Gegenanträge für klimaschädlichstes Unternehmen im DAX

 

Zu Tagesordnungspunkt 2: Verwendung des Bilanzgewinns

Der Bilanzgewinn der RWE AG für das Geschäftsjahr 2019 von 491.857.600,62 Euro soll nicht als Dividende (80 Cent je dividendenberechtigter Stückaktei) ausgeschüttet werden. Stattdessen soll  der gesamte Bilanzgewinn 2019 verwendet werden:
a) zur Einrichtung eines Fonds für die Auswirkungen des Klimawandels;
b) zur Einrichtung eines Fonds für soziale und ökologische Entschädigungsleistungen im Rahmen der Steinkohle-Lieferkette;
c) zur Einrichtung eines Fonds für Gesundheitsschäden, die mit dem Braunkohletagebau und der Verstromung von Braunkohle in Zusammenhang stehen;
d) zur Einrichtung eines Sonderfonds für die Anwohner der tagebaunahen Gemeinden;
e) für Rückstellung für Prozesskosten und -risiken.

Begründung:

Die RWE AG will mitten in der Corona-Krise, die mit großer Unsicherheit für Wirtschaft und Gesellschaft einhergeht, die Dividende gegenüber dem Vorjahr von 0,70 je Aktie auf 0,80 Euro erhöhen. Damit wird ein fatales Signal an die Gesellschaft gesendet: Alle müssen den Gürtel enger schnallen, aber unsere Aktionäre erhalten noch mehr. Stattdessen könnten die Eigentümerinnen und Eigentümer der RWE AG mit einem Dividenden-Verzicht einen Beitrag zur Bekämpfung der Klimawandels und zur Abmilderung der ökonomischen und sozialen Folgen leisten.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2019

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstandes die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der RWE AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten einzuhalten.

Klimaschädlichstes Unternehmen im DAX
Die RWE AG muss viel mehr dafür tun, um die 1,5-Grad-Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen. RWE ist das klimaschädlichste Unternehmen im DAX. Wenn alle Konzerne bis 2050 eine Klimabilanz wie RWE hätten, würde sich das Klima um ganze 13,8 Grad Celsius erwärmen. Schlimmer noch: Wenn RWE die eigenen Klimaziele umsetzen würde, liefe es immer noch auf eine Erwärmung um 9,5 Grad Celsius hinaus. Das zeigt ein Bericht des Beratungsunternehmens Right von Ende 2019: https://www.right-basedonscience.de/

Fatales Signal: Klageandrohung gegen den niederländischen Kohleausstieg
Die Niederlande haben beschlossen, aus der Kohleverstromung auszusteigen. RWE behält sich rechtliche Schritte gegen die Niederlande vor (Geschäftsbericht 2019, S. 44). Es ist davon auszugehen, dass dies nur in einer außergerichtlichen Verhandlung vor einem Schiedsgericht mit Bezug auf den Energy Charter Treaty möglich ist. Die erfolgreichen Klagen unter diesem Schema haben bisher zu Strafen in Milliardenhöhe geführt. Solch eine Klage hat Strahlkraft über die Niederlande hinaus. Andere Staaten werden mögliche Kompensationszahlungen berücksichtigen müssen, wenn sie ihre Kohleausstiegspläne machen. Je langsamer und später der Kohleausstieg erfolgt, desto weniger Kompensation kann eingeklagt werden. Darum ist davon auszugehen, dass die Androhungen dieser Klagen schon zu verzögerten Kohleausstiegen in anderen Ländern führen können.

Keine Zerstörung der Dörfer an den Braunkohletagebauen
Die angeblich klimaneutrale Konzernstrategie von RWE erweist sich angesichts der Fortführung der Braunkohletagebaue Hambach und Garzweiler als Heuchelei. Um die globale Erhitzung auf maximal 1,75 Grad zu begrenzen, dürfen aus den Tagebauen Hambach und Garzweiler II laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ab Januar 2020 nur noch insgesamt 280 Mio. Tonnen Braunkohle gefördert werden. RWE muss daher abwarten, bis die NRW-Landesregierung und die Bundesregierung neu über den Kohleabbau im Rheinischen Revier entschieden haben.
Die Zerstörung weiterer Dörfer an den Tagebauen ist weder energiewirtschaftlich notwendig, noch ökologisch tragbar, noch sozialverträglich. Keyenberg, Kuckum, Berverath, Oberwestrich, Unterwestrich, Lützerath, Manheim und Morschenich müssen erhalten bleiben. Niemand darf mehr zur Umsiedlung gezwungen werden. Entgegen aller Versprechungen schafft RWE aber Tatsachen: Tote werden umgebettet, Friedhofsmauern abgetragen, Häuser wie in Lützerath abgerissen, obwohl dort noch Menschen leben.
Zudem birgt die Konzernstrategie mit dem Festhalten an Umsiedlungen ein Investitionsrisiko. Die Solidargemeinschaft „Menschenrecht vor Bergrecht“ will sich gerichtlich gegen die geplanten Enteignungen in fünf Dörfern für den Tagebau Garzweiler zur Wehr zu setzen. Die Chancen der Anwohner*innen, vor Gericht recht zu bekommen, sind aussichtsreich. Mit Blick auf den Klimawandel und die Tatsache, dass Braunkohle der klimaschädlichste Energieträger ist und einen Kohleausstieg erfordert, sind die rechtlichen Hürden für Enteignungen zugunsten der Kohle gestiegen.

Missachtung der UN-Vorgaben bei menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten
RWE erfüllt weiter nicht vollständig die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) an unternehmerisches Verhalten. RWE belegt nicht ausreichend, wie und ob Menschenrechtsrisiken identifiziert, bewertet und minimiert werden. Im Vergleich mit den 20 größten deutschen Konzernen sind gleich 12 Konzerne besser aufgestellt als RWE. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Business & Human Rights Resource Centre und der ZHAW School of Management and Law.

Menschenrechtsverletzungen in der Steinkohle-Lieferkette
Den wahren Preis für die günstige Steinkohle, die RWE nun vollständig importieren muss, zahlt die vom Abbau betroffene Bevölkerung in Russland oder Kolumbien. Dort werden mit fatalen ökologischen Schäden und unter Missachtung von Menschenrechten Tagebaue betrieben, für die indigene Gruppen ohne rechtmäßige Befragung und angemessene Entschädigungen vertrieben werden. Im russischen Kuzbass, der Hauptlieferregion von RWE für Steinkohle, können die Menschenrechtsrisiken nicht länger ignoriert werden. NGOs, die die Stimme der lokalen Bevölkerung in die Medien tragen, werden durch das „Foreign Agent Law“ gezielt verfolgt. Eine Vertreterin der russischen NGO Ecodefense musste im letzten Jahr aus Angst vor Verhaftung das Land verlassen und hat in Deutschland und Schweden einen Asylantrag gestellt, dem nun in Schweden stattgegeben wurde. Unter diesen politischen Bedingungen ist Steinkohleabbau unter Einhaltung der Menschenrechte nicht möglich, da Rechtsverletzungen verschleiert werden und kritische Stimmen aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen verstummen. 

Zu Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2019

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Aufsichtsrat der RWE AG hat es versäumt, entsprechend § 111 Aktiengesetz die Geschäftsführung zu überwachen und dafür zu sorgen, dass sie ihrer Verantwortung für den Atomausstieg wahrnimmt.

Urananreicherung Gronau
Die einzige Urananreicherungsanlage in Deutschland steht in Gronau. Sie gehört dem Urenco-Konzern und ist vom deutschen Atomausstieg ausgenommen. Urenco versorgt als zweitgrößter Urananreicherer weltweit Atomkraftwerke. RWE ist immer noch neben E.ON deutscher Anteilseigner.
Urenco wird seit einiger Zeit immer mehr zur „nuklearen Waffenschmiede“. Dies geschieht schleichend. Im August 2018 konnte ein Mitarbeiter Waffenteile und Munition unbemerkt in die Anreicherungsanlage schmuggeln. Er wurde 2019 rechtskräftig verurteilt.
Das angebliche Sicherheitskonzept zur ausschließlich friedlichen Nutzung der Atomenergie versagt auch international: Mit einem Liefervertrag im Umfang von 500 Mio. US-Dollar von angereichertem Uran an den AKW-Betreiber TVA in den USA wird die gebotene und vom bundesdeutschen Gesetzgeber geforderte Proliferation unterlaufen. Die Brennstäbe, die angereichertes Uran der Urenco enthalten, werden in den Atomkraftwerken Watts Bar und Sequoyah eingesetzt. Dort wird aber auch Tritium erbrütet. Tritium zerfällt nach 12 Jahren und muss dann ersetzt werden. Tritium ist für die Funktionalität von Atomwaffen und deren Stärke sehr wichtig. Die Lieferungen stellen somit eine Überschreitung der eigentlich zivilen Festlegung von Urenco dar.
Hinzu kommt eine neue Entwicklung, die vor dem Hintergrund der aktuellen weltweiten Spannungen sehr besorgniserregend ist: US-Medien berichteten Anfang 2020, dass sich Urenco in Gesprächen mit dem US-Pentagon befinde, um für das Pentagon Uran für neue, kleine Reaktoren anzureichern, die das Pentagon dann für militärische Operationen weltweit einsetzen möchte. Dazu möchte Urenco in den USA bald Uran 235 auf 19,75 Prozent anreichern. Die Grenze zur Hochanreicherung liegt bei 20 Prozent. Auf der Jahreshauptversammlung von E.ON bestätigte deren Vorstandschef Teyssen, dass es tatsächlich Planungen für den Bau von Mini-Reaktoren in den USA gibt.

Erneut Uranmüllexporte
In 2019 nahm die Urenco mit Billigung von RWE auch die 2009 eingestellten Uranmüllexporte von Gronau nach Russland wieder auf. In 2019 gelangten 6000 t abgereichertes Uran, in 2020 bereits an die 2500 t nach Russland. Die Uranzüge durchqueren dabei zunächst ganz NRW, dann die Niederlande, bevor es mit dem Schiff von Amsterdam nach St. Petersburg geht und von dort zur Atomfabrik Novouralsk bei Jekaterinburg. Entgegen offizieller Darstellungen handelt es sich nicht um „Wertstoff“, sondern um Atommüll, da es in Russland bereits einen „Berg“ von ca. 1 Mio. t abgreicherterem Uranhexafluorid gibt – eine sichere Entsorgung oder eine industrielle Wiederverwertung ist nicht in Sicht. Deshalb gibt es in Russland seit Herbst 2019 regelmäßig Proteste gegen die deutschen Atommüllexporte aus Gronau. Im Januar 2020 überreichten russische Umweltorganisationen im Bundesumweltministerium 70 000 Unterschriften gegen diese Atomtransporte nach Russland.

AKW Lingen
Auch das Verhalten von RWE am Atomstandort Lingen im Emsland ist unverantwortlich. Im AKW wurden 2019 erstmals Risse in den Dampferzeugerrohren des Primärkreislaufes entdeckt. Derartige Risse können zum GAU führen, doch das AKW ging nach der Revision wieder ans Netz, obwohl bei weitem nicht alle Dampferzeugerrohre überhaupt in Augenschein genommen wurden. Auch in 2020 gab es bei der diesjährigen Revision wieder einen Rissefund und wieder wurden nicht alle Dampferzeugerrohre untersucht. Der genaue Umfang des Prüfprogramms wurde bislang geheim gehalten. Fakt ist aber, dass wegen der Corona-Panademie nur die Hälfte der sonst üblichen Fachkräfte vor Ort waren. Es ist daher zu befürchten, dass RWE nur eine „Corona-Revision light“ an dem 32 Jahre alten AKW durchgeführt hat.Der Vorstand von RWE hat sich trotz der sich häufenden sicherheitstechnisch extrem gravierenden Mängel bislang beharrlich geweigert, das AKW Lingen unmittelbar vom Netz zu nehmen und stillzulegen. Das ist sehr negativ zu bewerten, weil die gesetzlich vorgesehene maximale Restlaufzeit ohnehin nur noch zweieinhalb Jahre beträgt.

AKW Gundremmingen
Auch der offiziell noch bis Ende 2021 in Betrieb befindliche Reaktorblock C präsentiert sich zunehmend als gravierendes Sicherheitsrisiko: So wurden sowohl in 2019 wie in 2020 defekte Brennelemente gefunden, für die der Reaktor im Frühjahr 2020 außerplanmäßig heruntergefahren werden musste. Dennoch besteht RWE auch hier auf einen Weiterbetrieb des AKW. Die sicherheitstechnisch einzig verantwortbare Alternative einer sofortigen Stilllegung wird beharrlich verweigert.
Wenn der Vorstand von RWE den Atomausstieg ernst nehmen würde, dann sollte sich RWE nicht weiter an einem Geschäftsmodell beteiligen, dass die Atomkraft weiterhin in Deutschland und weltweit am Laufen hält und dabei zugleich die Grenze zur militärischen Nutzbarkeit überschreitet.

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