Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
mein Name ist Tilman Massa, ich spreche für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit den uns übertragenen Stimmrechten fordern wir von Rheinmetall deutliche effektivere Maßnahmen für den Schutz von Umwelt und Menschenrechten ein.
Wir werden Sie, den Vorstand, auch dieses Jahr nicht entlasten. Sie kommen weiterhin nicht hinreichend Ihrer Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Schutz von Menschenrechten umzusetzen. Wir haben dies in unserem Gegenantrag ausführlich begründet, den ich hiermit auch formal stelle.
Ihrer Geschäfts- und Exportstrategie des Rheinmetall-Konzerns fehlen bis heute menschenrechtliche und moralische Eckpfeiler. Sie beliefern Länder, in denen Menschenrechte missachtet werden und helfen damit Autokraten, eigene Rüstungsindustrien aufzubauen. Trotz boomenden Inlandsgeschäftes ist aktuell noch keine Abkehr von dieser Strategie erkennbar.
2023 konnte Rheinmetall den größten Umsatz in seiner bisherigen Firmengeschichte feiern. Auch der Auftragsbestand befindet sich mit über 38 Mrd. Euro auf einem neuen Höchststand.
Trotz der sich geänderten politischen wie ökonomischen Ausgangslage hält Rheinmetall weiter daran fest, sich als Rüstungsanbieter in Krisen- und Konfliktregionen zu positionieren. Dies geschieht, obwohl das Unternehmen in früheren Jahren immer argumentiert hatte, diese Exportstrategie lediglich aufgrund geringer Auftragslage in Deutschland und Europa verfolgen zu müssen. Die aktuellen Zahlen belegen jedoch, dass der Konzern auf allen Ebenen eine Strategie der Profitmaximierung verfolgt und dabei auch nicht davor zurückschreckt, Krisen- und Konfliktregionen aufzurüsten.
Aktuell macht das Geschäft mit Nicht-EU- und Nicht-NATO-Ländern 11 Prozent des Auftragsbestandes aus, was angesichts des „super cycles“ bei Rheinmetall über 4 Mrd. Euro ausmacht und damit deutlich über den absoluten Werten vergangener Jahre liegt.
- Auf welche Länder und Regionen konzentriert sich das Geschäft mit Nicht-EU und Nicht-NATO-Ländern? Listen Sie bitte Länder auf, und falls sie keine Länder nennen möchten, zumindest die Regionen mit den jeweiligen Prozentsätzen am Auftragsbestand auf.
- Sie haben in den letzten Jahren zahlreiche Aufträge für den Neubau oder Ausbau von Munitionsfabriken erhalten. Nach Informationen sind Neu- und Ausbauten an Standorten in Litauen, Rumänien, Ungarn, Deutschland, Australien, Südafrika, Italien und Australien geplant. Welche öffentlichen finanziellen Zuwendungen von Seiten nationaler Regierungen oder seitens der EU hat der Konzern dafür in welcher Höhe jeweils erhalten?
- In welchem Umfang hat Rheinmetall seit Ausrufung der „Zeitenwende“ über die bereits erfragten Unterstützungen für Munitionsfabriken hinaus öffentliche Fördermittel erhalten? Bitte listen Sie die Höhe und Art der öffentlichen Zuwendungen getrennt nach Institutionen (inkl. EU) und Ländern/Regierungen auf.
- Hat der Konzern darüber hinaus in den letzten beiden Jahren in weiteren Ländern, v.a. Drittstaaten, Munitionsfabriken aus- oder aufgebaut? Wenn ja, in welcher Zahl und in welchen Ländern/Regionen?
- Welche Vorkehrungen trifft der Konzern, um sicherzustellen, dass Munitions- und Rüstungsexporte von neuen Heimatmärkten wie z.B. Ungarn oder Großbritannien aus nicht an Länder und Regionen gehen, in denen Despoten herrschen oder Menschenrechte missachtet werden?
- Für Rheinmetall sind Exporte in Krisenregionen solange legitim, solange dabei die entsprechenden nationalen Gesetze eingehalten werden. Wie passen ggf. Exporte an Despoten und Menschenrechtsverletzer mit dem eigenen Image als vermeintlicher Sicherheitsgarant zusammen?
- Rheinmetall plant, auch die USA als neuen Heimatmarkt zu installieren und bewerben sich hier aktuell um Großaufträge. Es geht dabei auch darum, reine „USA only“-Produkte zu entwickeln – jede einzelne Schraube soll dann dort produziert werden. Wie bewerten Sie hier die „Risiken und Chancen“ gegenüber der US-Rüstungsindustrie unter einem möglichen neuen Präsidenten Trump?
- Rheinmetall hat den Ausbau seiner Geschäfte mit Drittstaaten vor der Zeitenwende mit dem Mangel an Aufträgen aus Deutschland und dem NATO-Gebiet begründet. Angesichts der Zeitenwende und prall gefüllter Auftragsbücher stellt sich hier die Frage, warum Sie weiter an Ihrer hoch kontroversen Internationalisierungsstrategie festhalten, die auch das Image des Konzerns als vermeintlichen Sicherheitsgaranten ad absurdum führt?
- Inwieweit ist bei Gesprächen und Verhandlungen mit deutschen oder europäischen Regierungsvertreter*innen die Internationalisierungsstrategie des Konzerns jemals kritisch thematisiert worden?
- Inwiefern hängen deutsche und europäische Fördermittel auch davon ab, dass Exportrestriktionen im Hinblick auf Menschenrechtsschutz im internationalen Rheinmetall-Geschäft beachtet werden???
- Welche Auswirkungen hatten Weigerungen von Regierungen in anderen Ländern wie z.B. Südafrika, keine Exporte oder Zulieferungen in die Ukraine oder jetzt nach Israel zu erlauben, auf Exportpläne des Konzerns? Welche Exporte in welchem Umfang waren davon ggf. betroffen?
- Das EU-Lieferkettengesetz (CSDDD) wird nun bald umgesetzt und dazu das deutsche Lieferkettengesetz angepasst werden. Inwiefern sehen Sie hier erhöhte Anforderungen in Bezug auf Ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in Bezug auf Ihre Wertschöpfungskette und vor allem Kundenbeziehungen? Wie bereiten Sie sich darauf vor?
- Inwiefern bezieht das Unternehmen in seiner eigenen Nachhaltigkeits- und Umweltschutzplanung die Auswirkungen von Waffen, die häufig aus sehr umweltschädlichen Produkten bestehen, ein? Sie sprechen in Ihrem Jahresbericht auch den Schutz von Menschenrechten an und schreiben, dass Rheinmetall den Schutz der Menschenrechte unterstützt. Sie beziehen sich dann jedoch nur auf Lieferkette und Arbeitsschutz – doch wo sehen Sie Ihre unternehmerischen Verpflichtungen bei der Endverwendung Ihrer Waffen?
- Mit zunehmender Produktion im Ausland, stellt sich die Frage: Bleibt die Rheinmetall AG im Besitz von geistigen Eigentumsrechten an in Joint-Ventures oder sonstigen Auslandsstandorten entwickelten Produkten und welche Exportregularien gelten dann jeweils für teilweise im Ausland entwickelte Produkte?
- Haben Sie im vergangenen Geschäftsjahr und aktuell auf Geschäfte aus menschenrechtlichen Erwägungen verzichtet? Wenn ja, in welchem Umfang und in Bezug auf welche Länder bzw. Regionen?
Vor zehn Jahren stoppte die Bundesregierung die Auslieferung Ihres hochmodernen Gefechtsübungszentrums, dass Sie an Russland liefern wollten. Recherchen von WDR Investigativ haben im März 2024 aufgedeckt, dass Sie und die russische Armee damals noch weitere Pläne hatten: Es soll um bis zu acht Ausbildungsanlagen für Putins Armee mit einem Gesamtvolumen von einer Milliarde Euro gegangen sein.
Nach dem Exportverbot hatten Sie Schadensersatz in Höhe von 130 Millionen Euro von der Bundesregierung gefordert, nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland, wohlgemerkt. Nach Medienberichten scheint dieses Verfahren zu ruhen, nachdem Sie vor Verwaltungsgerichten mit Ihrer Forderung gescheitert waren.
- Was ist der aktuelle Stand in diesem Verfahren?
- Halten Sie weiterhin an Ihrer Forderung von Schadensersatz in Höhe von 130 Millionen Euro von der Bundesregierung fest?
- Ist Ihre Begründung weiterhin u.a., auch gegenüber Ihren Aktionär*innen verpflichtet zu sein, sich um Schadensersatz zu bemühen? Wenn ja, könnten Sie sich vorstellen, auf der Hauptversammlung genau dazu einen Beschluss herbeizuführen, die Forderungen fallen zu lassen?
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bin gespannt auf Ihre Antworten.