„Salzgitter AG wird erst 2045 nahezu klimaneutral Stahl herstellen“

Rede von Markus Dufner auf der Hauptversammlung der Salzgitter AG am 29. Mai 2024 in Wolfsburg

Sehr geehrte Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,

mein Name ist Markus Dufner, ich bin Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Ich freue mich, dass ich nach 2023 zum zweiten Mal an einer Hauptversammlung der Salzgitter AG teilnehme – und dazu wieder an einem Präsenztreffen.

Die Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sind ein Verband mit 29 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz. Und auch gute Unternehmensführung – Governance – ist uns wichtig. Das deckt sich also ziemlich genau mit den ESG-Kriterien, die bei der Bewertung von Unternehmen immer wichtiger werden. 

Meine Damen und Herren, Sie werden sicher nicht widersprechen: Das Klimathema ist sehr wichtig. Die Frage ist nicht, ob wir eine Klimakatastrophe haben, sondern wie wir diese möglichst eindämmen. Und natürlich sollten alle – auch wir Aktionärinnen und Aktionäre der Salzgitter AG – unser Augenmerk auch auf die Menschen im Globalen Süden und die nächste Generation richten! Wie werden sie diese Katastrophe überleben können? Nur wenn wir entschlossener als bisher handeln.
 
Um mehr bewegen zu können, war es für uns logisch, dass wir 2023 Mitglied eines viel größeren Dachverbands wurden: der Klima-Allianz Deutschland. Die Klima-Allianz ist das breite gesellschaftliche Bündnis für den Klimaschutz. Mit rund 150 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Umwelt, Kirche, Entwicklung, Bildung, Kultur, Gesundheit, Verbraucherschutz, Jugend, Soziales und Gewerkschaften setzt sie sich die Klima-Allianz für eine ambitionierte und sozial gerechte Klimapolitik auf lokaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene ein.

Keine Frage, Herr Gröbler, Salzgitter gehört zu den Vorreitern einer Dekarbonierung der Produktion. Mit dem Programm „SALCOS“ (Salzgitter Low CO2 Steelmaking) unternimmt dieses Unternehmen beachtliche Anstrengungen auf dem Weg zur Produktion von grünem Stahl. Dabei hilft der Staat der Salzgitter AG, Thyssenkrupp, Arcelor und anderen Stahl produzierenden Unternehmen mit Milliarden-Subventionen.

Wie wird die Salzgitter AG vom Klimakiller zum Klimaschützer?
Aktuell ist die Primärstahlproduktion noch ein Klimakiller. Pro Tonne Stahl entstehen zwei Tonnen CO2. Allein in Deutschland trägt die Stahlindustrie zu sieben Prozent der Emissionen bei und das Stahlwerk in Salzgitter zu einem Prozent – also rund acht Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.

Was tut Salzgitter für den Klimaschutz?
Schauen wir uns die Treibhausgas-Emissionen der Salzgitter AG an, so müssen wir feststellen, dass die Reduktion in den Bereichen Scope 1 und Scope 2 nur sehr schleppend vorangeht (siehe Tabelle). Für Scope 3 fällt der starke Anstieg von 2022 nach 2023 auf: eine Verzehnfachung der Menge. Allerdings wurde 2023 erstmalig die gesamte Kategorie „Eingekaufte Güter und Dienstleistungen“ für den ganzen Konzern, einschließlich der Handelsaktivitäten, erhoben. Für eine angemessene Bewertung müssen wir hier noch auf die Zahlen für das Jahr 2024 warten.

Herr Gröbler, Sie sehen – Zitat – „Chancen in einem möglichen Nachfrageüberhang nach grünem Stahl, insbesondere in den ersten Jahren der Transformation unserer Branche“ und „das hohe Interesse von Kunden aus verschiedenen Abnehmerbranchen an einer frühzeitigen Versorgung mit CO2-reduziertem Stahl“.

Bitte nennen Sie uns die Abnehmerbranchen und am besten konkrete Unternehmen, die bei Ihnen grünen Stahl geordert haben.
Wie viele konkrete Bestellungen gibt es?
Um welche Mengen und um welche Summen handelt es sich?

Die große Sorge ist aber, ob genügend grüner Wasserstoff zur Verfügung stehen wird. Dass Wasserstoff bisher im industriellen Maßstab nicht zur Stahlherstellung genutzt wird und wurde, liegt daran, dass es nicht ausreichend Wasserstoff gibt, schon gar keinen grünen – also Wasserstoff, der mit Strom aus erneuerbaren Energien elektrolysiert wird.

Woher soll der grüne Wasserstoff kommen?

Wie man hört und liest: von Uniper.
Bitte erzählen Sie uns mehr über den Vorvertrag, den Sie mit Uniper unterzeichnet haben.
Bis zu 20.000 Tonnen zertifizierter grüner Wasserstoff sollen ab 2028 nach Salzgitter geliefert werden, der für SALCOS gebraucht wird. „Doch noch fehlt ein ganz entscheidender Baustein“, schreibt zum Beispiel die Zeitung für kommunale Wirtschaft. Zur Erzeugung des Wasserstoffs müssen Anlagen gebaut werden und es müssen Transportkapazitäten geschaffen werden – z.B. eine Pipeline von Wilhelmshaven nach Salzgitter.

Die Salzgitter AG stößt noch riesige, Mengen CO2 aus. Voraussichtlich erst 2045 wird unser Unternehmen nahezu klimaneutral Stahl herstellen. Um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens nicht zu verfehlen, muss der Dekarbonisierungsprozess wesentlich schneller vorangehen. Daher werben wir vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre wie die Deka Investment für ein Say on Climate! Say-on-Climate-Beschlüsse in Hauptversammlungen sind ein internationaler Trend in der Corporate Governance börsennotierter Unternehmen sind. Diese zielen darauf, das Management zu ambitionierten Klimaschutzaktivitäten anzuhalten.

Meine Frage an Sie, Herr Gröbler, können Sie sich vorstellen, uns auf der nächsten Hauptversammlung einen eigenständigen Beschlussvorschlag zum Klimaschutz vorzulegen?

Nun komme ich zum Thema Lieferkette.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wurde ja von manchen Unternehmen bekämpft und wird weiter abgelehnt. Die Salzgitter AG hat ein Lieferkettenrisikomanagement, um Menschenrechtsverstöße in der gesamten Lieferkette zu vermeiden.

Konnten Sie im zurückliegenden Geschäftsjahr Verletzungen der menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Pflichten in Ihrem Unternehmen oder bei Zulieferern der Salzgitter AG feststellen?

Zum Thema Rio Tinto: Memorandum of Understanding, findet sich nichts im GB 2023. Falls es hier neue Erkenntnisse gibt, bitte ich um Unterrichtung.

Ich bin gespannt auf die Beantwortung meiner Fragen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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