Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2017
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.
Begründung:
Die steigende Zahl besorgniserregender Konflikte und Kriege hat die Nachfrage nach Rüstungsgütern vielerorts deutlich gesteigert. Dies spiegelt sich in dem wachsenden Gewinn im Jahr 2017 bei Rheinmetall Defence wider. Mit der Strategie, sich auf Länder mit steigenden Verteidigungsausgaben zu konzentrieren, trägt Rheinmetall aktiv zur Aufrüstung in Krisen- und Konfliktgebieten weltweit bei.
Trotz zunehmender Auftragseingänge aus dem In- und europäischen Ausland setzte Rheinmetall auch 2017 die seit Jahren stark kritisierte Strategie der Internationalisierung des Unternehmensbereiches Defence weiter fort. Die Priorität liegt dabei unverändert auf dem Ausbau lokaler Präsenzen und der Auftragseinwerbung in so genannten „wachstumsträchtigen Regionen“ wie der Region Mittlerer Osten/Nordafrika (MENA), Asien und Australien.
Durch die Verlagerung und verstärkte Nutzung der Produktionsmöglichkeiten des Konzerns im Ausland können deutsche oder europäische Exportkontrollen in vielen Fällen umgangen werden. Es kann auch in Länder geliefert werden, für die man von Deutschland aus wohl kaum eine Exportgenehmigung erhalten würde. So hat sich z.B. das südafrikanische Joint Venture Rheinmetall-Denel (RDM) u.a. auf den Bau ganzer Munitions- und Munitionsabfüllanlagen spezialisiert. Es exportiert nach eigenen Angaben alljährlich zwei bis drei davon in teils hoch umstrittene Länder. Für kritische Diskussionen sorgte in diesem Kontext in den letzten Jahren die Lieferung einer Munitionsfabrik in die Vereinigten Arabischen Emirate (2008), nach Saudi-Arabien (2016) sowie derzeit nach Ägypten. Letztere soll nach Medienberichten noch in diesem Jahr, nach einer Projektlaufzeit von drei bis vier Jahren, in Betrieb genommen werden. Während der Hauptversammlung 2017 hatte Konzernchef Papperger noch erklärt, dass bisher noch keine Entscheidung über das Projekt vorläge.
Rheinmetall hilft somit beim Aufbau eigenständiger Rüstungsindustrien auch in Ländern und Regionen, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden und in denen Militärmachthaber oder Autokraten an der Macht sind. Alle drei genannten Länder sind zudem Teil der Golfallianz, die seit drei Jahren mit Luftangriffen, einer Seeblockade und Truppenpräsenz Krieg im Jemen führt. Die Bundesregierung hat unlängst im Koalitionsvertrag festgehalten, keine neuen Ausfuhrgenehmigungen für die direkt am Jemen-Krieg beteiligten Länder zu erteilen. Der Rheinmetall-Konzern kann trotzdem weiter über seine Joint-Ventures im Ausland die Kriegsparteien beliefern.
Erhebliche exportpolitische Brisanz kann auch die Ankündigung des britischen Verteidigungsministeriums entwickeln, dem Programm zum Bau des gepanzerten Transport-fahrzeugs Boxer wieder beizutreten. Großbritannien fordert, das Fahrzeug eigenständig exportieren zu dürfen. Hier lauert die Gefahr, dass der Boxer über Großbritannien in problematische Länder, z.B. der MENA-Region, gelangt.
Die mehr als fragwürdigen Geschäfte mit der MENA-Region sorgen aktuell für weiteren Ärger. Unlängst haben Menschenrechtsorganisationen aus mehreren Ländern Strafanzeige gegen die italienische Rheinmetall-Tochter RWM Italia gestellt. Bei der Bombardierung eines Ortes im Nordwesten des Jemen durch das saudische Militärbündnis kam eine sechsköpfige Familie ums Leben. Am Tatort wurden Bombenteile gefunden, die von RWM Italia auf Sardinien produziert worden sind. Die Staatsanwaltschaft in Rom untersucht nun u.a. die Verantwortung der Manager von RWM Italia. Ihnen wird vorgeworfen, mit Exporten nach Saudi-Arabien von dem grausigen Krieg zu profitieren und Menschenrechtsverletzungen zu fördern.
Ähnlich kritisch werden in der Öffentlichkeit die Bemühungen des Rheinmetall-Konzerns aufgenommen, Rüstungsvorhaben in der Türkei voranzutreiben. Die EU-Kommission attestierte dem Land jüngst schwerwiegende Rückschritte bei Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und der Unabhängigkeit der Justiz. Hinzu kommt ein völkerrechtswidriger Einsatz des türkischen Militärs im Norden Syriens, bei dem u.a. Leopard-2-Panzer genutzt werden. Trotzdem bemüht sich Rheinmetall um Exportgenehmigungen für die Nachrüstung von türkischen M60- und Leopard-2-Panzern.
Mit diesem Rüstungsgeschäft will der Rheinmetall-Konzern zudem seine Aussichten verbessern, an der geplanten Produktion des künftigen türkischen Kampfpanzers Altay beteiligt zu werden. Das Joint Venture RBSS, das Rheinmetall zu diesem Zwecke mit dem türkischen Fahrzeughersteller BMC und malaysischen Partnern 2016 ins Leben gerufen hat, soll dazu ebenfalls beitragen.
Diese Rüstungsgeschäfte zeigen exemplarisch, dass der Geschäfts- und Exportstrategie des Rheinmetall Konzerns menschenrechtliche und moralische Eckpfeiler fehlen. Rheinmetall beliefert Länder, in denen Menschenrechte missachtet werden und hilft Autokraten, eigene Rüstungsindustrien aufzubauen. Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt daher, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.