Verbindliches Abkommen „Pay Your Workers – Respect Labour Rights“ statt Dividende: Unsere Gegenanträge

zur Hauptversammlung der Puma SE am 24.05.2023

Zu TOP 2: Verwendung des Bilanzgewinns

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die von Aufsichtsrat und Vorstand vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns abzulehnen.

Begründung:

Ein höherer Teil des Bilanzgewinns sollte statt als Dividende vielmehr für effektive Maßnahmen verwendet werden, um strukturelle Probleme in den Lieferketten von Puma zu lösen, damit grundlegende Arbeitsrechte und Sozialstandards gewahrt werden können.

Hohes Risiko von Lohndiebstahl in den Lieferketten von Puma

Dazu gehört aktuell und dringend eine nachhaltige Beendigung der Industriepraxis von Lohndiebstahl, einschließlich der Nichtzahlung von gesetzlich vorgeschriebenen Abfindungen und Sozialleistungen sowie ein Ende der Verletzung von Gewerkschaftsrechten, die seit Beginn der Covid-19-Pandemie nochmals zugenommen haben. Es besteht ein hohes Risiko, dass solche Methoden auch in den Lieferketten von Puma vorkommen. Löhne, die nicht existenzsichernd sind oder Unterdrückung von Gewerkschaften dürfen nicht länger Teil der Grundlage des Geschäftsmodells von Puma und der daraus resultierenden Gewinne sein. Nicht zuletzt nehmen nicht nur die Reputationsrisiken, sondern auch die finanziellen Risiken zu, wenn Puma nicht nachweisen kann, den Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes hinreichend nachzukommen.

Strukturelle Probleme erfordern systemische Lösungen: Das verbindliche Abkommen „Pay Your Workers – Respect Labour Rights“ (PYW-RLR)

Das Ausmaß dieser Verstöße in globalen Lieferketten macht eine systemische Lösung erforderlich. Das verbindliche Abkommen „Pay Your Workers – Respect Labour Rights“ (PYW-RLR)[1], das von Gewerkschaften und Arbeitsrechtsorganisationen entwickelt wurde, bietet einen solchen strukturierten Ansatz zum Schutz der Grundrechte der Arbeitenden.

Ein Teil des Bilanzgewinns könnte beispielsweise dazu verwendet werden, damit Puma diesem Abkommen beitritt. So könnte ein effektiver Beitrag geleistet werden, um den COVID-bedingten Lohndiebstahl zu bekämpfen und das Recht der Textilarbeiter:innen auf Abfindungen sowie ihr Recht auf Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen zu schützen.

Das PYW-RLR-Abkommen würde Puma dazu verpflichten, gemeinsam mit den Zulieferbetrieben die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die Beschäftigten in der Beschaffungskette die seit der Pandemie geschuldeten Löhne und die gesetzlich vorgeschriebenen Abfindungen erhalten und dass die Rechte der Beschäftigten auf Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen respektiert werden. Das PYW-RLR-Abkommen und die damit verbundenen Mittel werden von einem Vorstand verwaltet, der sich aus einer gleichen Anzahl von stimmberechtigten Vertretern und Vertreterinnen der Marken und Zulieferbetriebe einerseits und der Gewerkschaften andererseits zusammensetzt und einen neutralen Vorsitzenden hat.

Dies erscheint uns weitaus effektiver als auch für Puma schon mittelfristig kostengünstiger und mit weniger Zeitaufwand verbunden als den bisher verfolgten Ansatz, nur auf bestimmte Fälle auf individueller Basis zu reagieren.

Lieferkettengesetz: Präventive Maßnahmen als Teil der gesetzlichen Anforderungen

Selbstverständlich entbindet ein Beitritt zum PYW-RLR-Abkommen nicht von der Verantwortung, auch eigenständig auf Missstände zu reagieren. Doch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz fordert auch angemessenen Präventiv- und Abhilfemaßnahmen ein, um die Risiken von Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette zu reduzieren. Eine rein reaktive Risikoanalyse und Reaktionen erst dann, wenn es schon zu spät ist, entsprechen daher aus unserer Sicht nicht hinreichend den gesetzlichen Anforderungen. Werden diese nicht eingehalten, setzt sich Puma möglicherweise rechtlichen Konsequenzen aus – darunter Geldbußen und Strafen, Ausschluss von öffentlichen Aufträgen und behördliche Maßnahmen. Es drohen Geldbußen von bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes.

Das PYW-RLR-Abkommen bietet sich als ein Teil der Maßnahmen an, die Puma ergreifen sollte, um den menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachzukommen. Es bietet die Möglichkeit, proaktiv Verstöße gegen Arbeitsrechte in der eigenen Lieferkette zu verhindern oder zumindest abzumildern. Die Umsetzung der Vereinbarung würde Puma proaktiv dabei helfen, Risiken im Zusammenhang mit der Missachtung von grundlegenden Arbeitsrechten, einschließlich des Rechts auf Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen, zu erkennen und zu mindern.

Für Puma wäre das PYW-RLR-Abkommen eine kosteneffiziente Lösung, das mehrere kritische Aspekte des Lieferkettenmanagements, der Risikominderung und der Einhaltung von Gesetzen auf systematische und umfassende Weise behandelt.

Zu TOP 9: Ergänzung der Satzung um § 17.3

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Beschlussvorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand abzulehnen, den Vorstand zu ermächtigen, über die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung entscheiden zu können.

Begründung:

Das Format und die Art und Weise, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betreffen elementare Aktionärsrechte. Daher sollte die Hauptversammlung und nicht der Vorstand darüber entscheiden, zu welchen Bedingungen bzw. in welchem Format zukünftige Hauptversammlungen durchgeführt werden sollen. Zudem sollte die Hauptversammlung auch darüber entscheiden, ob als weitere Option ein hybrides Format umgesetzt werden soll, welches die Vorteile einer Präsenz-Hauptversammlung mit jenen einer rein virtuellen Veranstaltung vereint.

Während andere Aktiengesellschaften eine solche Ermächtigung des Vorstands zumindest auf zwei Jahre begrenzen, um danach eine Evaluation des virtuellen Formats vornehmen zu können, soll bei Volkswagen der Vorstand gleich für volle fünf Jahre ermächtigt werden. Dieser Zeitraum ist viel zu lang; die Hauptversammlung sollte schon deutlich früher wieder selbst entscheiden dürfen, in welchem Format die Hauptversammlung stattfinden soll.


[1] https://cleanclothes.org/file-repository/agreementsummarywithannex.pdf/view

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