Konzernstrategie „Growing Green“ nicht mehr als Greenwashing

Gegenanträge zur Hauptversammlung der RWE AG am 28.04.2022

Braunkohletagebau Garzweiler: Ein Bagger gräbt fruchtbares Ackerland am Dorf Lützerath ab (aus Video von Alle Dörfer bleiben, 8. März 2022)

Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 2, Verwendung des Bilanzgewinns

Der Bilanzgewinn der RWE AG für das Geschäftsjahr 2021 soll nicht wie von der Verwaltung vorgeschlagen als Dividende in Höhe von 608.598.043,20 Euro (90 Cent je dividendenberechtigter Stückaktie) ausgeschüttet werden.

Begründung:

Die bisherigen Rückstellungen der RWE AG für den Bergbau und die Entsorgung im Atomkraftbereich (Kernenergiebereich) werden nicht ausreichen. Deshalb sollen die Rückstellungen um den für die Dividende vorgesehen Betrag von 608.598.043,20 Euro erhöht werden.

Gegenantrag zur Tagesordnungspunkt 3, Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2021

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstandes die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Die RWE AG missachtet Klimaschutzziele, schädigt menschliche Gesundheit, vernichtet Dörfer und wertvolles Ackerland und trägt erheblich zur Zerstörung des Planeten bei.

Konzernstrategie „Growing Green“ nicht mehr als Greenwashing

Der RWE-Vorstand kommt nicht seiner Verantwortung nach, die konkreten Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens zu erfüllen und den Kohleausstieg umwelt- und sozialgerecht zu vollziehen. Die RWE AG verspricht, „bestmöglich den steigenden Strombedarf [zu] decken und gleichzeitig das Klima [zu] schützen“. Derzeit ist noch nicht einmal erkennbar, wie die Stromerzeugung von RWE bis 2040 klimaneutral werden soll. Um im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen zu sein, müsste sich RWE sich ehrgeizigere Klimaschutzziele setzen.

Die von RWE proklamierte Konzernstrategie „Growing Green“ ist bisher nicht mehr als Greenwashing. Bisher geht der Kohleausstieg zu langsam voran, die Investitionen in erneuerbare Energien sind zu gering. Tatsächlich hat RWE im Geschäftsjahr 2021 die Stromproduktion aus Braunkohle sogar um ein Viertel gegenüber 2020 erhöht. Dadurch stieg auch der CO2-Ausstoß entsprechend um 24% gegenüber 2020.

Bagger müssen sofort vor Lützerath stoppen

Wird die Kohle unter den Garzweiler-Dörfern im Rheinland abgebaggert und verbrannt, sind die Pariser Klimaziele für Deutschland kaum einzuhalten. Die 1,5-Grad-Grenze verläuft symbolisch vor dem Dorf Lützerath – das zeigt auch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.RWE ist gerade dabei, diese 1,5-Grad-Grenze zu überschreiten. Obwohl das Dorf Lützerath bewohnt ist, haben die RWE-Braunkohlebagger sich mittlerweile bis auf weniger als 100 Meter an den Ortsrand herangegraben.

RWE ist durch den Abbau von Braunkohle im Tagebau-Verfahren für äußerst intensive Landnutzungen und Landnutzungsänderungen verantwortlich und trägt mit dazu bei, dass der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) für Deutschland mittlerweile zur CO2-Quelle geworden ist. Der Sektor kann seiner Funktion der CO2-Rückholung und CO2-Speicherung nicht mehr nachkommen, was in der Klima-Katastrophe zu einer zusätzlichen Dramatik führt, da technische Möglichkeiten der CO2-Rückholung und CO2-Speicherung derzeit nicht praxistauglich einsetzbar sind.

Landwirt Heukamp kämpfte zehn Jahre gegen die Profitinteressen von RWE

Der Lützerather Landwirt Eckardt Heukamp hat Anfang April 2022 seinen Betrieb und Hof an RWE verkauft. „Mein Zuhause ist kein Spielball für Gerichte und Politik, die sich aus der Verantwortung für Klimaschutz ziehen wollen. Nach zehn Jahren im Konflikt mit den Profitinteressen von RWE brauche ich eine Verschnaufpause“, sagte Heukamp.
Gegen RWE und den Vorstandsvorsitzenden der RWE AG, Dr. Markus Krebber, sind Strafanzeigen erstattet worden. Dr. Krebber wird vorgeworfen, die Einwohner*innen von Lützerath, die Steuerzahler*innen und die Allgemeinheit geschädigt zu haben. Darin heißt es: „Der von der RWE AG betriebene Braunkohletagebau Garzweiler 2 hält sich nicht an die Leitentscheidung der Landesregierung NRW vom 23.03.2021, in dem sie die Abbaugrenze unzulässig und rechtswidrig auf weniger als 200 Meter an den Ortsrand von Erkelenz-Lützerath vorgetrieben hat. … Die RWE AG muss angewiesen werden, die Abbaugrenze wieder auf 400 Meter zu verlegen und abgebaggertes Gelände wiederherzustellen.“

Weiter Energie-Importe aus Russland und längere Laufzeiten für Kohlekraftwerke

Wie viele andere deutsche Konzerne hat sich auch die RWE AG zu sehr vom Import fossiler Energien aus Russland abhängig gemacht. RWE gehört zu den Großkunden des russischen Gaskonzerns Gazprom und hat mit diesem einen langfristigen Liefervertrag. Durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine steht RWE unter Rechtfertigungsdruck Einerseits beklagt RWE-Chef Dr. Markus Krebber „das menschliche Leid, das der Krieg über das Land gebracht hat … Unsere Gedanken und unsere Solidarität gelten den Menschen in der Ukraine, die das Grauen eines Krieges erleiden müssen.“ Andererseits will der RWE-Chef die „Zuverlässigkeit der Energieversorgung“ nicht gefährden und spricht sich gegen einen Stopp russischer Energielieferungen nach Deutschland aus (siehe u.a. RWE-Geschäftsbericht 2021, Wachstum im Blick, Brief des Vorstandsvorsitzenden, S. 6). Kurzfristig möchte Krebber mögliche Ausfälle durch eine längere Laufzeit von Kohlekraftwerken absichern.

Keine Abspaltung der Braunkohle-Geschäfts

Eine Abspaltung der Geschäftsteile von RWE, die die Braunkohletagebau und -kraftwerke beinhalten, auf einen anderen Rechtsträger halten wir nicht für sinnvoll. Es wäre dabei nicht gewährleistet, dass die Verbindlichkeiten der neuen Gesellschaft durch entsprechend hohe Vermögenswerte gedeckt wären. Dabei geht es insbesondere um die Rückstellungen für die Renaturierung der Braunkohletagebaue und für den Abbau der Kohle- und Atomkraftwerke. Es bestünde dann die Gefahr, dass am Ende höhere Kosten auf den Staat und die Steuerzahler*innen abgewälzt würden.


Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 4, Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2021

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der RWE-Aufsichtsrat hat es versäumt, entsprechend § 111 Aktiengesetz den Vorstand und seine Geschäftsführung zu überwachen und dafür zu sorgen, dass er seine Verantwortung für den Atomausstieg wahrnimmt. Weiter hat der Aufsichtsrat nichts* unternommen, dass die Interessen von politischen Mandatsträgern in Nordrhein-Westfalen und die der RWE AG getrennt bleiben.

Beteiligung von RWE an Atomkraft-Anlagen 

Die RWE betreibt neben den Braunkohletagebauen, Braunkohle- und Steinkohlekraftwerken derzeit auch noch das Atomkraftwerk Emsland in Lingen. RWE hält als Miteigentümerin der Urenco Deutschland GmbH 12,5 Prozent der Anteile. Urenco produziert in der weltweit zweitgrößten Urananreicherungsanlage am Standort Gronau angereichertes Uran, nicht nur als Grundstoff für Brennstäbe für Atomreaktoren auf der ganzen Welt. Der hoch angereicherte Kernbrennstoff ist auch für Atomwaffen geeignet. Die RWE wird derzeit durch Frank Weigand, Chef der RWE Power AG, im Direktorium der Urenco vertreten.

Unverantwortliche Pläne für neue Atomreaktoren

Trotz des für Deutschland vereinbarten Atomausstiegs hält RWE auch in Deutschland weiter an Atom-Beteiligungen fest: Über den trinationalen Urananreicherer Urenco besitzt RWE eine kritische Beteiligung mit weitreichenden Entscheidungsrechten an der Urananreicherungsanlage in Gronau sowie drei weiteren Uranfabriken in den Niederlanden, Großbritannien und den USA sowie an der Uranzentrifugenfirma ETC in Jülich.

So beteiligt sich RWE an unverantwortlichen Plänen für neue Atomreaktoren in mehreren Ländern, sogar eine mögliche militärische Partnerschaft von Urenco mit dem Pentagon in den USA wurde schon diskutiert. In der Ukraine beliefert Urenco mindestens sechs Reaktoren mitten im Kriegsgebiet, die derzeit zum Teil unter russischer Besatzung stehen. Doch die RWE AG schweigt dazu komplett.

Auch die sehr problematische Belieferung von angereichertem Uran für die Vereinigten Arabischen Emirate wird nicht thematisiert. Der Persische Golf schwebt jederzeit in Kriegs- und Terrorgefahr. Jedes AKW erhöht die Sicherheitsrisiken enorm. Und die VAE haben im UNO-Sicherheitsrat nicht die russische Invasion in der Ukraine verurteilen wollen.

Es bleibt auch unbestritten, dass die Urananreicherung mit der Zentrifugentechnologie als ein Schlüssel zur Atombombe gilt. Mit einer derart militärischen Technologie sollte RWE keine Geschäfte machen.

Auch die Uranmüllentsorgung ist weiter ungelöst. Immerhin hat Urenco nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine die Uranmüllexporte nach Russland gestoppt. Für die Entsorgung in Deutschland gibt es jedoch auch nach 37 Betriebsjahren in Gronau noch kein Konzept. Das ist nicht akzeptabel. RWE kassiert zwar gern die Dividende von Urenco, lehnt aber jede Verantwortung bislang ab.

Verfilzung der RWE AG mit der NRW-Landespolitik und den kommunalen Anteilseignern

Das Konglomerat aus Politik und Energiekonzern (der sog. „NRWE-Komplex“) ist mitverantwortlich für die Klimakatastrophe und die Verhinderung der Energiewende, für schwere Gesundheitsschädigungen und vorzeitige Todesfälle der Bevölkerung und die Zerstörung unserer ökologischen Lebensgrundlagen (siehe Ankündigung: Das RWE-Tribunal geht in die dritte Runde, Tagung am 23./24.04. in Düsseldorf-Reisholz, Bürgerhaus Reisholz, Kappeler Straße 231 in 40599 Düsseldorf, https://www.rwe-tribunal.org/)

Etwa 130 Kommunen, kommunale Unternehmen und Zweckverbände halten gemeinsam 24 Prozent der Anteile an der RWE AG.  Ein großer Teil dieser Kommunen ist im Verband der kommunalen RWE-Aktionäre GmbH (VkA) zusammengeschlossen. Die meisten Aktien haben die Städte Dortmund (24,5 Mio. = 3,6 %), Essen (18,76 Mio = 2,77 %) und Mülheim/Ruhr (8,56 Mio. = 1,3 %).

*) Korrektur: Der ursprüngliche Satz lautete: „Weiter hat der Aufsichtsrat nichts dagegen unternommen, dass die Interessen von politischen Mandatsträgern in Nordrhein-Westfalen und die der RWE AG getrennt bleiben.“ Gemeint ist aber das Gegenteil: „Weiter hat der Aufsichtsrat hat nichts unternommen …“


Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 7, Nachwahl zum Aufsichtsrat

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre lehnt die Wahl von Thomas Kufen, Oberbürgermeister der Stadt Essen, in den Aufsichtsrat der RWE AG ab.

Begründung:

Thomas Kufen ist ein Paradebeispiel für das Konglomerat aus Politik und Energiekonzern, den sog. „NRWE-Komplex“ (siehe Gegenantrag zu TOP 4). Er steht für die Verfilzung der RWE AG mit der NRW-Landespolitik und den kommunalen Anteilseignern.

Kufen ist seit 2015 Oberbürgermeister der Stadt Essen, die 18,75 Millionen RWE-Aktien hält. Er war Mitglied der RWE Power AG, der Tochtergesellschaft der RWE AG, die die Braunkohletagebaue und -kraftwerke im Rheinland verwaltet. Bis 2015 war Kufen energiepolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen.

Aktuell nimmt Kufen 17 Aufsichts- oder Beiratsmandate in privatrechtlichen Unternehmen und Sparkassen sowie 12 Mandate in Kuratorien und sonstigen Gremien wahr. Wir sind wie die Enkraft Impact GmbH der Auffassung, dass Thomas Kufen nicht über ausreichende zeitliche Ressourcen verfügt, seine Rolle als Aufsichtsrat der RWE AG gewissenhaft und sorgfältig auszuüben.

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  1. […] RWE-Konzernstrategie „Growing Green“ nicht mehr als GreenwashingDer Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hat vier Gegenanträge zur Hauptversammlung der RWE AG am 28. April eingereicht. „Die RWE AG missachtet Klimaschutzziele, schädigt die menschliche Gesundheit, vernichtet Dörfer und wertvolles Ackerland und trägt erheblich zur Zerstörung des Planeten bei. “ (Aus Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 3, Entlastung des Vorstands)Alle Gegenanträgen hier: https://www.kritischeaktionaere.de/rwe/konzernstrategie-growing-green-nicht-mehr-als-greenwashing/ […]

  2. […] Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hat vier Gegenanträge zur Hauptversammlung der RWE AG am 28. April eingereicht: https://www.kritischeaktionaere.de/rwe/konzernstrategie-growing-green-nicht-mehr-als-greenwashing/ […]

  3. […] Gegenanträge:Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hat vier Gegenanträge zur Hauptversammlung der RWE AG am 28. April eingereicht: https://www.kritischeaktionaere.de/rwe/konzernstrategie-growing-green-nicht-mehr-als-greenwashing/ […]

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