Ihnen nicht unterbunden.
Von einem Aufsichtsrat muss verlangt werden, den langfristigen Erfolg des Konzerns im Blick zu haben. Dafür müssen alle Geschehnisse rund um den Abgasskandal lückenlos aufgeklärt und gegebenenfalls personelle Konsequenzen im Vorstand gezogen werden.
Herr Dr. Bischoff, ich weiß, dass Sie als Aufsichtsratsvorsitzender bis zum Jahr 2021 gewählt sind. Da Sie aber offensichtlich mit dieser Aufgabe überfordert sind, fordere ich Sie auf, Ihr Amt heute niederzulegen und den Weg frei zu machen für eine kompetente und verantwortungsbewusstere Nachfolgerin oder einen Nachfolger.
Herr Dr. Bischoff, bitte klären Sie uns darüber auf, warum der Aufsichtsrat nichts gegen die Kartellabsprachen zwischen Daimler und anderen deutschen Autoherstellern unternommen hat. Die Daimler AG hat sich über zwei Jahrzehnte mir anderen deutschen Autoherstellern über Details zur Fahrzeugentwicklung, zu Preisen und Zulieferern abgesprochen. Das enthüllte der Spiegel im letzten Sommer. Meine Damen und Herren, solche Absprachen setzen den Wettbewerb außer Kraft, letztlich zum Schaden der Kundinnen und Kunden.
Herr Dr. Bischoff, sollen wir jetzt Sie oder Herrn Dr. Zetsche für die Selbstanzeige loben, die Daimler bei der EU-Kommission eingereicht hat? Ja, Sie waren schneller als Volkswagen. Dank der Kronzeugenregelung wird Daimler wohl einer Strafe in Milliardenhöhe entgehen.
Herr Dr. Bischoff, die Gerichte in den Vereinigten Staaten werden wohl nicht so gnädig mit Daimler umgehen. Laut Anklage haben Sie Kartellabsprachen getroffen und auf dem US-Markt Fahrzeuge zu überhöhten Preisen verkauft. Durch die Sammelklagen droht Daimler ein kostspieliger Vergleich in Milliardenhöhe. Welche Summe hat Daimler dafür zurückgestellt?
Bitte erklären Sie uns, wie der Aufsichtsrat in Zukunft derart unehrliches und schädigendes Verhalten verhindern möchte. Schon im Sommer 2016 hatten die EU-Kartellbehörden die Daimler AG mit einer Geldstrafe von über einer Milliarde Euro belegt, da der Konzern zuvor über Jahre durch illegale Preisabsprachen Kunden in der Lkw-Sparte geprellt hatte. Spätestens danach hätte der Aufsichtsrat entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen müssen, um dieses im Konzern offenbar übliche Vorgehen zum Schaden von Kundinnen und Kunden zu unterbinden.
Wie sich das Verhalten der Daimler-Manager mit der Rolle des Konzerns als Unterzeichner des UN Global Compact verträgt, bleibt ein Rätsel. Beim Global Compact handelt es sich nach eigener Darstellung um die „die weltweit größte Initiative für verantwortungsbewusste Unternehmensführung“.
Herr Dr. Zetsche, bitte erklären Sie uns einmal, wie sich Daimler im Rahmen des UN Global Compact – Zitat – „kontinuierlich in den Bereichen Integrität und Geschäftsethik“ engagiert. Immerhin brüsten Sie sich auf der Ihrer Konzernwebsite damit.
Meine Damen und Herren, unser schwäbisches Vorzeigeunternehmen trat auch als erster Automobilhersteller bereits 2011 der LEAD-Gruppe des Global Compact bei. Hinter „LEAD“ verbirgt sich der englische Begriff „Leader“. Die LEAD-Gruppe verfolgt das Ziel, Maßstäbe bei der Verankerung von Nachhaltigkeit im Unternehmen zu setzen. Herr Dr. Zetsche, bitte bringen Sie auch hier mal etwas Licht ins Dunkel und erläutern Sie uns allgemein verständlich, was der „Blueprint for Corporate Sustainability Leadership“ ist. Bitte nennen Sie uns fünf der 50 konkreten Einzelmaßnahmen, mit denen Sie den Aktionsplan umsetzen.
Zum Schluss habe ich noch einige Anmerkungen und Fragen zu Elektro-Mobilität, zur Verfügbarkeit der Rohstoffe und zur Lieferkettenverantwortung.
E-Autos werden gern mit dem Slogan „null Emissionen“ beworben. Doch das ist eine bewusste Täuschung. Die Emissionen entstehen zwar nicht beim Fahren, aber die Energie muss ja vorher in die Batterien geladen werden. Die Energieerzeugung in Deutschland ist aber alles andere als emissionsfrei. Weit über die Hälfte unseres Stroms wird aus fossilen Quellen gewonnen, an erster Stelle aus Kohle. Herr Dr. Zetsche, wie gehen Sie mit diesem offensichtlichen Widerspruch um?
Gibt es durch den Einstieg des chinesischen Konzerns Geely bei Daimler eine strategische Neuausrichtung für die elektromobile Strategie?
Bisher plante Daimler bis 2022 mehr als zehn reine Elektroautos auf den Markt zu bringen, um bis 2025 einen Absatzanteil von 25 Prozent zu erreichen. Stimmen diese Zahlen noch – die Jahreszahlen, die Zahl der Elektroautos und der Absatzanteil?
Derzeit wird die Herstellung leistungsfähiger Batterien für Elektroautos von japanischen, südkoreanischen und chinesischen Herstellern dominiert. Relevante deutsche oder europäischer Hersteller: Fehlanzeige. Daimler hat die Batteriezellen-Produktion 2015 eingestellt und betreibt in Kamenz nur noch eine Batteriemontage. Herr Zetsche, wie groß – oder besser wie gering – veranschlagen Sie die Aussichten, dass Daimler den technologischen Vorsprung jemals aufholen wird? Nennen Sie die wichtigsten Beteiligungen von Daimler an Firmen mit entsprechenden Kompetenz! Wird Ihnen Geely bei diesem Problem behilflich sein?
Energie ist bei weitem nicht das einzige Problem der Elektro-Autos. Hinzu kommt der für die Produktion der Batterien extrem hohe Bedarf an vielen seltenen Rohstoffen – an erster Stelle Lithium – aber auch an Kobalt, Neodym-Oxid und weiterer Verbindungen. Das Vorkommen der meisten dieser Rohstoffe ist global begrenzt. Leider wird bisher kaum darüber aufgeklärt, dass die Produktion der Batterien Grenzen gesetzt sind. Die Größenordnung wird klar, wenn man die benötigte Menge an Lithiumkarbonat bei verschiedenen Komsumgegenständen vergleicht: bei einem Smartphone sind es 3 Gramm, bei einem Laptop 30 Gramm und bei einem Elektroauto wie dem Tesla 50 Kilogramm. Herr Dr. Zetsche, warum thematisieren Sie eigentlich nicht diese immensen Probleme? Wie wollen Sie sie lösen?
Hinzu kommt, dass die oben genannten Rohstoffe oft unter negativen Umweltauswirkungen gefördert werden. Herr Dr. Zetsche, wie kann Daimler dabei seine Verantwortung in der Lieferkette wahrnehmen? Kontrollieren Sie vor Ort, unter welchen Bedingungen die Rohstoffe abgebaut werden und ob es dabei zu Menschenrechtsverletzungen kommt?
Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.