„Porsche fängt mit dem Greenwashing an, bevor man den Laden betreten hat“: Rede von Linda Kastrup, Fridays for Future


Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Linda Kastrup und ich bin Klimaaktivistin bei Fridays for Future. Die kritischen Aktionäre haben mir hier die Möglichkeit gegeben heute zu sprechen und dafür möchte ich mich vielmals bedanken.

Feuer. Abgestorbene Bäume. Ausgetrocknete Flüsse. In meiner Heimat Duisburg wurde bereits vor einer Woche die vierte von fünf Brandstufen angesetzt. Der Rhein, der hier durchfließt, hatte bereits starkes Niedrigwasser. 1 Stunde entfernt von mir hat es vor einigen Wochen erste Waldbrände gegeben. Europa erhitzt sich doppelt so schnell wie der Rest der Welt. Die Klimakrise eskaliert. Die Klimakrise nimmt Freiheit. Die Klimakrise tötet.

Mir macht das keinen Spaß aufzuzählen und ich habe auch kein Bedürfnis, besonders pessimistisch auf die Welt zu blicken, aber das ist die Realität und dieser muss man in die Augen schauen. Mir macht das Angst. Angst vor dem gerade erst beginnenden Sommer, Angst vor der Zukunft.

Der Expertenrat der Bundesregierung für Klimaschutz hat letzte Woche seinen Bericht zum vergangenen Jahr veröffentlicht. Ein Fazit: Der Verkehrsbereich scheitert massiv weiter und die Emissionen steigen dort sogar weiter an, anstatt zu sinken. Sehr geehrter Herr Dr. Blume, Sie haben sich mal als Pionier für nachhaltige Mobilität bezeichnet. Darauf würde ich jetzt gerne näher schauen:

Und einmal noch als Einordnung vorab – ich kritisiere hier nicht, weil das ein persönliches Problem von Fridays for Future ist. Die Klimakrise trifft nicht nur uns, sondern uns alle. 5 der 10 größten Gefahren für die Wirtschaft sind unmittelbare Folgen der Klimakrise – laut Weltwirtschaftsforum. Mit Klimaschutz tun sie nicht mir einen Gefallen, sondern vor allem egoistischerweise auch sich selbst.

In ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2024 steht – ich zitiere – “Gleichzeitig unterstützt der Porsche AG Konzern internationale Bemühungen um die Lösung globaler Umweltprobleme und bekennt sich klar zu den 2015 in Paris vereinbarten Klimazielen.” Grundlegend liest sich das ja erstmal nett. Aber dann schaut man einmal, was wie die Realität aussieht und auch was Sie, Herr Blume, gerade in ihrer Rede erzählt haben und man fragt sich, ob sie den eigenen Geschäftsbericht auch tatsächlich einmal gelesen haben.

Die Pariser Klimaziele besagen, dass wir idealerweise die 1.5 Grad Grenze nicht überschreiten und die Erderwärmung maximal auf 2 Grad begrenzen. Wir stehen gerade bei so ca. 1.6 Grad. Das Pariser Klimaabkommen orientiert sich an der Wissenschaft. Sie wollen das Pariser Klimaabkommen einhalten und orientieren sich damit auch an der Wissenschaft. Im letzten Jahr sind Sie mir stark aufgefallen als Frontmann für die Kampagne gegen das Verbrenner-Aus. Konkrete Klimaschutz-Ziele werden, wie vorhin angekündigt, abgeschwächt. Da stellt sich mir die Frage: Wo orientieren sie sich an der Wissenschaft und wo nicht? Wo setzen sie sich für das Pariser Klimaabkommen ein und wo nicht?

Ich habe lange überlegt, aber mir ist kein so richtiges Auto Äquivalent eingefallen – aber vllt. was aus dem eigenen Leben: Als Kind habe ich meinen Eltern beim Essen immer gesagt, dass ich voll bin und kein Gemüse mehr essen kann, aber mein Süßigkeiten-Magen für den Nachtisch noch leer ist. Ich hab mir das Beste rausgesucht, wo es für mich gepasst hat und alles andere liegen lassen. Das eigentlich Richtige, das Gemüse, habe ich ignoriert. Den selben Vibe gibt mir das hier. Herr Blume sprach vorhin von “hoch emotionalen Verbrennern” und ich finde das hoch gradig peinlich. Das alles, bedeutet eine Rolle rückwärts in Sachen Zukunft.

Ich habe gestern ihre Website aufgerufen. Blau-Grün strahlt einem direkt das neuste Automodell entgegen. Ein E-Auto. Im Untertitel steht: Null Gramm Emissionen auf 100 km. Suggeriert wird: Das Auto hat keinen Impact auf die Erderwärmung – und das stimmt nicht. Das ist Greenwashing und das wissen sie genau so gut, wie ich. Das ist so frustrierend – dass sie da sitzen und alle mindestens 2 Millionen, wenn nicht sogar 3 Millionen Euro bekommen sollen und sowas einfach machen können. Sie sitzen dort voll bezahlt und richten Unheil an und wir balancieren Schule, Arbeit, Studium, Aktivismus und Jugendleben, weil man ist ja auch nur einmal jung und müssen dann hinter ihnen aufräumen. Das ist so falsch.

Lassen Sie mich die Aussage einmal einordnen – Da spielen zwei Komponenten rein:

1. Auch wenn E-Autos emissionstechnisch deutlich besser abschneiden, kommt es am Ende darauf an, mit was für Strom diese beladen werden. Wenn dreckiger Kohle-Strom in das Auto geht, dann wird auch dieses Auto nicht grün unterwegs sein.

2. Diese Suggerierung, dass das Auto keinen Einfluss auf die Umwelt hat, blendet die Produktionsbedingungen komplett aus. Wenn Ressourcen abgebaut werden, energieintensive Prozesse laufen, dann ist das Auto zur heutigen Zeit nicht klimaneutral produziert. Sie schreiben selber in ihrem Geschäftsbericht auf Seite 215, dass der Produktionsbereich mit den größten Anteil auf die von ihnen produzierten Emissionen hat.

Porsche fängt mit dem Greenwashing an, bevor man den Laden betreten hat.  Wenn man Nachhaltigkeit und Klimaschutz wirklich ernst meint, dann muss man die unbequeme Wahrheit sehen und dazu gehört auch anzuerkennen, dass Individualverkehr nicht die Lösung der Zukunft sein wird. Jedes Auto, was sie verkaufen, nimmt mehr öffentlichen Platz in diesem Land weg. Platz, der für Wälder, Parkanlagen oder Gemeinschaftsräume genutzt werden könnte. Stattdessen stehe ich vor meiner Haustür und Blicke auf dutzende Weg versperrende Autos.

Sie wollen pro Jahr weiterhin 250.000 Autos verkaufen. Diese müssen wohin – die werden parken müssen – die werden Platz einnehmen auf den Straßen dieser Welt. Während wir uns dafür einsetzen, dass keine weiteren grünen Wälder gerodet werden für den Ausbau von grauen Autobahnen, befeuern sie genau das. Dabei würde es eine Transformation auf den Straßen brauchen – weg vom Individualverkehr und hin zu Bussen und Bahnen. Wie fantastisch wäre es, wenn Porsche tatsächlich zukunftsorientiert handeln würde und die Verkehrswende aktiv sozial gerecht mitgestalten würde?

In Zeiten, in denen sich die sozialen Krisen überschlagen, muss auch Porsche die eigene Verantwortung anerkennen und stattdessen auf Lösungen für alle setzen. Auf ihrer Website schreiben sie “Wir lehnen jede Form von Menschenrechtsverletzungen ab.” – auch im Geschäftsbericht wird das großes Thema – das würde dann jedoch bedeuten, alle Personen mitzudenken und nicht dort Schluss zu machen, wo das Geld anfängt zu fließen.

Wir leben im Jahr 2025. Ihr CO2 Ausstoß ist riesig. Es braucht Mut zur Veränderung. Es braucht konsequentes Handeln und kein Greenwashing. Es braucht ein großes Miteinander und nicht den Abbau von Stellen, während der Vorstand Millionen verdient. Es braucht einen Verkehrssektor in Deutschland, der die Emissionen nachhaltig sinken und nicht ansteigen lässt. Verantwortung sieht anders aus. Herr Blume, Sie sprachen von Pionieren der nachhaltigen Mobilität, und ich habe danach gesucht. Aber konnte sie nicht finden. Statt mit eskalierender Klimakrise auch ambitioniertere Ziele zu setzen, fahren sie den Anspruch runter.

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre, ich bitte Sie deswegen dringlichst sich dem Aufruf der kritischen Aktionäre anzuschließen und den Vorstand sowie den Aufsichtsrat nicht zu entlasten.

Ich richte folgende Fragen an den Vorstand:

  • Wann nehmen sie das Greenwashing zu den Null-Emissionen auf 100km von ihrer Homepage runter?
  • Wann hören Sie auf, sich gegen das Verbrenner-Aus einzusetzen?
  • Wann steigen Sie zu 100 Prozent auf Erneuerbare Energien um und bedienen sich nicht mehr an klimaschädlichen Trägern, wie z.B. Erdgas?
  • Planen sie noch weitere Abschwächungen der eigenen Klimaschutz-Ziele?

Der Wandel kommt – so oder so. Mit einer Verzögerung schießen sie sich ins eigene Knie. Danke.

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