„Mit diesem Tempo werden Sie Ihre Klimaziele nicht erreichen können“: Rede von Tilman Massa

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,

ich spreche für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit den uns übertragenen Rederechten fordern wir von der Porsche AG deutlich effektivere Maßnahmen gegen die Klimakrise sowie für den Schutz von Umwelt und Menschenrechten ein.

Wir werden Sie, den Vorstand auch dieses Jahr nicht entlasten. Sie kommen weiterhin nicht hinreichend Ihrer Verantwortung nach, wirksame Maßnahmen für den Klima- und Umweltschutz umzusetzen. Wir haben dies in unserem Gegenantrag ausführlich begründet, den ich hiermit auch formal stelle.

Zunächst einmal möchte ich ausdrücklich begrüßen, dass Sie nun endgültig Abstand genommen haben, für den Ausbau Ihrer Teststrecke etwa 200 Hektar geschützten Steineichenwaldes auf dem Gelände des Nardò Technical Centers in Süditalien zu fällen. Angesichts der Dürre, insbesondere in südeuropäischen Regionen, wäre das in Zeiten einer sich zuspitzenden Klimakrise auch ein fataler Schritt gewesen.

Auf der letzten Hauptversammlung hatte ein Vertreter der betroffenen Region deutlich gemacht, dass Ihre Pläne unter Verstoß gegen EU-Vorschriften und ohne die betroffenen Gemeinden einzubeziehen vorangeschritten waren.

Katastrophale Klimabilanz und Klimaziele in Gefahr

Dank einheitlicher EU-Berichtsregeln legt nun auch Porsche erstmals die vollständige Klimabilanz offen, inklusiver der relevanten Angabe der Emissionen, die aus der im letzten Geschäftsjahr verkaufen Produkte entstehen werden (Scope 3.11). Die Jahre zuvor hatten Sie es ja nicht für nötig gehalten, der Öffentlichkeit den Klimaschaden mitzuteilen, der durch die verkauften Verbrenner und Plug-in-Hybride entsteht.

Denn hier liegt das Problem des Festhaltens an Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren: Allein die 2024 produzierten Porsche-Fahrzeuge werden für über 13 Millionen t CO₂ sorgen, bei durchschnittlicher Nutzungsdauer. Dies sind mit Abstand die größten Emissionen in Porsches Klimabilanz. Leider gibt Porsche keinen Wert für 2023 an, sodass nicht nachvollziehbar ist, ob die Klimabilanz nun verbessert oder verschlechtert worden ist.

Ein weiteres Problem bleibt bestehen: Um den echten Klimaschaden transparent zu machen, für den die Porsche AG verantwortlich ist, müssen endlich reale Verbrauchswerte als Grundlage genutzt werden – nicht jene, die in der Praxis ohnehin fast nie erreicht werden.

Daher frage ich Sie wie letztes Jahr:

  • Was ist der Unterschied bei Ihren ab 2021, gerne auch nur in 2024 verkauften Fahrzeuge zwischen den realen Verbräuchen, die Sie ermitteln, und den WLTP-Werten?
  • Haben Sie hier konkrete Pläne, wie Sie die realen Verbrauchswerte, die Sie ja erfassen müssen, mit in Ihre öffentlichen Verbrauchsangaben und in Ihre Klimabilanz mit aufzunehmen?

Der Anteil rein elektrisch ausgelieferter Fahrzeuge ist in 2024 gegenüber 2023 sogar leicht gesunken und lag bei mageren 12,7 Prozent. Mit diesem Tempo werden Sie Ihre Klimaziele nicht erreichen können. Entsprechend haben Sie nun ja auch Ihr

bisheriges Ziel gestrichen, bis 2030 weltweit 80 Prozent reine E-Autos zu verkaufen.

  • Was sind nun Ihre Ziele bei der Elektrifizierung in welchen Zeiträumen?
  • Was ist der aktuelle Zeitplan für die Einführung des elektrischen 718 Boxster und Cayman? Gibt es hier Verzögerungen und was sind die genauen Gründe?
  • Was ist Ihr eigenes Verschulden, wo liegt es bei Problemen bei Zulieferern, wie etwa der Northvolt-Insolvenz?
  • Was bedeutet dies alles für Ihre Pläne, sich auch direkt in der Batterieproduktion zu beteiligen, insbesondere in Bezug auf Ihre Tochter, die Cellforce Group? Was bedeutet hier, bisherige Pläne sollen „nicht eigenständig weiterverfolgt“ werden?

Klimafeindliches Lobbying

Beim Festhalten am Verbrennungsmotor sehen wir insbesondere Ihr Verhalten, Herr Blume, kritisch. Nicht nur Ihre viel kritisierte Doppelrolle als CEO von Volkswagen und Porsche, sondern auch Ihre führende Position im Verband der Automobilindustrie (VDA) steht im Widerspruch zu den eigens proklamierten Klimazielen. Unter Ihrer Mitwirkung hat der VDA aktiv Lobbyarbeit betrieben, um wichtige klimapolitische Regulierungen zu verzögern oder zu verwässern. Dazu gehören Bemühungen zur Verschiebung von Grenzwerten, zur Aufweichung des beschlossenen Endes für Neuzulassungen von Verbrennerfahrzeugen bis 2035 und zur Aussetzung möglicher Strafzahlungen bei Nichteinhaltung von Umweltauflagen. Dieses Vorgehen steht im Widerspruch zu den langfristigen Interessen des Konzerns an einer planbaren Transformation und schadet dem Ansehen der Porsche AG als verantwortungsbewusstem Unternehmen.

  • Sehen Sie nicht, dass Sie mit dieser Aufweichung den Ausbau der Elektroautoproduktion in Europa verzögern?
  • Teilen Sie die Einschätzung, dass die Lockerungen, die Sie nun in Brüssel durchgesetzt haben, gerade nicht wenig engagierten Nachzügler Ihrer Branche belohnen und dafür sorgt, dass die europäische Automobilindustrie weiter hinter China zurückfallen wird?

Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten allgemein

Ich habe auf Ihrer Webseite keinen Bericht gemäß Lieferkettengesetz für 2024 gefunden, nur für 2023.

  • Planen Sie hier noch eine Veröffentlichung oder bleibt es bei den Daten aus Ihren Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht 2024 nach den neuen EU-Standards?
  • Sie berichten, dass Sie 2024 keinen schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen identifiziert haben. Wie sieht es aber bei nicht schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen aus?
  • Zudem haben Sie 164 Beschwerden über Ihre Hinweisgebersystem erhalten. Wie viele davon waren in Bezug auf umwelt- und menschenrechtliche Missstände in Ihren Lieferketten? Was waren die Inhalte, wie haben Sie reagiert? Wie sehen die Ergebnisse Ihrer Prüfungen aus? In wie vielen Fällen prüfen Sie derzeit noch?
  • Konnten die Missstände mittlerweile beendet werden? Wenn nicht, was sind Ihre nun veränderten Maßnahmen, um auf Ihre Zulieferer einzuwirken? Erwägen Sie auch eine Beendigung der Geschäftsbeziehung als ultima ratio oder sehen Sie Bereitschaft für Verbesserungen?

Position zum Lieferkettengesetz:

Wir haben das Lieferkettengesetz ja vor allem deshalb, weil deutsche Unternehmen daran gescheitert sind, freiwillig die Vorgaben der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGP) umzusetzen. Es braucht daher einen klaren Rechtsrahmen und Rechtssicherheit. Ihr Wort hat in der aktuell nicht gerade konstruktiv geführten Diskussion um die Zukunft des EU Green Deals, von Berichtspflichten und des Lieferkettengesetzes, daher frage ich Sie:

  • Wie sieht Ihre Position aus: Bekennen Sie sich zu den grundsätzlichen Vorhaben der EU im Rahmen des Green Deals und fordern eine bessere Umsetzung; oder fordern Sie auch eine vollständige Abschaffung beschlossenen der EU-Richtlinien und des Lieferkettengesetzes?
  • Finden Sie es nicht zum Nachteil der Unternehmen, die sich ernsthaft um mehr Klimaschutz und Achtung von Menschenrechten auch in den Lieferketten kümmern, wenn nun im Rahmen des Omnibus-Prozesses in der EU die zivilrechtliche Haftung fast komplett abgeschafft werden soll und auch die Verpflichtung zur Umsetzung der Klimatransitionspläne (climate transition plans) wegfallen soll? So werden doch genau die Unternehmen, die nicht ernsthaft an ihrer sozial-ökologischen Transformation arbeiten, auch noch belohnt, oder wie sehen Sie dies?

Kosten Berichtspflichten:

  • Wie hoch waren Ihre Grenzkosten (Vollkosten sind optional) im letzten, abgeschlossenen Geschäftsjahr und, sofern vorläufig verfügbar, im aktuellen Geschäftsjahr für die Finanzberichterstattung nach HGB und IFRS? Dies bezieht sich nur auf alle Kosten, die für die Konzernabschlüsse anfallen.
  • Wie hoch waren Ihre Grenzkosten im letzten, abgeschlossenen Geschäftsjahr 2024 und, sofern vorläufig verfügbar, im aktuellen Geschäftsjahr für die Berichterstattung nach den ESG-Berichtsstandards der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) oder, wenn die ESRS nicht genutzt wurden, dann einem anderen verwendeten Standard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (z. B. GRI, ISSB)?
  • Wie hoch waren Ihre gesamten finanziellen Aufwendungen für Werbung im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr und, sofern vorläufig verfügbar, im aktuellen Geschäftsjahr?

Aktionärsrechte und virtuelle Hauptversammlung:

  • Haben Sie konkret geprüft oder planen Sie, eine hybride Hauptversammlung durchzuführen, an der sowohl in Präsenz als auch digital teilgenommen werden kann?
  • Was wären die Mehrkosten einer hybriden Hauptversammlung gegenüber eine virtuellen oder Präsenz-Hauptversammlung?
  • Wie sehen dahingehend Ihre Pläne für die Hauptversammlung 2026 aus?

Ambitionen der Porsche SE, in Rüstung zu investieren

Ihre Großaktionärin, die Porsche SE, will offenbar nun auch in den Rüstungssektor investieren. Zwar scheinen hier erstmal andere Unternehmen in Frage zu kommen, doch drängen sich dazu nun folgende Fragen auf, gerade auch an Sie, Herr Porsche:

  • Hat es zwischen Ihnen, also dem Vorstand, und der Porsche SE Gespräche gegeben, sich in Zukunft auch im Bereich Rüstung zu engagieren. Anders gefragt: Ist der private Porsche-Panzer wirklich eine Option oder kann Porsche definitiv ausschließen, in Zukunft Militärfahrzeuge zu produzieren?
  • Ist Ihnen die Internetseite https://porsche-panzer.com/ bekannt?
  • Zuletzt auch noch eine Frage an Sie, sehr geehrter Herr Porsche: Wird Ihr Tunnel in Salzburg von den Dividendenausschüttungen der VW AG, der Porsche AG oder einer dritten Einnahmequelle bezahlt?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.kritischeaktionaere.de/porsche-ag/mit-diesem-tempo-werden-sie-ihre-klimaziele-nicht-erreichen-koennen-rede-von-tilman-massa/